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Holger Artus

24. April 2024
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Sophie Hartman und Braam Wendling, Überlebende aus dem KZ Ravensbrück und Dachau

Diese Nachbarschafts-Info habe ich in der Budapester Straße 30, der Virchowstraße 67 und der Langenfelder Straße verteilt. Sophie Hartmann und ihr Mann, Braam, überlebten den Nazi Terror gegen Roma und Sinti in den KZs. Am 27. April 2024 wird um 11 Uhr in der St.Georger Stiftstraße auch ein Stolperstein für Sophie Hartmann verlegt. Den heutigen Nachbarn in deren Wohnadressen nach 1945 wollte ich davon in Szene setzen, wer einst bei ihnen wohnte. Zu Sophie Hartmann gab es bereits eine Info. Jetzt kommt die von ihrem Partner, Braam, dazu.

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22. April 2024
nach Holger Artus
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KZ-Häfltinge auf der Elbinsel Kaltehofe

Eine bei einem Besuch 2022 gefundene Karte in einem leerstehenden Gebäude auf der Billwerder Insel (einst zu den Hamburger Wasserwerken gehörendes Betriebsgelände) markierte die Zerstörungen des Filtrationsanlage in den letzten Kriegsjahr 1945/1945 und die Einschläge der Bombenabwürfe auf Kaltehöfe. 

Diese Schäden wurden ab 1944/45 auch durch KZ-Häftlinge beseitigt, wie jetzt gelesene Zeitzeugen-Berichte ergeben. Aus einem Berichtsbuch der Hamburger Wasserwerke über den Arbeitskräfteeinsatz auf Kaltehofe ging hervor, dass im März 1945 bis zu 55 KZ-Häftlinge hier eingesetzt wurden. 

Stefan Brozdowicz schrieb 1949 an die VVN über das Arbeitskommando im Elbwasserwerk: “Geführt durch einen politischen KZ-Häftling …war dieses Kommendo beliebt, obwohl  es ziemlich schwere Arbeit gab, bei Sonderarbeiten, Filterreinigung. Zu Mittag gab es eine zusätzliche Suppe. Diese Stärke dieses Kommando ging bis 200. Es arbeiten dort  auch  viele italienische Kriegsgefangene, die unsern Kameraden geholfen haben.” (1)

Stefan Brozdowicz war wie andere Häftlinge im Oktober 1944 aus dem KZ Stutthof bei Gdansk nach Neuengamme verschleppt worden. Er kam von dort ins Außenlager Dessauer Ufer, ins Lagerhaus G im Hamburger Hafen und nach dessen Zerstörung ins Außenlager an der Spaldingstraße 158. Die Nazis brauchten Arbeitskräfte, um ihre Kriegsproduktion aufrechtzuerhalten. Hunderttausende KZ-Insassen wurden auf alle möglichen Außenlager der KZs verteilt. Jan Kur aus Warschau, wie auch Stefan Brozdowicz von Stutthof im Oktober 1944 nach Neuengamme und Dessauer Ufer verschleppt, erinnerte sich 1948 in Polen an diese Deportation. Im Oktober 1944 “wurde ein Transport von 2.000 Häftlingen aus meiner Gruppe sowie die schon länger in Stutthof waren, …Neuengamme überstellt.” (2)

Jörgen Borfod aus Dänemark schrieb 1969 in seinem Buch „Die Hölle hat viele Namen“ über das Arbeitskommando „Elbwasserwerk“. Er war im KZ Neuengamme und kam von dort ins Außenlager in der Spaldingsstraße. „Die Spaldingstrale lag nicht weit vom Hauptbahnhof in Richtung Süd-Osten. Von hier aus gingen die Gefangenen zur Arbeit rund um in Hamburg. Es handelte sich hauptsächlich um Aufräumarbeiten nach Luftangriffen, und einige fuhren sogar nach Harburg, um aufzuräumen. Andere mussten die Bahngleise reparieren, und die Arbeit dauerte natürlich so lange wie es hell war. Ein Rapportführer … genoß es offensichtlich, beim geringsten Anlaß auf die Gefangenen loszuprügeln, was es auch sein mochte, einer der sich bewegte, oder einer, der seine Mütze beim Appell nicht korrekt aufhatte… die Arbeit bestand meistens darin, die Fabriken nach den vielen Luftangriffen auf Hamburg aufzuräumen, die ständig stattfanden. Die  meisten arbeiteten bei der Raffinerie Rhenania-Ossag (Shell), während andere Gruppen mit Ausbesserungen der Eisenbahngleise, in einer bombenbeschädigten Marmeladenfabrik, in der Hanseatenhallen, beim Elbwasserwerk … gearbeitet haben…. Beim Elbwasserwerk unternahmen die Gefangenen ebenfalls Aufräumarbeiten und ebneten Granatlöchen ein.” (3) 

Welchen KZ-Häftlinge neben denen aus Polen, der Tschecheslowakei und und Dänemark auf Kaltehofe arbeiten mussten, kann man heute nicht sagen. Lediglich aus jahrzehntealte Zeitzeugenberichten ergeben sich obige Informationen. 

Dr. David Templin hat ein seinem Buch „Wasser für die Volksgemeinschaft“ 2017 die Geschichte von den Hamburger Wasserwerken in der NS-Zeit versucht, umfassend zu erzählen. Bereits damals hatte der den Häftlingseinsatz bei dem Hamburger Wasserwerken beschrieben. Erst ein 2022 entdeckte das „Rechnungseingangsbuch“ von Kaltehofe führte zu der Konkretisierung der Anzahl der eingesetzten Häftlinge im März 1945 und deren Nachweis in einem Dokument.

Aus den Notizen von Stefan Brozdowicz und Jörgen Borfod ergibt sich, dass die Häftlinge im März 1945 auf Kaltehofe vermutlich aus dem Außenlager in der Spaldingsstraße kamen. Dieses war wie das Außenlager am Dessauer Ufer und am Bullenhuser Damm im Herbst 1944 geschaffen worden. 

Zu Recht muss man die Frage stellen, warum man heute „altes“ Wissen noch einmal thematisieren sollte und welchen konkreten Nutzwert es hat, wenn man weiß dass 50 bis 55 KZ-Häftlinge auf Kaltehofe arbeiten mussten? Reicht das bestehende Wissen nicht aus? Welchen Sinn würde es ergeben, die Logistik z.B der damalige Einsätze aus den Außenlagern in Hamburg zu klären, ändert es doch nicht an den Opfern und dem Schrecklichen für die Häftlinge? 

Die Aufbereitung der NS-Geschichte in Hamburg wurde stark durch politische Initiativen aus der Gesellschaft in den 1970/1980 Jahren, vor allem aus der Zivilgesellschaft, angeschoben. Die Kindermorde am Bullenhuser Damm z.B. geht aus das Engagement von Einzelpersonen zurück. Die Erinnerung an die KZ-Außenlager in Hamburg wurde vor allem durch Schüler:innen gestaltet.  Die Erinnerung an die Deportationen der jüdischen Menschen, der Sinti und Roma wurde nicht durch die Stadt oder die politisch verantwortlichen Parteien von SPD und CDU getrieben. Die Entstehung der KZ Gedenkstätte Neuengamme oder die jetzige Erinnerung an den Deportationsort des Hannoverschen Bahnhof sind erst in unserem Jahrtausend, 50 Jahre nach der Befreiung,  entstanden. Heute besuchen jährlich 50.000 die Gedenkstätte in Neuengamme, tausende dürften jedes Jahr am Hannoverschen Bahnhof verweilen. Die Erinnerung an die verschleppten Sinti und Roma ist noch jünger. Bei den beiden Orten handelt es sich um wichtige und grundsätzliche Erinnerungsorte. So etwas wie Kaltehof hat da einen anderen Stellenwert. Es ist heute ein Gedenkort, auch dank der Initiative eines Angehörigen.

Die bisherigen Recherchen zu Kaltehofe führten aber auch zu einem neuen Teil „Erinnerungskultur“ in Hamburg. Die Elbinsel ist heute ein Industriedenkmal. Wer hier heute organisierte Führungen mitmacht, erfährt etwas über den Einsatz von NS-Zwangsarbeitern oder KZ-Häftlingen.

Künftig soll darüber im Rahmen einer Dauerausstellung neu darüber informiert werden. Auf Kaltehofe fanden Veranstaltungen zur NS-Zwangsarbeit wie im September 2023 zum Tagebuch des italienischen Militärinternierten, Marino Ruga, statt. Das Unternehmen hat das Thema für seine Kommunikation in Belegschaft zu eine wichtigen Punkt erhoben. Beschäftigten-Vertretungen sprechen auf Veranstaltungen der Zivilgesellschaft zum Thema. Das konkrete erinnern wirkt nach innen und außen. Dazu haben  die Recherche-Ergebnisse einem neuen Impuls in der Vermittlung der Erinnerung an die NS-Zeit gegeben.  

Am Beispiel der Erinnerung an die italienischen Militärinternierten in den letzten Jahren haben sich viele neue Informationen ergeben, die man schon in den Bereich grundlegender Erkenntnisse für Hamburg stellen kann. Da der Ansatz an diese Gruppe auch mit einer anderen Form der Erzählung z.B. an Belegschaften verbunden ist, wird auch eine Form der Vermittlung in der Gegenwart versucht zu finden. 

Dass erst nach fast 80 Jahren dieser Häftlings-Einsatz auf Kaltehofe besser beschrieben wird, verweist darauf, dass es noch weitere Erzählungen geben dürfte, die bisher nicht vermittelt wurden.  Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme bemüht sich nach ihren Kräften, vergangene Erzählungen in eine Erinnerungskultur zu übersetzen. Diese neue Recherche zu Kaltehofe verweist aber auch darauf, dass „nach Kräften“ auch etwas über die Ressourcen sagt, auf die man zurückgreifen kann. Die wissenschaftlichen Forschungen dürften eine wichtige Quelle sein, um die vergangene Zeit zu beleuchten. Zivilgesellschaftliches Engagement ist ein weiterer Punkt, um bereits aufgeschriebene Aspekte noch einmal neu zu beleuchten und mit neuen Funden in Zusammenhang zu bringen. Dafür muss man als KZ-Gedenkstätte sensibel und aufgeschlossen sein.

19. April 2024
nach Holger Artus
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Elf Stolpersteine in St. Georg

Diese Info hat viele Autoren*innen, einer davon bin ich. Trotzdem nehme ich ihn auf meine Web-Seite, weil es zum einen Aktivitäten abbildet, in denen ich mich in der Erinnerungsarbeit engagiere und ich den Aufschlag – etwas holprig – zum Text gemacht habe. Die Initiative zu den Steinen ging nicht von mir aus, aber die Info zu Sophie Hartmann im März 2023, die ich in St. Georg verteilt hatte, war der Anlass dafür. Insofern sage ich: Dank, Gudrun.

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10. April 2024
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Erinnerung an Deportierte vom 18. April 1944 aus der Lerchenstraße 14

Am 18. April 2024 findet um 18 Uhr eine Kundgebung vor der Lerchenstraße 12 statt, um an die Familie von Constantin Schwarz zu erinnern. Sie wohnte bis zur Verschleppung nach Auschwitz im Haus 3 in der Lerchenstraße 14. Am 18. April 1944 wurden 26 Sinti und Roma aus Hamburg in KZ deportiert. Es gibt eine Einladung, die nur in der Straße verbreitet wird und zu der plakatiert wurde. Es gibt einen Aufruf mit lokalen Unterstützer:innen.

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9. April 2024
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Maria Luise Borstelmann, Talstraße 73, Haus 5 – deportiert nach Auschwitz

Bei der Recherche zu Constantin Schwarz und seinen vier Söhnen aus der Lerchenstraße 14, die am 18. April 1944 nach Auschwitz deportiert wurden, war ich mir bei einer Frage nicht klar: Seine Mutter, Lisette Schwarz, sprach davon, dass sie auf der Deportationsliste stand, weshalb sie floh und künftig illegal lebte.

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9. April 2024
nach Holger Artus
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Clara und Auguste Renner, wohnhaft Borgeschstraße 25, heute Soester Straße

Im Zusammenhang mit einer Recherche zu einem jüdischen NS-Opfer in St. Georg fand ich neben Emma Levi aus dem Kirchenweg 10 auch die Namen von Auguste und Clara Renner. Die Verteilung der Information über Emma Levi zusammen mit Lutz Johannsen an die Bewohner:innen im Kirchenweg führte zu Spenden für einen Stolperstein. Da mehr als nur die 120 € bisher zu Stande kamen, war die Frage, was man den Spender:innen neu vorschlagen könnte. Im Prozess kam es zur Idee, die Nachbarschaft in der heutigen Soester Straße auf Auguste und Clara Renner anzusprechen. Sollte sich hier niemand für eine Patenschaft gewinnen, wäre ein Stein gewissermaßen schon finanziert. Für den Fall, dass sich Nachbarn aus der Soester Straße fänden, habe ich weitere Namen gefunden und bin im Gespräch. Hier die Info zu Auguste und Clara Renner.

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8. April 2024
nach Holger Artus
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Auf der Suche nach einer Patenschaft für einen Stolperstein für Clara und Auguste Renner aus der Soester Straße/Borgeschstraße in St. Geog

Auguste und Clara Renner wohnten seit Anfang der 1930 in der damaligen Borgerschstaße 25 in Hamburg-St. Georg, bevor sie am 18. November 1941 nach Minsk deportiert wurden. Zu diesem Zeitpunkt wohnte sie dort nicht mehr. Die heutige Nachbarschaft wird Tage eine Info in ihren Briefksten über die beiden Frauen finden. Neben der Anteilnahme an dem Schicksal, dem Wissen um die beiden, geht es mir auch darum, dass sich Menschen finden, die eine Patenschaft für zwei Stolpersteine übernehmen. Das mache ich zusammen mit Lutz Johannsen aus dem Stadtteil, der mit seinem Engagement auf die beiden Frauen aufmerksam gemach hat.

17. März 2024
nach Holger Artus
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Nichts erinnert an das Daniel-Wormser-Haus im Münzviertel

Auf der Suche nach einer jüdischen Bewohnerin aus der Westerstraße 27 im Hamburger Münzviertel recherchierte ich im Staatsarchiv zur Adresse. Elisabeth Elias wurde am 19. Juli 1942 nach Theresienstadt/Terezin deportiert. Ihr Name steht heute auf der Namenstafel der Juli-Deportierten von 1942 an der Ganztagsgrundschule Stenschanze.

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28. Februar 2024
nach Holger Artus
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Emma Levy, Kirchenweg 10

Zusammen mit Lutz Johannsen habe ich eine Nachbarschafts-Information im St. Georger Kirchenweg verteilt. Wir waren bei einer Recherche über die Familie Levy im Kirchenweg 10 gestolpert. Emma Levy wurde im Juni 1943 nach Theresienstadt/Terezin, deportiert und später in Auschwitz ermordet. Wir haben die Nachbarschaft gefragt, ob sie sich eine Patenschaft für einen Stolperstein vorstellen könnten. Hier das verteilte Schreiben:

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