Am 11. November 2024 gibt es eine Kundgebung vor der Bülowstraße 9, um an die Sinti und Roma sowie PoC, die in der damaligen Frauenklinik von Ärzten/innen des AK Altona misshandelt wurden, zu erinnern. Zu den 13 Personen hatte es kurze Erzählungen auf der Webseite gegeben. Zu Dr. Helmut Wirths wollte ich noch etwas schreiben, ohne dabei aus dem Blick zu verlieren, dass die Opfer im Mittelpunkt stehen.
Heute habe ich eine Einladung zu einer Kundgebung am 11. November 2024 in den Straßen um den Kundgebungsort, in der Bülowstraße, in die Briefkästen gesteckt. Der Text ist ein Gemeinschaftswerk, dass wir erst auf einem Treffen, danach in einem größeren Personenkreis über eine Server abgestimmt haben.
Mit der NS-Zeit im Hamburger Hafen habe ich mich schon verschiedentlich beschäftigt. Es sind alles nur einzelne Fragmente zum Thema der NS-Zwangsarbeit, vor allem der italienischen Militärinternierten oder sowjetischen Zwangsarbeiter:innen.
Vor 25 Jahren kaufte Frank Otto zusammen mit Hans Barlach die MOPO. Zum 31. Oktober 1999 wurden sie Eigentümer. Eine Wende für die Belegschaft und die Zeitung. Endlich war die Periode von G+J zu Ende. Die MOPO bekam unter Frank Otto ihre größte Chance nach ihrer Gründung 1949. Ohne Frank und sein Management wäre die MOPO vom Markt verschwunden. Er war gewissermaßen unser Retter.
Christian St. wurde Ende Januar 1945 in der Frauenklinik des AK Altona in der Bülowstraße zwangssterilisiert. Er wurde mit seiner Familie im Mai 1940 nach Belzec deportiert. Drei seiner Geschwister wie seine Mutter überlebten nicht. Er konnte mit seiner eigenen Familie nach Hamburg fliehen.
Diese Info habe ich heute in der Vereinsstraße 18/20 verteilt. Laura, Martin und Emilie R. wurden am 9. Nov. 1944 in der Frauenklinik des AK Altona zwangssterilisiert. Sie lebten vorher in der Vereinsstraße 18, zusammen mit ihrer Mutter und Großeltern.
Das Schicksal von Maria B. als eine der misshandelten Sinti und Roma in der Frauenklinik des AK Altona im November 1944 schmerzt. Glaubt man den Unterlagen, war sie körperlich am stärksten betroffen, wenn man das als Kriterium einbringen darf, ohne damit den andern Opfer ihre Leiden zu nehmen, zu bestreiten oder dagegen zustellen. Es schmerzt aber auch, weil man ihr bei den verschiedenen Rechtsansprüchen permanent von staatlicher Seite bis zum Rentenantrag Hürden in den Weg legte und dabei rassistische Motive offen vortrug.
Ihr Sohn hat mich begeistert, da er als 16-jähriger Sinto 1942 mit anderen jugendlichen Nicht-Sinto organisierten Widerstand gegen die HJ leiste. Wenn es nach mir ginge, müsste man seine Geschichte erzählen und mehr machen. Vorgeschlagen habe ich es.
Eine der misshandelten Personen in der Frauenklinik des AK Altona war Maria B. Sie wurde am 15. Juli 1903 in Köttingen bei Köln geboren. Ihr Vater war Jude, ihre Mutter Sintizza. Maria war mit einem Nicht-Sinto, Hermann B. verheiratet. Vor der Ehe arbeitete sie in einer Fabrik in Hamburg. Das Paar hatte einen Sohn, Franz, der am 17. Juli 1926 geboren wurde. Hermann war bei den HEW beschäftigt.
Wer organisierte die Zwangssterilisation?
Im August 1944 hatte der Gesundheitssenator Ofterdinger der Frauenklinik des AK Altona die geplanten Zwangssterilisationen informiert. Die gesamte Organisation lag bei der Kriminalpolizei, die mit der damaligen Sozial- und Gesundheitsbehörde kooperierte, da die Behandlung von Sinti und Roma in staatlichen Krankenhäusern verboten war.
Am 15. November 1944 sterilisiert
Am 14. November 1944 wurde Maria B. auf Befehl der Kriminalpolizei in die Frauenklinik des AK Altona gebracht und am 15. November 1944 von zwei Ärzten zwangssterilisiert. Drei Tage nach der Operation erlitt Maria eine doppelseitige Lungenentzündung, die sie so schwer belastete, dass sie nie wieder arbeiten konnte. Als Sintizza durfte sie während der Luftangriffe nicht in den Luftschutzkeller der Frauenklinik, sondern musste im feuchten Bettenkeller der Frauenklinik bleiben. Nach 20 Tagen wurde sie entlassen.
Warum wurden die Menschen sterilisiert?
Sie lebten in Ehen, in denen ein Partner:in aus der Mehrheitsgesellschaft kam, weshalb sie in der Regel nicht deportiert worden waren (1940, 1943, 1944). Die Nationalsozialisten verfolgten jedoch das Ziel, die Sinti und Roma – wie auch die jüdische Bevölkerung – vollständig zu vernichten. Ihre Fortexistenz sollte verhindert werden, da man glaubte, ihr „Blut“ könne die „Eigenschaften des deutschen Blutes“ beeinträchtigen. Diese grausame Ideologie hatte Millionen Anhänger.
Menschenrechtsverletzungen nach 1945
Nach 1945 musste Maria B. um ihre Rechte kämpfen. Die Akten zur „Wiedergutmachung“ jüdischer Menschen sind schon schwer zu ertragen, aber die Akten der Sinti und Roma zeigen eine zusätzliche Ebene von Rassismus, die einen tief erschüttert, dass Menschen nach 1945 so etwas als Staatsbeschäftigten schreiben durften Dies führte für die Betroffenen auch nach 1945 zu erheblichen finanziellen Schaden.
Zwei Beispiele des rassistischen Wirkens von Verantwortlichen der damaligen Sozialbehörde Hamburgs.
Als Maria den Nachweis ihrer Sterilisation im Wiedergutmachungsverfahren erbrachte, wurde behauptet, dies sage nichts darüber aus, „dass die Sterilisation aufgrund ihrer Abstammung erfolgte.“ 1954 schrieb ein Beamter: „Es fehlt bislang jede Erläuterung für die Gründe, die hierfür maßgeblich gewesen sein könnten. Es ist weder erwiesen, dass Ihre Mandantin Zigeuner-Mischling ist, noch könnte allein daraus geschlossen werden, dass die Operation deshalb erfolgte.“
Ein Beamter der Sozialbehörde versuchte, Maria ihren Ausweis als Verfolgte zu entziehen, weil ihr Sohn seit 1943 im Gefängnis saß. Er versuchte es mit einer Penetranz, die auffällig war. Wäre Franz B. kein Sinto, trüge vielleicht heute eine Straße oder ein Platz seinen Namen. Als 16-Jähriger widersetzte er sich in Hamburg einer Gruppe der HJ so stark, dass die Kriminalpolizei die Verfolgung der Jugendlichen übernahm.
Am 11. November 2024 findet um 17 Uhr eine Kundgebung vor der Bülowstraße (Altona) statt, um an 12 Sinti und Roma sowie eine Person of Color zu erinnern, die zwischen November 1944 und Februar 1945 in der Frauenklinik des AK Altona ohne rechtliche Grundlage zwangssterilisiert wurden. Vielleicht sehen wir uns an diesem Tag.*
Zu den einzelnen Opfer der Zwangssterilisationen in der Frauenklinik des AK Altona möchte ich im Vorfeld der Kundgebung am 11. November 2024 vor der Bülowstraße 9 einige Notizen veröffentlichen, damit man um einige Eckdaten der betroffenen Menschen weiß. Meta B. hatte zum Zeitpunkt neun Kinder. Es war die Absicht der Nazis, auch sie nach dem „Endsieg“ zu sterilisieren.
Dieses Info wurde auf Höhe der Bernstroffstraße 134 verteilt und befasst sich mit zwei Menschen, die 1944/45 in der Frauenklinik des AK Altona zwangssterilisiert wurden. Insgesamt waren es 13 Personen.
Diese Info habe ich um den Heußweg 74 verteilt. Nach 1945 wohnte die Familie, um die es geht, unter der Adresse. Asta und Jani R. gehörten zu den 13 Zwangssterilisierten in der Frauenklinik des AK Altona zwischen November 1944 und Februar 1945. Am 11. November 2024 findet vor Bülowstraße 9 eine Kundgebung statt.
Diese Info habe ich heute in der Beckstraße in die Briefkästen gesteckt und an den Vorstand der Fritz-Schumacher-Siedlung Langenhorn per Mail versendet, es waren einst Wohnorte vor und nach 1945 von ihr. Sie gehörte zu den 13 Zwangssterilisierten in der Frauenklinik des AK Altona ab November 1944.
Im April 2024 wird in der Spaldingstraße eine Stolperschwelle für die NS-Opfer aus dem Außenlager verlegt. Die heutige Lage ist durch gewerbliche Immobilien geprägt. Hier findet man Hotelgäste und einige Arbeitnehmer:innen.Insofern will ich versuchen, etwas um den Ort herum an Beziehungen und Erzählungen zu generieren, so dass die Themen eine höhere Aufmerksamkeit in Sinne des Wissens darum erfahren könnten.
Am 8. und 9. Oktober 2024 habe ich etwa 1.000 Flugblätter im Münzviertel in die Briefkästen um den Schultzweg/Klostertor/Hühnerposten gesteckt. Die Absicht ist, mit den Mieter:innen in den Wohnungen von Smart meets aus dem Mendelsohn Bartholdy Haus und Herbert Weichmann u.a. Bewohner:innen irgendwie in Kontakt zu kommen. Inhaltlich geht es um die Erinnerung an das Daniel Wormser Haus.
Am 8. Oktober 2024 habe ich ein mit der Stadtteil-Initative Münzviertel abgestimmtes Info vor dem Ökostromanbieter „Lichtblick“ verteilt. Hier das Info:
Am 8. November 1944 bewegte sich der Hamburger Kriminalbeamte, Paul Everding, von seiner Dienststelle am Dammtorwall zur Sozialverwaltung der Stadt Hamburg ins Bieberhaus am Hamburger Hauptbahnhof. Hier sprach er mit den Herren Over und Happersberg. Im Anschluss wurde der Inhalt der Besprechung nochmals schriftlich festgehalten: Bei der Zwangssterilisation von Sintizza, deren Kinder im Alter von bis zu 14 bis 16 Jahren sind, sollte die Unterbringung dieser Kinder für die Dauer von 14 Tagen – so lange war der Krankenhausaufenthalt in der Frauenklinik des Allgemeinen Krankenhauses Altona geplant – im Versorgungsheim Farmsen erfolgen.
Am 11. November 2024 soll um 17 Uhr eine Kundgebung in der Bülowstraße in Ottensen stattfinden, um an 13 Menschen zu erinnern, die zwischen November 1944 und Februar 1945 in der Frauenklinik des AK Altona in der Bülowstraße 9 zwangssterilisiert wurden. Sie waren Sinti, Roma und People of Color. Sie waren zwischen 15 oder 42 Jahre alt.
Christian St. war einer der 13 Sinti und Roma, die im Frauenkrankenhaus des AK Altona in der Bülowstraße 9 Ende 1944/Anfang 1945 zwangssterilisiert wurden. In den Akten zu den 13 Personen aus dem Hamburger Staatsarchiv habe ich kein Schreiben gefunden, in dem das Wort „Entschuldigung“ vor kommt.
Am 6. September 2024 wurde mit einer Kundgebung am Sportplatz an der heutigen Max-Brauer-Allee an die italienischen Militärinternierten erinnert. Einer von ihnen war Luigi Corvi, der bei einem Arbeitseinsatz ums Leben kam. Über ihn wurde auf der Kundgebung gesprochen.