Ansichten

Holger Artus

Über 1.600 Menschen mussten während Nazi-Diktatur im Schanzenviertel Zwangarbeit leisten

| Keine Kommentare

Vorgenommen hatte ich mir, das Thema der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in der Volksschule Schanzenstraße 105 in den Jahren der Nazi-Diktatur noch weiter aufzuklären. Im Hamburger Staatsarchiv habe ich drei Namen aus den Niederlanden gefunden, die hier eingewiesen wurden. Mehr ist mir bisher nicht bekannt. Aber es gab mehr Lager in unserem Viertel, also habe ich sie erst einmal aufgeschrieben.

Ohne den Einsatz von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern wäre Deutschland seit 1940 nicht überlebensfähig gewesen. Alleine rund um das Schanzenviertel wurden über 1.600 Menschen aus verschiedenen Ländern, die Nazi-Deutschland überfallen hatte, zur dazu gezwungen. Sie lebten entweder in bewachten Lagern, von wo aus sie ihre Arbeit an anderen Orten verrichten mussten. Oder Unternehmen im Schanzenviertel setzen sie für die Kriegsproduktion ein.

So zum Beispiel G.Schriewer in der Weidenallee 10 b/c mit der Fertigung von Munitionskisten oder Dennert & Pape im Schulterblatt 58, Block C, zur Ausrüstung der deutschen Kriegsmarine.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist img_2442-e1564769896353-768x1024.jpg

Der hier mitproduzierte Rechenschieber wurde zur Berechnung der Geschützeaufstellung der Kriegsmarine eingesetzt.

Im Theater des Westens, Schulterblatt 151, wurden 172 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter untergebracht, die u.a. für den Bunker an der Feldstraße die Flagabwehr aufbauten.

Die Nazi-Organisation Todt war für deren Einsatz verantwortlich. Sie lebten teilweise direkt in Lagern neben den beiden Baustellen der Organisation Todt. Auch in den Räumen der damaligen Volksschule Schanzenstraße befand sich ein Lager.

Ebenfalls gab es ein großes Lager in der Bundesstraße 86, in der großen Sporthalle des damals von Nazis beherrschten ETVs. Von Februar 1941 bis Juni 1942 (und wahrscheinlich auch in den Jahren 1943 und 1944) existierte in der Großen Halle des Eimsbütteler Turnverbandes (ETV) ein Lager der „Sonderbauleitung Unterelbe der Abteilung Rüstungsausbau des Reichsministeriums für Bewaffnung und Munition“ (Sitz: Bellevue 62, Hamburg 39) mit rund 400 ausländischen Arbeitern.

Die Belegung der Großen Halle des ETV lag z.B. im Februar 1941 bei 385 Personen und ab Juli 1941 bei 391 Personen, von denen die meisten Franzosen und Niederländer waren. Es handelte sich um ein sogenanntes Gemeinschaftslager, womit (im Unterschied zu Zwangsarbeiterlagern einzelner Firmen) Lager bezeichnet wurden, deren Arbeitskräfte von verschiedenen Firmen bzw. „Lagerträgern“ gleichzeitig „eingesetzt“ wurden. In diesem Fall übte zwischen 1941 und 1942 die „Sonderbauleitung Unterelbe“ des Speer-Ministeriums die Kontrolle aus. Die Kleine Halle des ETV war zur gleichen Zeit mit „Arbeitskräften“ der Organisation Todt belegt.

Insgesamt waren es 13 Lager, die zwischen Schanzenstraße, Schulterblatt, Weidenallee und Schäferkampsallee und Bundesstraße von den Nazis eingerichtet wurden.

Das größte Lager befand sich in der Schiller-Oper für 500 italienische Kriegsgefangene, die für den Beseitigung der Kriegsschäden eingesetzt wurden. Das Unternehmen Montblanc in der Schanzenstraße gehörte zu denen, die sich an den Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter bediente.

In Hamburg wurden bis 1945 eine halbe Million Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter ausgebeutet. Es gab auch kleine deutsche Geschäfte, die sie einsetzen. Wer hier früher im Viertel wohnte, musste diesen Menschen täglich begegnen sein. In den Räumen des Hauses in der Schäferkampsallee 58 hatte die Deutsche Werft zum Beispiel ein eigenes Lager, in dem 172 Menschen hausten.

Heute wird an keinem Ort der 13 Lager bzw. Einsatzorte an die damalige Ausbeutung der Kriegsgefangenen und ihre Schicksale erinnert. In Hamburg-Altona wird hingegen an verschiedenen Stellen an die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter erinnert. So an die in der Sternwoll-Spinnerei. Die Bezirksversammlung Altona hat ein eigene Arbeitsgruppe, die regelmäßig Veranstaltungen organisiert oder die Max-Brauer-Schule mit einer Gedenktafel aus einem Schulprojekt.

Eine Übersicht über alle Lage findet man auf der Web-Seite http://zwangsarbeit-in-hamburg.de. Hier sind 1.299 Lager aufgelistet. Man kann nach Straßen und Unternehmen navigieren sowie die interaktive Karte Hamburg nutzen.

Hier die Übersicht der Lager im Schanzenviertel:

 

Anzahl

 

 

Schröderstiftstraße

60

 

Schäferkampsallee 57/58

56

 

Schanzenstraße 75-77

14

 

Schanzenstraße 105

3

 

Schulterblatt 151

172

 

Sternschanze

40

 

Schulterblatt 58, 

Block C

17

 

Schanzenstraße 62

5

 

Weidenallee 54

4

 

Heinrichstraße 38

34

 

Bellealliancestraße

 

 

Amselstraße

500

 

Schröderstiftstr. 34

210

 

Weidenallee 10 b/c

?

   

ETV Turnhalle

392

   
 

1.600

   

Schreiben Sie einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.