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Holger Artus

Eine Info an unsere Nachbarn zum 9. November 1938

Liebe Nachbarn, in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten in Hamburg die jüdischen Gotteshäuser, auch die Bornplatz-Synagoge im Grindelviertel. Jüdische Geschäfte wurden zerschlagen, fast 1.000 jüdische Männer von der Hamburger Polizei festgenommen und viele in KZs verschleppt. Das Zigarrengeschäft von Iwan Andrade in der Bellealliancestraße 66 wurde buchstäblich zerlegt. Er gehörte zu denen, die willkürlich in der Polizeistation in der Bundesstraße 96 inhaftiert und von dort in das KZ Sachsenhausen verschleppt und misshandelt wurden.

Für die in Hamburg noch lebenden jüdischen Familien war es der letzte Anlass, Deutschland zu verlassen. Es kam zu einer Ausreisewelle, vor allem die Kinder sollten gerettet werden. Über den Altonaer Bahnhof wurden für hunderte Minderjährige Kindertransporte organisiert, die vor allem nach England, aber auch nach Frankreich und Schweden führten. Erika Freundlich, deren Familie die Hansa-Apotheke an der Ecke Fruchtallee/Vereinsstraße gehörte, sah ihre Eltern am 14. Dezember 1938 das letzte Mal. Ihr Onkel musste sein Geschäft in der Agathenstraße 7 schließen. 

Wir wollen mit einer Kundgebung am  9. November 2023 um 18 Uhr an die Pogrome gegen jüdische Menschen vor 85 Jahren erinnern. Die Gesellschaft damals war einverstanden, dass der Mob brandschatzen konnte. Die antisemitische Hetze von Staat und Politik, die gleichgeschalteten Medien hatten eine Gruppe von Menschen in der öffentlichen Meinung  komplett isoliert und ihnen verschwörerische Eigenschaften zugewiesen, die der deutschen „Rasse“ Schaden zufügen würden und die im Blut der jüdischen Menschen genetisch codiert gewesen sein sollten. 

Aktuell sind alle Blicke auf die furchtbaren Taten der Hamas gegenüber den Bürger:innen Israels, den furchtbaren Entführungen und den Folgen des Überfalls gerichtet. Die Hamas ist eine islamistische Terrororganisation. Sie vertritt nicht die Interessen der Palästinenser:innen. Die in Berlin lebende, 101-jährige Margot Friedländer, eine Holocaust-Überlebende und nach Theresienstadt Deportierte, sagte aktuell im Tagesspiegel: „Die Hamas ist schlecht zu den Palästinensern in Gaza. Sie respektieren ihre eigenen Leute nicht. Denn sie nehmen die als Schutz für sich. Das ist doch nicht menschlich. Und es ist feige.“ Wir meinen, dass die Hamas die politische Lage destabilisieren will und auf eine katastrophale Eskalation in der Region setzt. Eine Friedensperspektive für den Nahen Osten soll durch sie zerstört werden, das ist ihr Ziel. Wer das Existenzrecht Israels bekämpft oder in Frage stellt, verfolgt u.E. antisemitische Motive. Dagegen stellen wir uns mit unseren Möglichkeiten. Wir sind solidarisch mit den jüdischen Menschen, bei uns wie in Israel. Wir sehen weitere Herausforderungen, die sich in Folge des Terrors der Hamas stellen, aber heute geht es uns um eine klare Positionierung gegen Antisemitismus.

Wir laden Sie ein: Kommen Sie zu unserer Kundgebung am Donnerstag, den 9. November 2023 um 18 Uhr, die vor dem Eingang der Ganztagsgrundschule Sternschanze an der Altonaer Straße 38 stattfindet! Wir beide werden zuvor um 16.30 Uhr auch auf dem Bornplatz im Grindelviertel sein, um uns an die Seiten der Jüdischen Gemeinde in Hamburg zu stellen.

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