Ansichten

Holger Artus

Neue Erfahrungen in der Medienarbeit in den Niederlanden

Auch wenn es zu meinem beruflichen Handwerk als Betriebsrat gehörte, war ich überrascht, dass es aktuell gelang, in den niederländischen Regionalmedien über die Erinnerungsaktivität am 16. Januar 2024 vor den Lagerhäusern am Dessauer Ufer eine Berichterstattung zu generieren.

Das regionale Medienecho aus dem niederländischen Friesland habe ich für den Blog aufgeschrieben.

Gerne erinnere ich mich, dass wir es als Betriebsräte zu Zeiten des MOPO-Eigentümers, David Montgomery, schafften, in den „Guardian“ zu kommen. Dafür waren wir anlässlich einer Geschäftsberichts-Telefonkonferenz der Mecom plc nach London gefahren. Vorher hatte ich verschiedene Hintergrund-Gespräche im Gewerkschaftshaus der NUJ mit englischen Journalisten vereinbart. Die Kontakte in London hatte ich mir vorher erarbeitet und im Zusammenhang mit der Fahrt angesprochen.

Was die Aktivität zur Erinnerung an die 106 am 16. Januar 1945 verschleppten und ermordeten Niederländern ins KZ Neuengamme 2024 am Dessauer Ufer im Hamburger Hafen betraf, so war die regionale Medienarbeit nicht Teil der ursprünglichen Planung. Die Erzählung zum 16. Januar sollte und war: Wir richten unseren Blick auf die NS-Opfer dieser Deportation, über sie erzählen wir. Die Aktivität sollte vor allem virtuell wahrgenommen werden, mit der Kundgebung schaffen wir ein Angebot für die Erzählung. 15 – 20 Teilnehmer:innen waren unsere Hoffnung.

Es sollte ein emotionale Erzählung werden, dazu hatte ich mich auch an Personen und Strukturen in Groningen, Leeuwarden und Harlingen gewandt. Es ging ums ausloten, ob es bei ihnen am 16. Januar 2024 ebenfalls etwas geben könnte? Die gesamte Planung hatte ich vorab mit Floris Hommes, dem Vorstandsvorsitzenden der Stiftung Lagerhausnabgestimmt hatte. Erst als der Kundgebungstermin mit ihm geklärt war, gingen meine Anfragen raus. Zur Abstimmung gehörte auch der Wortlaut einer Presse-Info, der Ablauf der Kundgebung, die Web-Planung bis zur Frage, dass ich gerne zwei Stolpersteine für Gerrit Hommes und Willem Niemeijer in Groningen verlegen lassen würde. Das es in Harlingen zu einer Erinnerungs-Veranstaltung kommen sollte, hatte mich sehr gerührt.

Natürlich gab es auch politische Absichten, aber dies sollten nicht im Mittelpunkt stehen. Hier war die Absicht: aus dem praktischen Erleben der Erinnerung an niederländische NS-Opfern kommen sich engagierte um den Gedenkort näher, mal kommt in den Dialog um die Zukunft des Gedenkorts. Aber keine konkrete Planung, keine thematischen Vorstellungen, schauen, was der Zufall bringt, außer eben „kommen wir in Kontakt“. Dieser Teil sollte im „verborgen“ passieren, in dem Sinne, dass es nichts mit der Aktivität zu tun hat und haben sollte. Damit bin ich voll auf die Nase gefallen. Schade.

Anfang Januar 2024 entschied ich mich, dass die Presse-Info ins niederländische übersetzt wird und ich es an die Regionalmedien in Groningen und Harlingen verbreitet wird. Die Presse-Info sollte ursprünglich aus inhaltlichen Überlegungen auf der Web-Seite vor allem stehen, da in ihr neben dem AK Distomo und mir auch Floris Hommes für die Stiftung Lagerhaus G steht. Es sollte in meinen Augen das äußerliche Zeichen sein, dass man im Dialog ist. Ein weiteres Zeichen sollten die ebenfalls abgestimmte Teilnahme und Rede von Floris Hommes auf der Kundgebung am 16. Januar 2024 vor dem Dessauer Ufer sein. Dazu kam es leider nicht. In fünf Beiträgen auf meinem privaten Blog habe ich mich mir den Prozess beschäftigt. Hier mein Text über das Mediemecho:

In den niederländischen Regionalmedien aus Groningen, Leeuwarden und vor allem in Harlingen wurde über den Jahrestag der Verschleppung vom 16. Januar 1945 ins KZ Neuengamme in den Medien informiert und es erfolgte eine Nachberichterstattung.

Dagblad van het Noorden

110 Männer aus den drei nördlichen Provinzen verließen am 16. Januar 1945 das Konzentrationslager Neuengamme. Niemand kam zurück

Die Regionalzeitung Dagblad van het Noorden berichtete am 14. Januar 2024 in Ihrem Ausgabe in Groningen und Leeuwarden darüber. „In Hamburg und Harlingen finden diese Woche Gedenkfeiern statt.“Im redaktionellen Gespräch mit Floris Hommes aus Groningen, dessen Großonkel Gerrit Hommes zu den deportierten und ermordeten Niederländern vom 16. Januar 1945 gehörte. erzählte Floris, dass Gerrit Christiaan ein 34-jähriger Krankenversicherungsinspektor war, der sich während des Krieges dem Widerstand anschließ. 

„Ich weiß nicht genau, was er für den Widerstand getan hat. Zu Hause wurde nicht darüber gesprochen. Meine Familie hat im Krieg viel durchgemacht. 

Mein Großvater, also der Bruder von Gerrit Christiaan, war Polizeibeamter im ehemaligen Niederländisch-Indonesien. … Sie hatten viele Traumata, aber in dieser Familie wurde nie darüber gesprochen. Mein Vater, der nach dem Krieg geboren wurde, begann erst am Ende seines Lebens über die Geschichte seines Onkels zu sprechen. Nach seinem Tod begann ich mich auch damit zu beschäftigen. Und jetzt bin ich Vorsitzender der Lagerhaus G Heritage Foundation.“ Hommes erinnert sich, dass er 2018 zum ersten Mal in dem Lager herum ging.

Da am 16. Januar wie in Hamburg auch ein Gedenken in Harlingen stattfinden sollte, führte das Dagblad van het Norden auch ein Gespräch mit Jan Norg(82), dessen Vater Klaas in Neuengamme ums Leben kam. „Ich bin von 1941 und habe nicht viele Erinnerungen an ihn. Und was ich habe, ist von den Geschichten meiner Geschwister eingefärbt. Mein Vater arbeitete als Steuerbeamter und war im Widerstand. Er war unter anderem an der Hilfe für Untergetauchte und der Verbreitung illegaler Zeitschriften beteiligt.“

Klaas Norg wurde schließlich verraten. „Im Januar fand eine mehrtägige Razzia statt, bei der 25 Personen verhaftet wurden. So landete er auf dem Transport, der am 16. Januar von Groningen abfuhr. Die meisten gehörten zu einer der Widerstandsgruppen, die in einer der drei nördlichen Provinzen aktiv waren. Am 18. Januar 1945 kommen sie in Neuengamme an. Sie werden in zwei Gruppen eingeteilt: Siebzig, darunter mein Vater, erhalten eine Torsperre.“

Podcast zum 16. Januar 1945

Das Dagblad van het Noorden schrieb auch darüber, dass eine Kollegin ihrer Redaktion an dem Gedenken in Harlingen teilnehmen wird. „Journalistin Leonie Sinnema vom Dagblad van het Noorden wird am Dienstag, den 16. Januar, bei der Gedenkfeier in Neuengamme anwesend sein. Sie macht einen Podcast über den Transport, der am 16. Januar 1945 abfuhr.“ Der Podcast soll 2025 erscheinen. Einer der Niederländer, der am 16. Januar 1945 verschleppt und in Neuengamme ermordet wurde, war Leendert Sinnema.

IHarlinger Courant aus Harlingen wurde am 12. Januar 2024 eine Ankündigung der Blumenniederlegung an 16. Januar 2024 veröffentlicht, einem Text von Jan Norg, der auf auf der Web-Seite der Gemeinde Hartlingen publiziert wurde.

FrieschDagblad

Das FrieschDagblad, dass wie das Dagblad van het Norden zur Mediengruppe „Mediahuis Noord“ gehört, berichte nach dem Zusammentreffen am 16. Januar 2024 über das Treffen am Mahnmal auf dem Harlinger Friedhof. „Kurzes und denkwürdiges Gedenken am Neuengamme-Denkmal“.

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