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Holger Artus

Ein Stolperstein für Alfred Sachs, vor dem Kreuzweg 13 in St.Georg

Alfred Sachs lebte seit Ende 1936 in Hamburg. Nach ständigem Wohnungswechsel fand er bei Clara Renner ab 1939 ein Zimmer im Kreuzweg 13, die im Hinterhof im Haus 3 lebte. Bis zu seiner Deportation am 25. Oktober 1941 wohnte er bei ihr zur Untermiete. Weder gibt es heute damaligen „Mertens-Terrassen“ im Hinterhof noch die Hausnummer.

Jetzt ist hier die Lade-Zone für den Penny-Markt im St. Georger Steindamm. Ab dem 8. Juni 2024 befindet sich daneben auf dem Gehweg ein Stein, der an Alfred Sachs erinnert. Bei einer Recherche zu einer Angehörigen-Anfrage nach einem Lager für italienische Militärinternierte an der Ecke Kreuzweg/Große Allee war ich über die verschiedene verfolge Mieter:innen in den „Mertens-Terrassen“ gestolpert. Als Lutz Johannsen mich wegen weiterer Stolpersteine in St. Georg ansprach, erinnerte ich mich an den Namen. Dank des Engagements von Lutz war es erst möglich, Paten:innen anzusprechen und zu gewinnen. Nachbarn aus den Kreuzweg haben die Patenschaft übernommen. Da die Ecke nur Gewerbe-Immobilien kennt, ist eine Briefkasten-Verteilung sinnlos. Mit den Paten:innen werben wir also virtuell.

Am 8. Juni 2024 wird am Kirchenweg, zwischen Adenauerallee und Steindamm, ein Stolperstein für Alfred Sachs verlegt.

Um was geht es?

Diese kleinen Messingsteine finden Sie überall in Hamburg, so auch in fast jeder Straße in St. Georg. Sie erinnern an die NS-Opfer von 1933 bis 1945. Das NS-System ermordete in Hamburg tausende jüdische Menschen, Kommunisten:innen und Sozialdemokraten:innen, Homosexuelle, behinderte und kranke Menschen, Roma und Sinti sowie weitere Menschen, die nicht in das völkische oder rassistische Bild der Nazis passten. 

Was soll passieren?

Aus Anlass der Verlegung des Stolpersteins wollen wir am Sonnabend, den 8. Juni 2024 um 16 Uhr die Nachbarschaft einladen, mit uns Blumen am Stein niederzulegen. Er war bereits aus der Nachbarschaft finanziert worden. 

Kreuzweg 13, Haus 3

Alfred Sachs letzte Adresse in Hamburg war im Kreuzweg 13, Haus 3. Heute findet man hier kein Gebäude oder eine solche Hausnummer. Irgendwelche alten Mietshäuser im Hinterhof sind nicht zu sehen. Jetzt  ist dort die Ladezonen-Einfahrt von Penny. Das war, als er am 25. Oktober 1941 deportiert wurde, anders. Am Kreuzweg 13 befand sich ein zweistöckiges Gebäude. Dahinter waren vier kleinere Terrassen- häuser („Mertens Terrassen“). 

Wer war Alfred Sachs?

Er wurde am 28. Februar 1880  im heutigen Wrocław (Breslau) geboren und war später mit Irma Brasch verheiratet. Sie hatten einen Sohn, Hans-Albert (geb. 7. Oktober 1908). 1923 trennte sich das Paar. 

Von Beruf war er selbstständiger Kaufmann und Makler gewesen. Alfred lebte wohl ab 1924 in Deutschland. Aus den Unterlagen erg sich, dass er im November 1936 von Frankfurt nach Hamburg kam, wo er für einen Monat zur Untermiete zu erst in der Isestraße 90 wohnte. Seine ständigen Umzüge in Hamburg spiegelten seine schwere Lage wider. Er wohnte danach in der Isestraße 67, im Heidberg 60, Grindelallee 116, Neuen Steinweg 68 und Pilatuspool 15. Im April 1939 erfolgte der Umzug in den Kreuzweg 13, Haus 3, wo er ein Zimmer bei einer ebenfalls verfolgten Jüdin, Clara Renner, hatte. 

Quelle: Staatsarchiv Hamburg 522-1_992b

Bis August 1938 hatte er noch ein Büro als selbständiger Makler im Neuen Wall 101. Seine Provisionserlöse dürften sehr gering sein. Zum Oktober 1938 musste er auf Veranlassung des NS-Systems seinen Gewerbeschein abgeben. Ab diesem Zeitpunkt war er völlig mittellos und auf öffentliche Hilfe angewiesen. Ab 1939 wurde er Zwangsarbeiter in einem Unternehmen in Tiefstack eingesetzt. Da sein Sohn vor längerem nach San Diego in die USA emigriert war, stellte Alfred Anfang 1939 einen Ausreise-Antrag, der auch genehmigt wurde. Mit Beginn des 2. Weltkriegs am 1. September 1939 war das bedeutungslos. Eine Ausreise war nicht mehr möglich. 

Was wurde aus Alfred Sachs?

Am 25. Oktober 1941 wurde er zusammen mit 1.035 jüdischen Menschen von Hamburg nach Lodz (Litzmannstadt) deportiert. Die Absicht der Nazi bestand darin, Deutschland „judenfrei“ zu machen. Es ging ihnen um die Vernichtung aller zehn Millionen Juden in Europa. Am 14. Februar 1942 wurde Alfred Sachs ermordet.

Nach mehr als 80 Jahren, nachdem er aus unserer Stadt verschleppt wurde, gibt es eine Erinnerung an ihn mit diesem Stolperstein im Kreuzweg.

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