Ansichten

Holger Artus

Nicht immer ganz leicht

Die Erinnerung an den 8. September 1943, die in Italien zur Verschleppung der italienischen Soldaten und ihrem Status als „Militärinternierte“ führte, hatte 2023 in Hamburg wieder zu einigen Aktivitäten geführt. Leider stellen sich Zukunftsfragen.

Zum 8. September 1943 gab es in Hamburg eine Kundgebung in der Hafencity und zwei Buchvorlesungen im italienischen Kulturinstitut und auf Kaltehofe, bei der Stiftung Wasserkunst. Quantitativ befindet sich alles auf dem Niveau des Vorjahres. Qualitativ wurden die Bezüge, mit anderen zusammen daran zu erinnern, ausgebaut. Mit der deutschen Übersetzung des Tagebuchs von Marino Ruga, einem IMI der Hamburger Wasserwerke, wurde gewissermaßen eine bleibende Erinnerung geschaffen. Das was nur Dank Hamburg Wasser in der Form möglich. Leider hat die Produktion und Herstellung des Buchs viel Kraft gebunden und Beziehungen herausgefordert, die politische Arbeit und Zusammenarbeit wurde m.E. belastet.

Das Tagebuch wurde auf zwei Veranstaltungen am 6. und 7. September 2023 vorgestellt. Der Sohn von Marino Ruga, Gianni, konnte dabei sein. Ein Ort war die Wasserkunst Elbinsel Kaltehofe. Hier hatte Marino von Oktober 1943 bis Mai 1945 immer wieder gearbeitet, also ein sehr angemessener Ort, dieses Tagebuch vorzustellen. Hamburg Wasser hat dies alles ermöglicht.

Der Anlass des 8. September 1943 wurde wieder genutzt, um über die IMI, ihr Leben und die Arbeitsorte in Hamburg auf der Web-Seite https://imiinhamburg.wordpress.com weiteres zu erzählen. Durch die Erinnerungsarbeit in den vergangenen vier Jahren haben sich neue Kontakte ergeben, was auch dazu führte, dass diese Jahr mehr Angehörige im Zusammenhang mit dem Termin in Hamburg waren. Der Besuch von Flavia Giona und Maria Grazia Alemanno führte zu neuer Recherchen oder neuen Erkenntnissen.

Die Zusammenarbeit mit Unternehmen war intensiver und umfangreicher, aber damit auch mit vielen Enttäuschungen verbunden. Unternehmen der Stadt Hamburg wie die Stadtreinigung, die HPA, Gas- oder Stromnetz gehen mehr den Weg der Verweigerung zur Erinnerung an die NS-Zwangsarbeit, denn der Aufklärung. Der Unterschied zu den privaten Konzernen ist, dass die „Ehrenrunden“ wenigsten zu Absagen führen. Allerdings wirken die freundlichst formulierten Absagen wie eine Backpfeife, so gestanzt erscheinen die, dass man glauben soll, sie haben sich abgestimmt Ihre betonte Freundlichkeit verrät sie in meinen Augen.

Im Rahmen der Gespräche ging es auch um den 8. September 2024 und anderen Erinnerungsaktivitäten 2024. Es ist normal, dass Gespräche im Laufe der Zeit nicht zu erhofften Ergebnissen führen oder man selber die Potentiale der Erzählung oder sich selber überschätzt hat. Die Gespräche mit dem Kampnagel-Projekt und dem Netzwerk E sind sehr inspirierend. Ob und was sich daraus ergibt, werde ich dann für mich bilanzieren. Aktuell formuliere ich Kriterien, um was es gehen könnte und was die eigene Interessenlage sein sollte. Meine Erfahrung dabei mit dem FZH hat für mich einen Tiefpunkt erreicht beim Thema der IMI. Je weiter weg, desto besser. Ich habe mich entsprechend gegenüber dem FZH ausgelassen. Die teilen das natürlich nicht.

Andere Erinnerungsformate sind im kommenden Frühjahr in der Debatte. Neue Partnerschaften bezogen auf den Anlass tun sich auf. Sicher ist, dass es sich für mich nicht mehr wie „gewohnt“ vollziehen wird. Mir geht es um den Dialog beim konkreten Thema, der Beziehungsauf- und -ausbau, des prüfen von Potentialen für eine temporäre Zusammenarbeit in der Erinnerungsarbeit. Für mich geht es mehr um den Bereich der politischen Zusammenarbeit am Thema der NS-Zwangsarbeit, denn deren reine Darstellung. Mögen es andere machen, Selbstdarstellung ist nicht mein Ding. Der Blog https://imiinhamburg.WordPress.com soll dokumentieren, natürlich, aber der Ansatz ist, die mit Menschen vor Ort irgendwie einzubeziehen oder eben dem Beziehungsausbau, so dass irgendetwas praktisches passiert.

In den letzten vier Jahren ist viel zu den IMI erzählt und aufgeschrieben worden, was weit über den Stand hinausging, was z.B. in der Arbeit von Frederike Littmann aufgeschrieben wurde. Es ist für mich aber nur der Beleg, dass die Recherche-Arbeit zu vielen neuen Erkenntnissen führen könnte, wenn sie nicht nur auf den Zweck der Forschung ausgerichtet ist, sondern das Thema in die lokalen Beziehungen versucht wird, einzubringen, eben des Austausch mit der Nachbarschaft.

Erinnerungsarbeit muss finanziert werden. Das ist nicht immer leicht und hatte sich dieses Jahr mehr denn je gestellt. Ich will nicht an Vereine gebunden sein. Man muss frei sein, sich zu trennen, ohne das ein Verein bindet. Eben temporärer Zusammenarbeit, so lange sie trägt, wie es gut geht. Finanzierung bedarf aber auch eines solidarischen Verhaltens. Das zerlegt sich gerade, weil eine Zahlung nicht als Spende eingeworben kann, da es niemand machen will. So eine Rahmenbedingung kann existenziell sein.

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