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Holger Artus

Clara und Auguste Renner, wohnhaft Borgeschstraße 25, heute Soester Straße

Im Zusammenhang mit einer Recherche zu einem jüdischen NS-Opfer in St. Georg fand ich neben Emma Levi aus dem Kirchenweg 10 auch die Namen von Auguste und Clara Renner. Die Verteilung der Information über Emma Levi zusammen mit Lutz Johannsen an die Bewohner:innen im Kirchenweg führte zu Spenden für einen Stolperstein. Da mehr als nur die 120 € bisher zu Stande kamen, war die Frage, was man den Spender:innen neu vorschlagen könnte. Im Prozess kam es zur Idee, die Nachbarschaft in der heutigen Soester Straße auf Auguste und Clara Renner anzusprechen. Sollte sich hier niemand für eine Patenschaft gewinnen, wäre ein Stein gewissermaßen schon finanziert. Für den Fall, dass sich Nachbarn aus der Soester Straße fänden, habe ich weitere Namen gefunden und bin im Gespräch. Hier die Info zu Auguste und Clara Renner.

Hamburg war 1945 in weiten Teilen zerstört. Durch den Wiederaufbau verschwanden ehemalige Straßen und Straßennamen. So hieß die Soester Straße „Borgeschstraße”. Ein Bild aus dem Jahr 1945 auf die Soester Straße zeigte den Umfang der Zerstörung. 

Zwei ehemalige Bewohnerinnen in der Borgeschstraße waren Auguste und Clara Renner. Sie wurden im November 1941 zusammen mit 1.360 weiteren Jüdinnen und Juden über den Hannoverschen Bahnhof (heute Hafencity unter dem SPIEGEL-Gebäude) ins Getto nach Minsk deportiert und überlebten wie die meisten von ihnen NS-Zeit nicht. Wie die beiden umgekommen sind, ist unbekannt. Überliefert ist, dass für die Menschen, die neu in Minsk ankamen, die dort lebenden Jüdinnen und Juden oft erschossen wurden, um Platz zu machen. Es gibt für Auguste und Clara Renner keinen Grabstein und keine andere Erinnerung über die beiden Frauen und über ihr Leben. Das möchten wir verändern.

Auguste und Clara wuchsen zusammen mit ihrer Schwester Emma in Krummendeich bei Stade auf. Während Emma 1921 geheiratet hatte, blieben Auguste und Klara ledig. Emma wohnte mit ihrem Mann Josef Maier sowie den gemeinsamen drei Kindern Ella (geb. 1926), Hugo (geb. 1923) und Therese (geb. 1921) in der Eimsbütteler Chaussee 45. Auch die fünfköpfige Familie Maier war im November 1941 nach Minsk verschleppt worden und überlebte nicht.

Auguste Renner

Auguste kam am 25. Juni 1892 in Krummendeich zur Welt und lebte vermutlich seit 1910 in Hamburg. Seit 1920 wohnte sie für 20 Reichsmark Miete in einem Zimmer bei Bockhold in der Alexanderstraße 14/16 (am Steindamm). Wegen einer Behinderung am Fuß hatte sie eine anerkannte Erwerbsminderung von 50% und war als ungelernte Arbeiterin tätig. So war sie Ende der 1920er Jahre im Unternehmen „Fischindustrie Walkhoff“ als Zwiebel- schälerin beschäftigt. Nach einem Krankenhausaufenthalt 1930 verlor sie diese Arbeit. Da ihr Arbeitslosengeld nur 10,80 RM betrug, musste sie – obwohl sie finanzielle Unterstützung vom Fürsorgeamt erhielt – aus der Alexanderstraße ausziehen. Sie zog mit ihrer Schwester Clara im Januar 1931 in die Borgeschstraße 25. In einem Bericht des Fürsorgeamts heißt es: „Sie hatte eine eigene Wohnung unter dem Dach und es ist sehr kalt.“ 

1932 schrieb eine Mitarbeiterin der Fürsorge über einem Zuschuss von 5 RM zu einem Schuh, den sie für ihren behinderten Fuß benötigte, zur Bewilligung: „Frau Renner ist ein unterirdisch zarter kleiner Mensch.“ 1936 zog Auguste für kurze Zeit in die Erikastraße, dann wieder in die Borgeschstraße, diesmal ins Erdgeschoss.  Sie lebte dort bis 1939. Dann ist sie vermutlich in den Grützmachergang 33 gezogen, da diese Adresse auf der Deportationsliste vom 18. November 1941 angegeben war. 

Clara Renner

Über Clara Renner gibt es noch weniger Informationen. Sie wurde am 3. Februar 1895 geboren und lebte seit 1931 mit ihrer Schwester in der Borgeschstraße 25, im 2. Stock. Ab Juli 1936 hat sie im Kreuzweg 13, Haus 3, in einer 

1 ½-Zimmerwohnung gelebt. Nachdem die Geschwister nach Minsk verschleppt worden waren, wurde der Hausstand abgeholt und die Wohnung versiegelt. Der Auktionator erlöste aus dem Verkauf 1.115 RM. 

Für die 1891 geborene älteste Schwester Emma und ihre Familie gibt es vor der Eimsbütteler Chaussee 39-45 Stolpersteine. Über die Familie gibt es ausführliche Informationen auf der Website stolpersteine-hamburg.de, zusammengefasst von Ingo Wille.

Unser Ziel: Stolpersteine für Auguste und Clara Renner 

Es ist uns ein Anliegen, dass es für Auguste und Clara künftig Stolpersteine gibt und somit eine würdige Erinnerung an die beiden Frauen in St. Georg geschaffen wird. Unsere Bitte ist, ob Sie als heutige Nachbarn diese Erinnerung möglich machen können. Die Patenschaft für einen Stein kostet 120 Euro – es können sich mehrere Nachbarn eine Patenschaft teilen. Hier wird der Weg zur Patenschaft erläutert. https://stolpersteine-hamburg.de, Navigationspunkt „Patin/Pate“.

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