Ansichten

Holger Artus

Anträge von mir im ver.di Arbeitskreis Frieden zur Abgrenzung vom Hamburger Forum

Ich habe heute drei Anträgen in den Arbeitskreis Frieden des ver.di-Landesbezirksvorstandes Hamburg eingebracht.

  • Erstens möchte ich, dass ver.di Hamburg eine Zusammenarbeit mit den organisierten Strukturen der Hamburger Querdenkern ausschließt.
  • Zweitens soll sich ver.di Hamburg gegen die Beschimppfung der Hamburger Medien als „Lügenpresse“ stellen, dass wir solidarisch mit den gewerkschaftlichen Journalisten:innen sind, die in ihrer Berufsausübung behindert und verbal beschimpft werden.
  • Drittens soll ein Schreiben an die ver.di Landesleitung beschlossen werden, in dem sie aufgefordert wird, die Zusammenarbeit mit dem Hamburger Forum an Hand von Kriterien zu überprüfen. M.E. muss man die Unterstützung beenden.

Hintergrund ist natürlich die jüngere Positionierung des Hamburger Forums, mit rechten Strukturen politisch zusammen zu arbeiten, ihre Hetze gegen die Medien, wie auch die Diffamierung meiner MOPO-Kolleginnen mit völlig unwahren Behauptungen und Unterstellungen. Aufbauend auf Verschwörungserzählungen wird die Hetze „begründet“, mittlerweile m.E. der roten Faden in der Erklärungswelt der verantwortlichen Vertretern des Hamburger Forums.

Warum keine Zusammenarbeit mit Querdenkerstrukturen?

Die Diskussion um die “Querdenker”-Bewegung ist aus gesellschaftlicher Perspektive in der Vergangenheit geführt worden. Aus dem Blick der Bewegungen, in denen ich auch mitarbeite, den antifaschistischen, antirassistischen und gegen Rechts, schließt es sich für mich aus, auch nur in die Nähe dieser „Bewegungen“ zu kommen. Was muss man in den queeren oder feministischen Bewegungen von uns denken? Mit antisemitischen, rassistischen und rechten Strömungen zusammen zu arbeiten, dass geht überhaupt nicht. Ich muss meinen Partner:innen in diesen Bewegungen in die Augen gucken können. Die Begrüßung der rechten Partei “die Basis” auf den jüngsten Kundgebungen des Hamburger Forums, die explizite Hervorhebung ihrer Forderungen als zur Friedensbewegung gehörig und der Versuch, diese rechte Partei als eine bürgerliche und fortschrittliche Partei darzustellen, ist eine Provokation gegenüber allen demokratischen und fortschrittlichen Bewegungen.

Die Frage, „wie“ und mit „wem“ man diskutiert, hat das vom Hamburger Forum schon längst entschieden

Die Frage, wie man den gesellschaftlichen Diskurs inhaltlich führt, so dass man die Menschen erreicht, damit sie nicht von antisemitischen Verschwörungsideologen, den Täuschungsabsichten der Corona-Leugner bzw. vermeintlichen Impfgegner und ihren Lügen, eingefangen werden, muss man unbedingt führen. Was ist politisch zu fordern, was muss sozialstaatlich getan werden, um Menschen zu helfen? Was ist tarifpolitisch zu tun, um das Thema des Inflationsausgleich nicht nur zum Thema „an sich“ zu machen, sondern es umzusetzen. Wie entsteht eine starke Bewegung, die die Umverteilung zu Gunsten der großen Unternehmen zu Frage erhebt und was sind die Forderungen zur Formierung für demokratische und soziale Alternativen?

Die billige Absicht, wie es die Vertreter des Hamburger Forums tun, ihre Öffnung nach rechts begründen, ist der Argumentationstrang, dass man doch mit denen diskutieren muss, die kritisch zu den Corona-Maßnahmen und die Rolle des Staates bzw. dessen Parteien stehen, die von den Folgen der Krise etc. betroffen sind. Anspielend wird u.a. argumentiert, dass man erreichen wolle, dass mit ihrem Vorgehen den Nazis so der Boden entzogen solle, die die Unzufriedenheit, Angst und Perspektivlosigkeit für sich zu erschließen wollen.

Ergänzung 01.12.2022: Mittlerweile hat sich die “Argumentation” von Vertretern des Hamburger Forums zu dem rechtsoffenen Vorwürfen weiterentwickelt: Man sei nicht rechtsoffen, weil alle Hetze gegen sie darin begründet ist, dass ihr angeblich friedenspolitisches Engagement diffamiert wird. Alle Kritik gegen die Friedensforderungen verfolgt nur den Zweck der Diffamierung der Objektivität ihres Anliegen. Wer heute den Frieden gegen die NATO, US-Interessen und die Kriegspolitik der Bundesregierung unterstützt, wird von den Politik und Medien niedergemacht, weil man den Frieden nicht wirklich will, sondern Kriegstreiber ist. Diese “Trennschärfe”, dass wer gegen das Hamburger Forum argumentiert, gehört zu den systemrelavanten Kräfte und ist der Kriegspropanda, ist den Herrschenenden auf den Leim gegangen. Wer also wie “dieBasis” Friedenforderungen auf dem Transparent hat, ist nicht Gegner, sondern Teil Friedensbewegung, wie sie das Hamburger Forum versteht. Man sei nicht rechtsoffen oder rechts, sondern Friedensbewegung – gegen alle systemrelevanten Kräfte. Daran schließt sich dann weiter Wirrnis mit Schuldzuweisungen an alle linken und demokratischen Kräfte an.

In der strategischen Frage, wie man sich aufstellt, mit welchen Losungen, “wie” und mit “wem” man diese Gefahr in den Griff bekommen will, hat man in Hamburger Forum längst entschieden. Inhaltlich bewegt man sich m.E. auf dem Grundframing der Rechten mit ihrer Kritik am Staat, des Parlamentarismus, der “Staatsmedien”, der Rolle der politischen Partei, einschließlich der Linken, die man auch schon mal an dieser oder jener Stellen von Partnern des Hamburger Forums als systemrelevant bezeichnet.

Bei die Frage des „wie“ und mit „wem“ man darüber spricht, hat sich das Hamburger Forum schon längst entschieden – und auch, wer nicht dazu gehört: Nicht die politisch linken Bewegungen in Hamburg. Frühzeitig haben sich die Wortführer des Hamburger Forums dafür entschieden, es mit den den Strukturen der so genannten Querdenker-Vertretern in Hamburg zu machen. Später ist man den Schritt gegangen, gemeinsame Aktivitäten zu planen, wie die abgesagte Kundgebung vom 15. Oktober 2022 vermuten lässt.

Praktisch fand der Diskurs und die öffentliche Mobilisierung, was zu tun ist, dass Maßnahmen von der Politik beschlossen werden, in der demokratischen und sozialen Bewegungen statt. Die Gewerkschaften z.B. haben ihren Ansätze eingebracht, ihre Forderungen an die Politik gestellt, sich öffentlich geäußert und gehen dafür mit auf die Straße. In den sozialpolitischen Gesprächen z. B. mit dem Hamburger Senats werden diese Forderungen aufgestellt und eingebracht, wenn man die Postings des DGB Hamburg verfolgt. Die strukturellen Fragen nach einer Umverteilung wie der Besteuerung der Reichen, die Erhöhung der Sozialeinkommen u.a.m. ist auf wirksame Maßnahmen auf der politischen Ebene gerichtet. Die Änderungen beim Kurzarbeitergeld, die Erhöhung des Mindestlohns, sind Forderungen, die in der Umsetzung gegen eine weitere Verarmung eine Gegenentwicklung wirken können. Mit den Tarifforderungen sollen die Beschäftigten erreicht und mobilisiert werden. Tarifabschlüsse tragen für die Beschäftigten zu einer verbesserten Einkommensentwicklung bei. Usw.

Bei der Frage, „wie“ man den öffentlichen Diskurs gestaltet, hat die Gewerkschaftsbewegung bei der politischen Ausrichtung auf die großen Rahmenbedingen der Verteilung beim Arbeitseinkommen in den Unternehmen und Sozialeinkommen über den Staat gesetzt. Analog fand diese Debatte auch in den und mit den Sozialverbänden statt. Ein Ergebnis waren z.B. die Demonstrationen von Gewerkschaften, dem Paritätischen, der Diakonie u.a. Ende September 2022. Wie die beiden Volksbegehren für eine soziale Wohnungspolitik in Hamburg verdeutlichen, sind Gestaltungsmöglichkeiten durch öffentlichen Druck und Gespräche mit der Stadt gegeben. Das ausgerechnet die Miet-Bewegungen in Hamburg als „NATO-Büttel“ bezeichnet werden, macht in diesem Zusammenhang auch deutlich, auf wen das Hamburger Forum bei der Frage, mit „wem“ man gegen Verarmung agieren will, um den Rattenfänger entgegen zutreten, nicht setzt.

Man mag Kritik an den Forderungen der Gewerkschaften und Sozialverbände haben, aber hier geht es mir um die Frage, „wie“ und mit „wem“ ich welche Steuerungsfragen in die Diskussion einbringe, um eine rechte Vereinnahmung der berechtigen Unzufriedenheit mit der sozialen Ungleichheit und Verarmung wirksam entgegen zu treten ist. Liest man die sozialpolitischen Inhalte der Erklärungen des Hamburger Forum, wird auf die möglichen Folgen der Energiekrise (NATO, Nordstream 2) getrommelt, manchmal auch im Gleichklang mit der Argumentation rechter Kräfte (plötzlich kommen Handwerker in den Aufrufen des Hamburger zu Friedensaktivitäten vor). Argumentiert wird, wie schlimm alles werden wird. Es wird auf einen ganz anderen Diskurs gesetzt, der Staat, Politik, die Parteien und „ihre Medien“ als nicht legitimiert ansehen, für die die öffentliche Meinung zu sprechen.

Warum die Unterstützung mit dem Hamburger Forum beenden?

Die Friedensbewegung ist eine vielfältige Bewegung und verfügt über viele Zugänge und Motive, warum man sich engagiert. Mit Blick auf die vergangenen Aktivitäten des Hamburger Forums wie den 1. September-Kundgebungen oder erst kürzlich zum 15. Oktober 2022 vor dem Fraktionsbüro der Grünen und Linken in Hamburg, wird von ihnen die Absicht verfolgt, eine Breite der Friedensbewegung praktisch zu verhindern. Sozialdemokraten, Grüne, Sozialisten und Kommunisten, sie sind längst für sie zu Gegner geworden.

Holger Griebner, einer der vermeintliche Redeführer des Hamburger Forums, entwickelte auf der Kundgebung am 15. Oktober 2022, das Grünen und Linken zu Kriegsparteien geworden oder auf dem Weg dahin sind. Die Linke sehe er auf dem Weg, „als Bettvorleger der Rüstungskonzerne und US-Interessen“ zu werden, ohne jeden Wahrheitsbezug. Es werden Dinge in einem Topf geworfen, unterschlagen, damit der Wirrsinn irgendwie sinnhaft erschien. So wird von zwei Blöcken, der NATO und Russland/China gesprochen, was einfach dummes Zeug, da es z.B. weder einen militärischen, politischen oder inhaltlichen Block Russland/China gibt.

Das Hamburger Forum geht immer weiter den Weg, eine antigewerkschaftliche Linie zu verfolgen. Im AK Frieden von ver.di wird es nicht offen formuliert, aber am Beispiel des 1. September 2022 ist sichtbar geworden, dass man sie vorführen will. Dabei verfährt man nach dem gleichen Muster wie bei der Hetze gegen die „Lügenpresse“. Man erfand hier eine Erzählung von den angeblich nicht angesprochenen Themen zur Friedensfrage, um daraus sein handeln zu legitimieren. Das man öffentlich noch nicht gegen die Gewerkschaften auftritt, sie als „Kriegspartei“, „Bettvorleger“ oder „NATO-Büttel“ bezeichnet, hat nur etwas damit zu tun, dass man hierüber sich noch eine gewisse Legitimität erhofft.

Die „Rote Flora“ schreibt zu Recht in seiner jüngsten Erklärung über das Hamburger Forum: „Wer sich wie das „Hamburger Forum“ im Bündnis mit rechten Akteur*innen sieht und beispielsweise der Verharmlosung des imperialistischen Angriffskriegs Russlands Raum gibt, kann nicht länger erwarten, auf linken Demos geduldet zu werden. Es gibt keine Solidarität von rechts!“

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