Ursprünglich sollte es einen Stolperstein für Luigi Tognoli geben, einem italienisches NS-Opfer aus dem Lagerhaus G. Doch Mitte Dezember 2023 endeten die übereinstimmenden Gespräche mit der Stiftung Lagerhaus G. Politisch waren damit alle Diskussionen und angepeilten Absprachen zerlegt.
Ich hatte nicht damit gerechnet und handelte ohne Absicht, etwas auch nur zu streifen, was einen Konflikt bedeuten könnte. Von einer auf die andere Sekunde wurde mein Eindruck, wir stimmen überein und handeln in Verbundenheit wie Respekt voreinander, zerlegt. Es war bzw. ist passiert, was ich bedaure.
Zu den damaligen Diskussionen gehörte die Idee, vor dem Lagerhaus G jeweils einem Stolperstein für ein NS-Opfer aus einem Land zu verlegen. Die Generaldebatte war die Wegbeschreibung um die Dialog der Eigentümer um die Außen-Erinnerung bis zur Schaffung eines Erinnerungsortes Lagerhaus G. Alle besprochenen Idee scheiterten fürs erste in der obigen Sekunde.
Als „Projektgruppe italiensiche Militärinternierte Hamburg“ hatten wir einen Paten gewonnen, der den Stolperstein für Luigi Tugnoli übernommen hätte. Er war kein IMI, sondern KZ-Häftling im Lagerhaus G. Er war vom KZ Dachau nach Neuengamme verlegt worden. Da wir als „Projektgruppe…“ uns um die IMI, aber nicht die KZ-Häftlinge (aus dem Lagerhaus G) kümmern, hatten wir auf Grund des im Dezember 2023 aufgemachten Konflikt auf den Stein für Tugnoli verzichtet. Es gibt zum Thema der KZ Häftinge sowie den Erinnerungsort die Initiative Dessauer Ufer und die Stiftung Lagerhaus G. Wir wollen kein Akteur um den Erinnerungsort Lagerhaus G werden, unser Blick ist auf die italienischen Militärinternierten als Opfergruppe gerichtet, ob nun im Volksparkstadion, im Heinrich Bauer Haus usw. – auch in den Lagerhäusern am Dessauer Ufer. Was wir aber auch nicht wollten, war, dass man uns einen Ring durch die Nase zieht, der sagt, was wir tun oder lassen sollen. Wir sind keine Bedrohung oder Belastung für die Stiftung Lagerhaus G, uns eint gemeinsame Motive und Ziele, wenn es um die Erinnerung an die Menschen geht. Wir sehen uns politisch-moralisch an der Seite der Angehörigen, die sich für einen Erinnerungsort engagieren.
Die Stolpersteine für die IMI aus den Lagerhäusern am Dessauer Ufer werden durch die Hamburger Stolpersteine verlegt. Wir werden unseren öffentlichen Beitrag zur Bewerbung der Verlegung leisten. Bezüglich Luigi Tugnoli haben wir einen anderen Weg eingeleitet. Es wird ein Stein für einen italienischen KZ-Häftling verlegt, der Zwangsarbeiter in Hamburg war und in Hamburg inhaftiert wurde: Filippo Faustinelli. Der Stein wird an seinem ersten Lagerort als Arbeitsmigrant in Rothenburgsort verlegt. Unsere Recherche hat im Übrigen dazu geführt, dass wir einen weiteren Italiener gefunden haben, der in Hamburg verhaftet und im Außenlager des KZ Neuengamme auf der Deutschen Werft ums Leben kam, Marino Zorgini.
Zum Stolperstein für Faustinelli wird es verschiedene Erzählungen mit unterschiedlichen Partner:innen geben, die immer mit einer öffentlichen Aktivität verbunden werden sollen. Die erste war der Rundgang in Rothenburgsort am 28. April 2024, die Gedenkveranstaltung am 4. Mai 2024 in Schandelah der zweite Schritt. Es folgt im Herbst eine dritte Aktivität.
Filippo Faustinelli ist am 3. Dezember 1944 im Außenlager der KZ Neuengamme, in Schandelah, ums Leben gekommen.
Warum er ins KZ Neuengamme gekommen ist, kann man zur Zeit nicht sagen. Zwischen dem. 10. und 16. Juni 1944 ist er dort eingeliefert worden. Seine Häftlingsnummer war 35277. Gesichert ist, dass er vor seiner Festnahme nachweislich als Zwangsarbeiter im Lager Millerntor für das Bauunternehmen Max Giese eingesetzt wurde. Im Lager war Platz für 200 Personen. Er war als Italienischer Arbeitsmigrant seit 1941 in Hamburg war. Bis März 1943 war das Polizeipräsidium für das Lager Millerntor verantwortlich.
Italiener:innen im KZ Neuengamme
Im KZ Neuengamme waren rund 1.200 Italiener, davon 100 Frauen und trugen fasst alle den roten Winkel, mit dem sie von der SS als „politische“ Schutzhäftlinge kategorisiert wurden. Es waren überwiegend Partisanen, Antifaschisten, Arbeiter und Arbeiterinnen, die an Streiks teilgenommen hatten, Arbeits- und Wehrdienst-verweigerer, Unterstützer und Unterstützerinnen der Resistenza, der nationalen Widerstandsbewegung Italiens, sowie ihre in Sippenhaft genommenen Familienangehörigen.
Andere waren bei Razzien willkürlich wegen vermeintlicher Unterstützung der Resistenza verhaftet worden. Faustinelli gehörte zu den wenigen damals noch in Hamburg lebenden italienischen Arbeitsmigranten, die ins KZ Neuengamme kamen. Ein weiterer war Mario Zorgini (geboren am 9. Dezember 1906 in Cusinaco), der nach seiner Festnahme in Außenlager der Deutschen Werft verlegt und dort am 1. März 1945 ums Leben kam.
Transport von Neuengamme nach Schandelah vermutlich nach dem 22. Oktober 1944
Wann die italienischen KZ-Häftlinge aus Neuengamme nach Schandelah verschleppt wurden, scheint bisher nicht klar zu sein. Bezogen auf Faustinelli muss es nach dem Bau des Außenlagers im April 1944 erfolgt sein, da er erst im Juni 1944 ins KZ Neuengamme kam. Es gibt für das Außenlager Schandelah eine Liste mit 25 italienischen Namen.
Es kann vermutet werden, dass sie im Zuge einer Aktion mit anderen nach Schandelah verlegt worden. Aus den Zeitpunkten der damals aus Dachau und Buchenwald in KZ Neuengamme von dieser Liste Verschleppten, lässt sich vermuten, dass die Verlegung nach Schandelah nach dem 22. Oktober 1944 erfolgt sein könnte. An diesem Tag kamen 282 Italiener von Dachau nach Neuengamme. Es kann sein, dass es in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme Listen gibt, wann es Fahrten nach Schandelah gegeben hat.
Von den 25 Italienern sind drei in Schandelah ums Leben gekommen. Sechs wurden von Schandelah aufs Krankenrevier in KZ Neuengamme verlegt und kamen dort ums Leben. Schwerkranke oder nicht mehr leistungsfähige Gefangene wurden zurück ins KZ Neuengamme oder ins KZ-Außenlager Salzgitter-Drütte ausgesondert und leichter Erkrankte ins Krankenrevier des Lagers verbracht. Im KZ-Außenlager Schandelah gab es weder Medizin noch Pflege oder qualifiziertes Pflegepersonal. Es gab keinen Arzt und nur einen Sanitäter, der zunächst einmal pro Woche vom Außenlager Salzgitter-Drütte kam und von einem Hilfssanitäter vor Ort, der von Beruf Bauarbeiter war, unterstützt wurde. Ein Arzt aus dem Dorf Schandelah wurde nur zum Ausstellen von Totenscheinen ins Lager gerufen.
Aufgrund extrem schlechter Arbeitsbedingungen, Unterernährung, Misshandlungen und Erschießungen durch das Wachpersonal starben 200 Häftlinge, 97 von ihnen sind auf dem Friedhof von Scheppau begraben. Die Namen der Toten sind zum Teil nicht bekannt. Die genaue Anzahl der Ermordeten ist nicht mehr zu ermitteln.
Über die italienischen NS-Opfer in Schandelah
Als einziger ist Filippo Faustinelli namentlich für ein Grabstelle aufgeführt. Nach Angaben der Gemeindeverwaltung Schandelah vom 13. Mai 1952 wurde er auf dem Friedhof Scheppau unter der Grabnummer 20 beerdigt worden.
Der Friedhof des KZ Außenlager Schandelah war nach 1951 nach Scheppau verlegt worden.
Die anderen in Schandelah ermordeten italienischen Menschen waren:
- Ferdinando Engaz, am 14. Januar 1898 in Torgnone geboren. Er wurde am 13. Juni 1944 in Grenoble inhaftiert. Er starb am 29. Dezember 1944 in Schandelah.
- Giacomo Manfredotti, geboren am 6.September 1905 in Scilpario. Er war bis zum 23. August 1944 in Berchtesgarden vermutlich als IMI seit dem 23.11. 1943 eingesetzt worden, dann im KZ Dachau inhaftiert und wurde am Oktober 1944 ins KZ Neuengamme verlegt. An diesem Tag kamen 282 Italiener von dort im KZ Neuengamme an. Von wurde er weiter nach Schandelah verschleppt. Er starb am 2. April 1945
- Guiseppe Braunigar, geboren am 29. Januar 1923 in Tomino. Er kam wie Manfredotti am 22. Oktober 1944 vom KZ Dachau ins KZ Neuengamme. Er, starb in Schandelah am 25. März 1945. Beide waren vermutlich italienische Militärinternierte.
Über das KZ Außenlager Schandelah
Das Außenlager Schandelah des KZ Neuengamme bestand vom 8. Mai 1944 bis zum 12. April 1945. Auf Wikipedia erfährt man, dass es im Rahmen des Mineralölsicherungsplans der NS-Regierung („Geilenberg-Programm“) seit Mitte 1944 errichtet wurde, als die kriegsbedeutende Treibstoffindustrie durch Bombenangriffe der Alliierten teilweise zerstört worden war. Es galt als die wichtigste Einrichtung für die Erforschung und Herstellung von synthetischem Benzin aus Ölschiefer in Öfen in einem Versuchswerk.
Mit dem Geilenberg-Programm erhielt das Versuchswerk im August 1944 höchste Kriegswichtigkeit. ; es wurde unverzüglich gebaut, Geilenberg besuchte im Herbst 1944 das Lager Schandelah mit Verantwortlichen. Firmenangehörigen der Steinöl GmbH.
Zunächst bestand die Unterkunft für die Häftlinge aus einer Baracke und später aus vier Baracken, drei davon waren durch Häftlinge und eine Baracke war für die Bewacher sowie durch zivile Beschäftigte für Reparatur- und andere Arbeiten sowie durch das aus Braunschweig ausgelagerte Asphalt-Forschungsinstitut der TU Braunschweig belegt. Das KZ war durch einen elektrisch geladenen Stacheldraht gegen Fluchtversuche gesichert. Die Baracken der Häftlinge waren mit zwischen 250 und 500 Männern in dreistöckigen Betten übervoll belegt. Zeitweise musste sich vier Männer ein Bett teilen. Je Häftling gab es drei Decken, später nur noch zwei, und einen Strohsack.
Am 10. April 1945 fand die Räumung des Lagers statt. Der mehrtägige Transport erfolgte ab Bahnhof Schandelah über Magdeburg, Stendal, Wittenberge ins Auffanglager Wöbbelin bei Ludwigslust. Dort wurden die Überlebenden am 2. Mai 1945 befreit.