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Holger Artus

Zwangsarbeitslager für italienische Militärinternierte bei Püst & Gille in Rahlstedt (I)

Ein Zwangsarbeitslager der Gebrüder Püst & Gille in unmittelbarer Nähe des Rahlstedter Bahnhofs („Lager Bahnhof Rahlstedt“) bestand von 1943 bis 1945 der Ahrensburger Straße 12/16. Anfragen Angehöriger italienischer Militärinternierten auf der Suche nach Lebensstationen in Hamburg von September 1943 bis Mai 1945 ihren Großvätern haben neue Informationen zum Lager zu den gefangen gehaltenen Italienern zu Tage gebracht.

Im „Lager Bahnhof Rahlstedt“ lebten seit dem 27. Juli 1943 108 sowjetischen Zwangsarbeitsarbeiter:innen und 27. September 1943 117 italienische Militärinternierte und mussten für die Gebr. Püst & Gille arbeiten.

An der heutigen Bargteheider Straße 12/16 erinnert nichts an die Hunderten Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion und Italien. Das Unternehmen gibt es heute nicht mehr.  Schaut man sich in Hamburg-Rahlstedt zu anderen Zwangsarbeitslager für italienische Militärinternierte wie die 59 bei Arthur Crone in der Rahlstedter Straße 29 (damals Wandsbeker Weg 29) um, findet man auch nichts. Vergessen und vermutlich will man auch nicht erinnert werden. 

Walter Gille hatte seit Anfang der 1940er Jahre, zusammen mit den Gebrüdern Püst aus der damaligen Ahrensburger Straße 12/16 in Hamburg-Rahlstedt, ein gemeinsames Unternehmen gegründet: Gebr. Püst & Gille. 1943 konnte man den Zweck des Unternehmens lesen: Haus und Barackenbau. Die Püst waren seit vielen Jahrzehnten Maurer und Tischler. Walter Gille war Zimmerermeister und Architekt.

Einer der 117 IMI bei Püst & Gille war Aldo Abram. Er wurde am 24. November 1924 in Chiavenna geboren.  Der Krieg und die Gefangennahme der italienischen Soldaten ab September 1943 änderte auch sein Leben grundlegend.  Nach dem Sturz der faschistischen Regierung Mussolini im Sommer 1943 verhandelte die neue Regierung mit den Alliierten. Am 8. September 1943 gaben beide Parteien einen Waffenstillstand bekannt. Dieser in den Augen Hitlers begangene “Verrat” führte zur Entwaffnung der italienischen Soldaten. In Deutschland wurden sie als “Verräter”und Sie wurden als „Badoglio“ beschimpft. Ihre Behandlung in den Lagern und bei der Zwangsarbeit in Deutschland war sehr schlecht. Insgesamt waren es über 650.000 italienische Soldaten, die durch Hitler den Status der italienischen Militärinternierten bekamen. 60.000 IMI verloren in dieser Zeit ihr Leben.

Aldo Abram  gehörte zu den 15.000 italienischen Militärinternierten, die in über 600 Hamburger Unternehmen arbeiten mussten. Über seine Ankunft in Hamburg schrieb er in  seinem Tagebuch über den 27. September 1943:”Ich wurde in das Lager Rahlstedt am nördlichen Stadtrand von Hamburg verlegt.“ Über die Umstände im Lager und der Arbeit notierte er: „Wir waren zu 125 Häftlingen in einer Baracke zusammengepfercht, die von einem Drahtzaun umgeben war. Fünf Soldaten bewachten uns und wir aßen einmal am Tag, am Abend. Ich war schlecht gekleidet und hatte die Initialen MI, Militari Italiani, ja auf den Rücken gestempelt. Wir arbeiteten zehn Stunden am Tag an verschiedenen Maschinen im Sägewerk von Pust und Gille in Rahlstedt …. Es waren auch sechzig russische Zwangsarbeiter  im Lager. Oft nahmen uns die Soldaten, die uns bewachten, mit zur Arbeit an der Eisenbahn, um die Schäden der ständigen Bombardierung aus der Luft zu beheben. Wir arbeiteten die ganze Zeit, auch bei schlechtem Wetter. Auch an Schlägen mangelte es nicht, denn sie verlangten, dass wir immer härter arbeiteten, obwohl wir nicht die Kraft dazu hatten … Wir mussten oft die Trümmer wegräumen. Sie nahmen zwei oder drei Gefangene mit, um an ihren Häusern zu arbeiten. Manchmal war es gut (sie gaben uns Essen und ich bekam auch Kleidung), aber meistens war es schlecht: Sie verlangten zu viel und behandelten uns schlecht.”

Aldo Abram notierte in seinem Tagebuch im Mai 1945: “Endlich die Befreiung, mit dem Eintreffen der britischen Truppen.”  Während er und Gaetano wie die anderen IMI im Norden im Juni/Juli 1945 über den Bahnhof Dammtor nach Italien zurück transportiert wurden, dürften Walter Gille anderen Gedanken durch den Kopf gegangen sein, wenn man sein Tun nach der Befreiung 1945 sich ansieht. Er war einer, der nach 1945 anpacken wollte, um nach dem Chaos der Verelendung durch den Krieg “, wie es in der Satzung des 1946 gegründeten „Schafferkreis“ in Hamburg Rahlstedt stand,  das Gute Fördern“ und „die Liebe zur Wahrheit sollte gefordert und gefördert werden”. Als dieser Kreis gegründet wurde, war die britische Administration von Hamburg nicht bereit, alle deren Mitglieder die Möglichkeit der Vereinsmitgliedschaft zu genehmigen. 160 von 230 wurde es nicht erlaubt,

Gille wollte als Wohltäter auftreten, um sich ein neues Image zu verschaffen. Für die Gemeindebibliothek baute er einen umfangreichen Bücherschrank . Auf der ersten „Sommer-Sonnwendfeier“  1946 in Rahlstedt hatte er als Preise u. a. Pakete mit je zehn Briketts sowie Kleinmöbel von den Firmen Crone & Co und Püst & Gille gespendet. Für die Weihnachtsfeier Rahlstedter Kinder im  Dezember 1946 fertigte sie zusammen mit einem weiteren Rahlstedter Bauunternehmung Crone & Co.(bis 1945 auch italienische Militärinternierte ausgebeutet) „Schaukelpferde, Steckenpferde, Leiter- und Blockwagen, Schemel, Puppenwagen und Stühlchen an.” 1952 baute Walter Gille im Hamburg Rahlstedt für die in der Sowjetunion verurteilten Kriegsverbrechern unter den deutschen Soldaten, die aus dem überfallenen und verwüsteten entlassen wurde, ein Säule und eine “Opferschale”. Nach ihrer Fertigstellung wurde sie 1954 von den reaktionären Heimkehrer-Verbänden der deutsche Wehrmacht “eingeweiht”. 

Die “Liebe zur Wahrheit” hat ganz offenbar unternehmerische  Grenzen, denn an die von 1942 bis 1945 eingesetzten Zwangsarbeiter kann man nichts im Netz finden. In der EVZ-Spendenliste kommen die beiden Familiennamen Püst und Gille nicht vor. Bereits 1955 hatte sich das gemeinsame Unternehmen wieder aufgelöst. Die Ausbeutung  der Zwangsarbeiter:innen wie die der italienischen wie die italienischen Militärinternierten wurden nie entschädigt.

Zwangsarbeiterslager für italienische Militärinternierte bei Püst & Gille in Rahlstedt

Ein Zwangsarbeitslager der Gebrüder Püst & Gille in unmittelbarer Nähe des  Rahlstedter Bahnhofs („Lager Bahnhof Rahlstedt“) bestand von 1943 bis 1945 der Ahrensburger Straße 12/16. Anfragen Angehöriger italienischer Militärinternierten auf der Suche nach Lebensstationen in Hamburg von September 1943 bis Mai 1945 ihren Großvätern haben neue Informationen zum Lager zu den gefangen gehaltenen Italienern zu Tage gebracht. 

Im „Lager Bahnhof Rahlstedt“ lebten seit dem 27. Juli 1943 108 sowjetischen Zwangsarbeitsarbeiter:innen und 27. September 1943 117 italienische Militärinternierte und mussten für die Gebr. Püst & Gille arbeiten. An der heutigen Bargteheider Straße 12/16 erinnert nichts an die Hunderten Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion und Italien. Das Unternehmen gibt es heute nicht mehr.  Schaut man sich in Hamburg-Rahlstedt zu anderen Zwangsarbeitslager für italienische Militärinternierte wie die xxx bei Arthur Crone in der Rahlstedter Straße 29 (damals Wandsbeker Weg 29) um, findet man auch nichts. Vergessen und vermutlich will man auch nicht erinnert werden. 

Walter Gille hatte seit Anfang der 1940er Jahre, zusammen mit den Gebrüdern Püst aus der damaligen Ahrensburger Straße 12/16 in Hamburg-Rahlstedt, ein gemeinsames Unternehmen gegründet: Gebr. Püst & Gille. 1943 konnte man den Zweck des Unternehmens lesen: Haus und Barackenbau. Die Püst waren seit vielen Jahrzehnten Maurer und Tischler. Walter Gille war Zimmerermeister und Architekt.

Einer der 117 IMI bei Püst & Gille war Aldo Abram. Er wurde am 24. November 1924 in Chiavenna geboren.  Der Krieg und die Gefangennahme der italienischen Soldaten ab September 1943 änderte auch sein Leben grundlegend.  Nach dem Sturz der faschistischen Regierung Mussolini im Sommer 1943 verhandelte die neue Regierung mit den Alliierten. Am 8. September 1943 gaben beide Parteien einen Waffenstillstand bekannt. Dieser in den Augen Hitlers begangene “Verrat” führte zur Entwaffnung der italienischen Soldaten. In Deutschland wurden sie als “Verräter”und Sie wurden als „Badoglio“ beschimpft. Ihre Behandlung in den Lagern und bei der Zwangsarbeit in Deutschland war sehr schlecht. Insgesamt waren es über 650.000 italienische Soldaten, die durch Hitler den Status der italienischen Militärinternierten bekamen. 60.000 IMI verloren in dieser Zeit ihr Leben.

Aldo Abram  gehörte zu den 15.000 italienischen Militärinternierten, die in über 600 Hamburger Unternehmen arbeiten mussten. Über seine Ankunft in Hamburg schrieb er in  seinem Tagebuch über den 27. September 1943:”Ich wurde in das Lager Rahlstedt am nördlichen Stadtrand von Hamburg verlegt.“ Über die Umstände im Lager und der Arbeit notierte er: „Wir waren zu 125 Häftlingen in einer Baracke zusammengepfercht, die von einem Drahtzaun umgeben war. Fünf Soldaten bewachten uns und wir aßen einmal am Tag, am Abend. Ich war schlecht gekleidet und hatte die Initialen MI, Militari Italiani, ja auf den Rücken gestempelt. Wir arbeiteten zehn Stunden am Tag an verschiedenen Maschinen im Sägewerk von Pust und Gille in Rahlstedt …. Es waren auch sechzig russische Zwangsarbeiter  im Lager. Oft nahmen uns die Soldaten, die uns bewachten, mit zur Arbeit an der Eisenbahn, um die Schäden der ständigen Bombardierung aus der Luft zu beheben. Wir arbeiteten die ganze Zeit, auch bei schlechtem Wetter. Auch an Schlägen mangelte es nicht, denn sie verlangten, dass wir immer härter arbeiteten, obwohl wir nicht die Kraft dazu hatten … Wir mussten oft die Trümmer wegräumen. Sie nahmen zwei oder drei Gefangene mit, um an ihren Häusern zu arbeiten. Manchmal war es gut (sie gaben uns Essen und ich bekam auch Kleidung), aber meistens war es schlecht: Sie verlangten zu viel und behandelten uns schlecht.”

Aldo Abram notierte in seinem Tagebuch im Mai 1945: “Endlich die Befreiung, mit dem Eintreffen der britischen Truppen.”  Während er und Gaetano wie die anderen IMI im Norden im Juni/Juli 1945 über den Bahnhof Dammtor nach Italien zurück transportiert wurden, dürften Walter Gille anderen Gedanken durch den Kopf gegangen sein, wenn man sein Tun nach der Befreiung 1945 sich ansieht. Er war einer, der nach 1945 anpacken wollte, um nach dem Chaos der Verelendung durch den Krieg “, wie es in der Satzung des 1946 gegründeten „Schafferkreis“ in Hamburg Rahlstedt stand,  das Gute Fördern“ und „die Liebe zur Wahrheit sollte gefordert und gefördert werden”. Als dieser Kreis gegründet wurde, war die britische Administration von Hamburg nicht bereit, alle deren Mitglieder die Möglichkeit der Vereinsmitgliedschaft zu genehmigen. 160 von 230 wurde es nicht erlaubt,

Gille wollte als Wohltäter auftreten, um sich ein neues Image zu verschaffen. Für die Gemeindebibliothek baute er einen umfangreichen Bücherschrank . Auf der ersten „Sommer-Sonnwendfeier“  1946 in Rahlstedt hatte er als Preise u. a. Pakete mit je zehn Briketts sowie Kleinmöbel von den Firmen Crone & Co und Püst & Gille gespendet. Für die Weihnachtsfeier Rahlstedter Kinder im  Dezember 1946 fertigte sie zusammen mit einem weiteren Rahlstedter Bauunternehmung Crone & Co.(bis 1945 auch italienische Militärinternierte ausgebeutet) „Schaukelpferde, Steckenpferde, Leiter- und Blockwagen, Schemel, Puppenwagen und Stühlchen an.” 1952 baute Walter Gille im Hamburg Rahlstedt für die in der Sowjetunion verurteilten Kriegsverbrechern unter den deutschen Soldaten, die aus dem überfallenen und verwüsteten entlassen wurde, ein Säule und eine “Opferschale”. Nach ihrer Fertigstellung wurde sie 1954 von den reaktionären Heimkehrer-Verbänden der deutsche Wehrmacht “eingeweiht”. 

Die “Liebe zur Wahrheit” hat ganz offenbar unternehmerische  Grenzen, denn an die von 1942 bis 1945 eingesetzten Zwangsarbeiter kann man nichts im Netz finden. In der EVZ-Spendenliste kommen die beiden Familiennamen Püst und Gille nicht vor. Bereits 1955 hatte sich das gemeinsame Unternehmen wieder aufgelöst. Die Ausbeutung  der Zwangsarbeiter:innen wie die der italienischen wie die italienischen Militärinternierten wurden nie entschädigt.

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