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Holger Artus

Als Gerd Bucerius noch italienische Zwangsarbeiter in den Diago-Werken einsetzte

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Zum Besuch von ANEI, einer Vereinigung der italienischen Militärinternierten von 6. bis 10. September 2021 in Hamburg, bin ich am abstimmen des Programms. Eine Geschichte werden die IMI an den Orten der Außenlager des KZ Neuengamme wie am Dessauer Ufer bzw Falkenbergsweg in Neugraben und ihre Zusammenarbeit mit den KZ-Insassinnen sein.

Gefunden habe ich jetzt ein Zwangsarbeitslager für IMIs in den Diago-Werken in der Andreas-Meyer-Straße 11. Gerd Bucerius war zu der Zeit stellvertretender Betriebsleiter. Ab Februar 1945 wurde hier ein weiteres Außenlager von Neuengamme für die jüdischen Frauen aus dem Außenlager aus dem Falkenbergsweg geschaffen. Bisher war immer nur die Vermutung, dass in den Diago-Werken auCh IMIs arbeiten und leben mussten. Jetzt habe ich 119 Namen gefunden.

Heute erinnert vor der Andreas-Meyer-Straße 11 eine Tafel an das ehemalige Außenlager des KZ Neuengamme, in dem 500 jüdische Frauen seit dem 8. Februar 1945 leben mussten. Die Frauen wurden in den Diago-Werken und in der Zementfabrik Tiefstack zur Herstellung von Betonplatten für Behelfsunterkünfte eingesetzt. Darüber hinaus mussten sie für das Bauunternehmen Möller Trümmerschutt in den südlichen Stadtteilen der Stadt Hamburg und in Buxtehude räumen.

Nach jüngsten Recherchen waren 119 italienische Militärinternierte im Unternehmen beschäftigt. Insgesamt waren bei den Diago-Werken zum 1. April 1945 73 „Arier“ und 230 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter beschäftigt.

Die IMIs kamen vermutlich im November 1944 aus Zwangsarbeitslagern in Harburg wie dem Schützenpark oder lebten in den Baracken von Aug. Prien im Dampfschifffahrtsweg 3. Sie lebten aber auch auf auf dem Firmengelände in der Andreas-Meyer-Straße.

Unter den IMIs in den Diago-Werken gab es auch mehrer Opfer, u.a. Mario Pandolfi und Guiseppe Cesana. 

Das Unternehmen war 1935 von Christian Holst gegründet worden und hatte seinen Sitz bis 1937 im Mühlendamm 44, allerdings fehlte ihm zu dem Zeitpunkt das Startkapital zum Bau der Fabrik. Seit 1937 war deren Standort die Andreas-Meyer-Straße 11. Holst hatte eine Patent auf eine diagonale Zusammensetzung – Diago – von Sperrholzplatten.

Zur Finanzierung des Unternehmens besorgten sich Charles Holst und sein Anwalt, Dr. Brauermann, fremde Mittel. Zu ihren Planungen gehört es, langfristig auch ein internationales Geschäft aufzubauen. Zu diesem Zweck war Holst 1936 zu einem möglichen Geschäftspartner nach England gefahren, der eine Beteiligung zusagte. Wesentlich für die Finanzierung war ein Darlehen in Höhe von 150.000 RM von einem jüdischen Unternehmer aus Köln, Herbert Steimburg. Als Sicherung wurde es in eine Hypothek umgewandelt. Ein ehemaliger Geschäftspartnern von Holst, die Hanseatische Handelsgesellschaft in der Mönckebergstraße, nahm diese Finanzierung zu ständigen Verdächtigungen und denunzierte ihn. Die Prüfungen ergaben aber keine Bestätigung, auch wenn das „jüdische“ Darlehen und die engliche Beteiligung immer Anlass zu Anmerkungen wurde.

Steinburg war 1936 nach England ausgereist. Um aus dieser Nummer heraus zu kommen, fanden Bauermann und Holst einen Geldgeber, der die Hypothek von Herbert Steinburg übernahm. Aus den Akten ergibt sich aber auch, dass es auch den Versuch gab, Holst und Bauermann aus der Gesellschaft zu verdrängen und die Charles Holst Holzindustrie KG zu liquidieren und das Geschäft dann fortzuführen.

1939 wurde ein Konkursverfahren eröffnet, in dessen Ergebnis Willy Möller erst das Grundstück, später das Unternehmen übernahm. Diese Insolvenz ist nicht transparent, aber aus der Vorgeschichte und der Hypothek lässt sich vermuten, dass es hier einen Zusammenhang gibt. Aus den verschiedenen Prüfberichten lässt sich keine schwierige Geschäftslage erkennen. Eine Bilanz aus 1937 lässt keine Überschulung erkennen. In 1938 kommt er sogar zu einer Umsatzverdoppelung. Die Tatsache, dass Willy Möller erst das Grundstück gekauft haben soll, lässt vermuten, dass es hier um die „Arisierung“ der Hypothek ging. 1938/1939 ein übliches Vorgehen der Nazis.

Zu den Kunden gehörte damals die Marine, die über Diago das Holz bestellte z.B. in Lorient in der besetzten Bretagne. 1941 kam es zu einem Zerwürfnis der beiden. Möller beantragte ein Strafverfahren, mit dem der Rechtsanwalt Gerd Buccerius beauftragt wurde.

Gerd Bucerius war Rechtsanwalt und einer seiner Mandanten, Willy Möller, hatte die Diago-Werke 1939 aus einer Insolvenz übernommen. Seit 1943 war er auch stellvertretender Betriebsleiter der Diago-Werke. So musste er nicht zur Wehrmacht. Sein Rolle und sein Verhalten in der NS-Zeit auch in den Diago-Werken sind von verschiedene Personen beschrieben worden. So hat er sich gegen die Mißhandlungen der jüdischen KZ-Insassinnen gestellt.

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