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Holger Artus

Ein neuer Versuch, Paten:innen für Stolpersteine zu gewinnen – Thadenstraße 79/93

Heute habe ich eine Info in der Nachbarschaft um die Thadenstraße 79/83 verteilt. Es gibt erste Finanzierungszusage, aber am Ziel bin ich noch nicht. Neben dem Eigentümer, habe ich Vereine in der unmittelbaren Umgebung angeschrieben und jetzt eben die Nachbarschaft.

Am 11. März 1943 wurde die Familie Lutz/ Rosenbach aus dem damaligen Wohnhaus in der Großen Gärtnerstraße 79/83, heute Thadenstraße 79/83, nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Sie gehörten zur nationalen Minderheit, dem Volk der Sinti, die seit Jahrhunderten in den deutschen Regionen lebten. Sie hatten die deutsche Staatsbürgerschaft, waren christlichen Glaubens, in der katholischen Kirche und die Kinder gingen hier zur Schule.

Was will ich von Ihnen?

Gerne würde ich versuchen, Sie für eine Patenschaft für einen Stolperstein zu gewinnen? Mit dieser Info möchte ich Ihnen etwas über die Familie, zu den Hintergründen der Verfolgung erzählen und zu meiner Fragestellung argumentieren. Ich würde mich freuen, wenn Sie mein Anliegen kritisch prüfen würden. 

Wer waren Ihre Nachbarn?

Seit Mai 1939 wohnte Wilhelm Lutz (geboren 20. August 1908) mit seiner Partnerin, Else Rosenbach (geboren 14. Januar 1913) und den beiden Kinder, Johann (geboren am 17. September 1935) und Rudolph (geboren 11. Juli 1934) in der Thadenstraße 79/83. Bis dahin war ihr zu Hause in der Vereinsstraße 18. Die Familie Lutz wohnte hier seit 1924. Am 15. März 1941 kam noch Joseph in der Gärtnerstraße 79/83 zur Familie dazu. Die Familie wohnte im 1. Stock des Vordergebäudes der Fischräucherei, Johann Wedel. Wilhelm Lutz war von Beruf Schlosser und arbeitete seit Jahren auf der Werft von “Blohm & Voss” im Hamburger Hafen.

Die Fischräucherei Johan Wedel finden Sie heute nicht mehr an der Ecke Thadenstraße/ Bernstorffstraße. Hier ist heute das Buddhistische Zentrum, die das Grundstück und die vorhandenen Gebäude 1997 übernahm. Alte Räume wurden saniert und neue geschaffen. Aus einem der großen Fabrikräume ist heute z.B. ein schöner Meditationsraum geworden. 

Sinti und Roma waren für das NS-Regime nicht “reinen Blutes” und würden das “deutsche Erbgut” schädigen. Sie wurden von ihnen rassistisch verfolgt und misshandelt. 1939 wollte man zuerst alle Roma und Sinti in Hamburg in einem Lager in Billstedt kasernieren und sie zur Zwangsarbeit einsetzen. Die Lager-Absicht wurde später aufgegeben. Das NS-Regime ging erst den Weg der Verschleppung aus Deutschland. Am 20. Mai 1940 wurden 1.000 Sinti und Roma über den Hamburger Hafen (Fruchtschuppen C) ins polnische Belzec deportiert. Hier begann ihre massenhaften Ermordung. 

Die Familie Lutz/Rosenbach wurde mit der zweiten Deportation von Sinti und Roma am 11. März 1943 aus Hamburg nach Auschwitz verschleppt.

An dem Tag waren es 357. Vom Hannoverschen Bahnhof (heute hinter dem SPIEGEL Gebäude in der Hafencity) ging die Zugfahrt los. Am 14. März 1943 kamen sie in Auschwitz an. Es gab ein extra Lager für die so genannten Zigeuner. Zwischen März und April 1944 wurden alle fünf ermordet. Insgesamt sollen zwischen 250.000 bis 500.000 Sinti und Roma ermordet worden sein.

Wie würde das mit der Patenschaft für einen Stolperstein laufen?

Die Stolpersteine auf den Gehwegen erinnern an NS-Opfer. Ich finde die Idee sehr gut, da man etwas dazu beitragen kann, damit das Geschehene nicht vergessen wird. Das Bild, das in unserer Nachbar-schaft passierte, hat für mich auch einen mahnenden Hinweis, aufmerksam durchs Leben zu gehen. Die Steinen sind in meinen Augen eine angemessene Form einer stillen Erinnerung. Selber habe ich mit den Stolpersteinen unmittelbar nichts zu tun. Würde es sie für die Lutz/Rosenbach geben, wäre es der erste Ort, der auf die Existenz der Familie hinweist. 

Falls Sie sich für Patenschaft interessieren, können Sie sich auf der Web-Seite www.stolpersteine-Hamburg,de unter dem Navigationspunkt “Pate/Patin werden” informieren. Eine Patenschaft beträgt einmalig 120 €. Im Zweifel stehe ich Ihnen aber auch für Rückfragen zur Verfügung. 

Vielen Dank für Ihr Interesse.

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