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Holger Artus

Eine der schmerzhaftesten und sinnlosesten Kündigungen der vergangenen 20 Jahre MOPO-Geschichte

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Es war immer unsere Haltung, bei fristlosen Kündigungen schnell zu reagieren. Als ehemals Betroffener habe ich nichts vergessen, was einen durchpflügt. Volle Kanne Unterstützung, Solidarität. Mich hat man völlig alleine gelassen und den Zeigefinger erhoben. Die gewerkschaftlichen Haltung war unter aller Sau, wenigsten die Person. Für die Person klare Hilfe und auch ein handwerkliches Abwegen wie eine juristischen Strategie – und dann los! Dafür braucht man einige Tage – und da man drei Tage als Betriebsrat Zeit hat, ist das mehr als genug. Der Kollege hat gewonnen, ich habe ihm im September 2019 verabschiedet aus der MOPO, nach fast 44 Jahren.

NN ist von der Geschäftsleitung fristlos zum 9. Mai 2005 gekündigt worden. Eine Kündigungsschutzklage ist eingereicht worden.. „Ein sinnloser Vorgang, der nur die Absicht verfolgt, Klaus H. zu beugen“, so die Position des Betriebsrats. „Wir sind sicher, dass die Kündigungsschutzlage durchgeht und Klaus künftig wieder im Layout arbeiten wird.“ Die Geschäftsführung ist aufgefordert, dass gesamte Prozedere zu beenden.

Was ist der Kündigungsgrund?

Am 2.5.2005 soll Klaus nach Meinung der Chefredaktion die Autorität des stellvertretenden Chefredakteurs Thomas Friemel mehrfach massiv missachtet haben. Nach Auffassung der Geschäftsleitung soll Klaus nicht bereit gewesen sein, an der Seite 2/3 Änderungen auf Anweisung von Thomas Friemel vorzunehmen. Fakt ist, dass die Seiten von allen Layoutern auf Anweisung von Herrn Depenbrock um 18:30 Uhr eingecheckt werden müssen, damit der Spätdienst diese übernimmt und es keine Debatte um die Frage Mehrarbeit gibt. Im konkreten war Klaus noch mit der Seite ¾ beschäftigt und war um 18:40 Uhr dabei, Feierabend zu machen, als Thomas Friemel ihn bat, die Seite 2/3 noch einmal anzufassen. Da der Spätdienst besetzt war, erwiderte Klaus, dass bitte andere damit beauftragt werden sollten. Daraus ergab sich ein Dialog zwischen den beiden. 


Verhält man sich so?

Klaus hatte einen privaten Termin, saß auf Kohlen und wollte dringend raus. Eine einfach wie beschissene Situation. Klar, schnell mal eben …, auf der anderen Seiten gibt es Druck auf den privaten Termin. Was tun? Da der Spätdienst besetzt und das eigene Layout-Problem gelöst war – eine menschliche Entscheidung. Wer auf Kohlen sitzt, kennt dieses Problem. Wenn keine reale Not gegeben ist, ist das suchen nach einer Lösung etwas normales. Daraus konstruiert man aber kein „massives Missachten“. Statt sich am nächsten Tag hinzusetzen, sich die Meinung zu sagen und die Sache zu klären, würde der Weg der Kündigung verfolgt.


Betriebsrat widerspricht der Kündigung

Wir haben der fristlosen wie der ersatzweise fristgerechten Kündigung zum 30. November 2005 widersprochen. Der Vorgang ereignete sich nach dem Arbeitsende von Klaus. Das Gespräch zwischen Klaus und Thomas fand nur zwischen den beiden statt. Erst als Thomas an den Balken zurück ging und laut in den Raum rief, dass er sich das nicht gefallen lassen wird, wurde das Problem auch für andere wahrnehmbar.  

Klaus ist seit 1987 bei der MOPO angestellt. Vorher hatte bei der zur MOPO gehörigen Setzer gearbeitet seit 1975 gearbeitet und war nach der Auflösung bei Arnholdt-Satz beschäftigt, die den kompletten Satz der MOPO übernommen hatte. In seinem ganzen Arbeitsleben bei der MOPO hat er keine Abmahnung bekommen. Er ist, wie wir in unserem Widerspruch geschrieben haben, aus Sicht so mancher Kollegen ein vielleicht manchmal etwas dickschädeliger, aber immer kreativer und mitdenkender Layouter.

Wie kann eine Lösung aussehen? 

Wenn man einen Fehler macht, muss man ihn korrigieren. Fehler passieren in der Arbeit täglich, es passiert, dass man sich im Ton vergreift. Es gehört zu MOPO, dass man sich an einen Tisch setzt und ihn bereinigt. Der Weg für Klaus in die MOPO rein, sollte nicht über die rechtlichen Klärung erfolgen, sondern es sollte schon den MOPO-like Weg geben: Setzt euch hin und klärt die Sache – und danach ran an die Arbeit. Vor der Redaktion und dem Layout steht am Sonntag eine Landtagswahl, nächstes Jahr die Fußball WM in Deutschland und eine Bundestagswahl. 

Wie geht es jetzt weiter?

Es wurde durch Klaus eine Kündigungsschutzklage eingereicht. Bevor es zu einem ersten Arbeitsgerichtstermin kommt, wird es einen so genannten Gütetermin geben, wo noch einmal eine gütliche Einigung ohne Beweisaufnahme durch den Arbeitsrichter versucht wird. Sollte dieser Versuch scheitern, kommt es zu einem Kammertermin. Vorher werden die streitenden Parteien durch das Gericht aufgefordert, zu den Punkten Stellung zu beziehen. Das Arbeitsgericht kommt nach der Beweisaufnahme und einer rechtlichen Bewertung zu einer Entscheidung. Gegen diese kann die Partei, die unterlegen hat, vor das Landesarbeitgericht ziehen. Theoretisch ist nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts noch der Weg zum Bundesarbeitsgericht möglich. Hierfür muss es aber einen sachlichen Grund geben, z. B. ob eine Rechtsfrage auf oberster Ebene noch nicht geklärt wurde.

Kann man ohne Abmahnung fristlos gekündigt werden?

Nach der herrschenden Rechtsauffassung ist grundsätzlich vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung eine Abmahnung erforderlich. Dabei ist der Ansatz, dass eine Kündigung das letzte Mittel zur Regelung eines Konfliktes ist. Dieses Prinzip verbietet eine Kündigung, wenn milderte Mittel zur Wahrung der Interessen des Arbeitgebers ausreichend sind. Aber selbst eine Abmahnung unterliegt der Verhältnismäßigkeit. Dennoch gibt es Fälle, wo im Bereich des Vertrauensverstosses durch die Arbeitgeber zu handeln ist: Diebstahl, Unterschlagungen, Spesenbe-trügerei. Sexuellen Zudränglichkeiten., grobe Beleidigungen, Tätlichkeiten. Soweit es sich z. B. im Bereich der betrieblichen Ordnung handelt, ist eine vorherige Abmahnung z. B. erforderlich bei Verstößen gegen die Autorität einer Führungskraft. In diese Kategorie fallen auch solche Fälle der erforderlichen Abmahnung vor Kündigung, wenn ein Arbeitnehmer gegen ein betriebliches Rauch- und Alkoholverbot verstößt. Nach Auffassung der Gerichte ist eine Arbeitsverweigerung nicht gegeben, wenn die Grenzen des Direktionsrechts überschritten werden. 

Die erste fristlose Kündigung?

Dies ist nicht die erste fristlose Kündigung in der MOPO. Bereits in der G+J Zeit (1986-1999) hat es verschiedene gegeben. Am Ende haben sich die betreffenden Kolleginnen und Kollegen im Rahmen einer Kündigungs-schutzklage durchgesetzt. In zwei Fällen reichte der Gütetermin aus, in einem anderen bedurfte es einer erstinstanzlichen Entscheidung. Bei einer krankheitsbedingten Kündigungen war das LAG auch nicht bereit, den Darlegungen der damaligen Geschäftsleitung zu folgen. 

Wie ist das mit dem Arbeitslosengeld?

Bei einer fristlosen Kündigung droht eine Sperre des Arbeitslosengeldes von 12 Wochen und der Werg zum Sozialamt ist notwendig, um wenigsten eine minimale Grundsicherung zu erhalten. Bei einer willkürlichen Kündigung also durch aus eine Existenzbedrohende Situation. Das dies besonders schmerzlich ist, kann jeder vor dem Hintergrund verstehen, der alleine das Einkommen der Familie bzw. für zwei Kinder bestreiten muss. 

Über den Flur läuft die Info aus einer Layout-Besprechung, dass Klaus bis zur rechtlichen Klärung sein Einkommen bezieht. Das trifft nicht zu. Es ist davon auszugehen, dass er ab dem Zeitpunkt der Kündigung auch keine Gehalt mehr von der MOPO bezieht.

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