Neben der Recherche zu Laura Rosenberg und ihrer Familie bin ich im Dialog um die Form und den Ort der Erinnerungen über die vielen Lebensorte der Sinti und Roma in St. Pauli in Altona gestolpert. Ich habe einfach einiges, mehr technisch, aufgeschrieben, damit die Notizen in meiner kleinen Welt öffentlich sind. Ich denke über eine bessere Erschließung im Viertel nach.
St. Pauli/Altona war in den 1930er Jahren einer der Lebensorte der Sinti und Roma in Hamburg, neben Harburg und St.Georg/Borgfelde oder der Hamburger Neustadt. Ob in der Paulstraße (später Otzenstraße), der Lerchenstraße, der Lammstraße, der Talstraße, der Eimsbütteler Straße (jetzt Budapester Straße), der Eckernförderstraße (jetzt Simon-von-Utrecht-Straße), der Bleicherstraße, der Großen Gärtnerstraße (Thadenstraße),der Thedestraße u.a. lebten die Familien oder waren die Plätze für die Wohnwagen, bevor sie 1939 verpflichtet wurden, ihren Wohnort nicht ohne Zustimmung der Polizei mehr zu verlassen.
Sinti und Roma waren für das NS-Regime nicht “reinen Blutes” und würden das “deutsche Erbgut” schädigen. Sie wurden von ihnen rassistisch verfolgt, misshandelt und ermordet. 1939 wollte man sie zuerst alle in Hamburg in einem Lager in Billstedt-Öjendorf kasernieren und zur Zwangsarbeit einsetzen. Mit der geplanten ersten Massendeportation ab dem 16. Mai 1940 über den Fruchtschuppen C im Hamburger Freihafen in das Lager Belzec in Polen wurden diese Pläne „aufgegeben“. Am 20. Mai 1940 wurden über 1.000 Sinti und Roma über den Hannoverschen Bahnhof ins Lager ins polnische Belzec deportiert.
Orte waren Wohnwagen-Plätze wie z.B. in der Paulstraße 22, der Bleicherstraße oder Mietwohnungen in der Thadenstraße 79 und 83 in St. Pauli. Die beiden kleinen einstöckigen Gebäude gehörten dem Fischkonserven- und Fischräucherei-Unternehmen Johann Wedel.
Thadenstraße 79-81
Hinter den beiden einstöckigen Wohnhäusern war in der Thadenstraße 79-81 und 83 sein Unternehmen mit Fischräucherei und Lager. Auch die Eckhäuser in der heutigen Bernstorffstraße von der 80 bis 94 (damals Adolfstraße in Richtung Otzenstraße (damals Paulstraße) gehörten ihm.
Von der Familie Lutz, die seit 1924 in der Vereinsstraße 18 bis 1943 lebte, zogen die Kinder aus oder später, wo sie staatlich verfolgt wurden, verschiedentlich in die Thadenstraße 79-81 bzw. 83. Karl Lutz, eines der Kinder von Joseph und Katharina Lutz, wohnte seit 1938 in der Thadenstraße 79, mit seiner Partnerin, Anna Lutz und ihren Kinder, Sonja und Elvira. Gerhard Bernhardt erinnerte sich später (1955), dass er Karl und seine Partnerin, Anna, seit Mitte der 1930er Jahre kannte: „1939 stand ich mit besagter Familie Lutz mit meinen Schaustellerwagen in Altona, in der Bleicherstraße, auf einem Platz.“ Karl arbeitete seit 1938 bei Blohm&Voss und nach dem Auszug aus der Thadenstraße 79 beim Federnwerk Albert Reimers.
Katharina Lutz, die Mutter von Wilhelm Lutz, war seit dem Tod ihres Mannes von der Vereinsstraße im September 1943 in die Thadenstraße 79 gezogen. Seit Oktober 1943 wohnte Dorothee Rosenberg (geborene Lutz) mit ihren beiden Kindern, Jani und Asta, in der 79. Sie lebten dort bis in die 1950er Jahre. Im August 1944 zogen Ernst Petermann und mehrere Mitglieder aus der Familie Steinbach dazu in den 1. Stock. Nach 1945 fanden in den Wohnungen einst Verschleppte ins KZ Auschwitz wie Heinrich Laubinger und Hulda Laubinger eine Bleibe.
Im November 1944 zog Anna Rosenberg, geborene Lutz, auf der Flucht aus Celle mit ihren drei Kindern, Laura, Martin und Emilie in die Thadenstraße 83 – bis Ende 1945.
Die Fischräucherei Johan Wedel man heute nicht mehr an der Ecke Thadenstraße/ Bernstorffstraße. Hier ist heute das Buddhistische Zentrum, die das Grundstück und die vorhandenen Gebäude 1997 übernahm. Alte Räume wurden saniert und neue geschaffen. Aus einem der großen Fabrikräume ist heute z.B. ein schöner Meditationsraum geworden.