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Holger Artus

Eine Erinnerung an die Zusammenarbeit jüdischer Zwangsarbeiter und italienischer Zwangsarbeiter bei Oskar Wille

In Vorbereitung eines Telefonats mit dem 100-jährigen Kurt Goldschmidt aus New York war ich über seine Geschichte gestolpert, dass jüdische Zwangsarbeiter u. italienische Militärinternierte ab 1943 bei Oskar Wille zusammenarbeiteten. Ein Zeitzeuge erzählt:

Oskar Wille war ursprünglich ein Heizungsbauunternehmen und war 1920 gegründet worden, hatte seinen Standort in der Eimsbüttelerstraße 36 im Hinterhof (36a) in damaligen preußischen Altona. In der NS-Zeit stellte es Kriegsmaterial für die Marine her.

„Die Teile, die hier produziert wurden, wurden Scheckels (Schäkel) genannt. Es war ein Kettenglied, was man aufmachen konnte, um andere Kettenglieder miteinander zu verbinden“, erinnert sich der Kurt Goldschmidt, der seit der Schließung der jüdischen Werkschule für Schlosser in der Straße „Beim Schlump“ im April 1941 dort arbeiten musste. Zusammen mit weiteren fünf jüdischen Zwangsarbeiter war der dazu verpflichtet worden, bei Oskar Wille zu arbeiten. 

Sie waren aber nicht alleine: Seit Dezember 1941 wurden dort auch zehn französische Zwangsarbeiter eingesetzt. Später kamen sowjetische Kriegsgefangene und italienische Mililtärinternierte (IMI) dazu. „Diese Kriegsgefangenen wurden morgens von älteren Soldaten gebracht und Nachmittags wieder abgeholt; “ erinnerte sich Kurt Goldschmidt. Die IMI lebten im Lager in der Schilleroper. 

„Wir hatten keine Möglichkeit, mit den Russen zu sprechen, da sie kein deutsch verstanden und keiner von uns russisch sprechen konnte. Aber die Italiener, … konnten schon ein wenig deutsch sprechen und wir verstanden uns mit ihnen seht gut. Ein Neopolitianer ist mir noch heute im Gedächnis. Er war so lustig und hatte immer einen Scherz zu vermitteln. Offiziel war es streng verboten, mit ihnen zu sprechen… Wenn Herr Wille in die Werkstatt kam, war er uns, nicht zu den Italiener zu sagen.“ Über die Arbeitsbedingungen der sowjetischen Kriegsgefangenen und italienischen Militärinternierten bei Oskar Wille sagte er, dass sie meisten an Schleifstein arbeiten mussten. „was keiner gerne mochte, da es soviel Staub vom Stein produzierte, den man einatmete.“ 

Die meisten Zeit musste Goldschmidt an der Werkbank an der Fräsmaschine arbeiten. Da sie schon sehr alt und klapprig waren, so das die Werkzeuge oft brachen. „Ehrlich gesagt, ich war sehr froh, … wenn der Fräser brach“ und freute mich,“ dass ein Werkzeug, welches Kriegsmaterial herstellte, kaputt gegangen war.“

Während Kurt Goldschmidt im Februar 1945 noch nach Theresienstadt deportiert wurde, da in die Nazis zum „Volljuden“ erklärten, mussten die IMI weiter bei Oskar Wille arbeiten.

Kurt wurde in Theresienstadt/Terezin im Mai 1945 von der Roten Armee befreit und kam nach Hamburg zu seiner Mutter und Schwester zurück. Er wollte an einem neuen und demokratischen Deutschland mitwirken. Später verschlug es ihn nach New York, wo er gerade seinen 100. Geburtstag in New York mit seinen Kindern feierte. Oskar Wille Heizungstechnik wurde 2003 aus dem Handelsregister gelöscht. Für eine Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter hat er nie einen Pfennig bzw. Cent bezahlt.

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