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Holger Artus

Der wirtschaftliche Aufschwung von AUG. PRIEN in der Phase der Kriegsvorbereitung und dem Krieg

Im Entnazifizierungsverfahren 1947 argumentierte Aug. Prien jr., dass er trotz seiner NSDAP-Mitgliedschaft keinerlei wirtschaftlichen Vorteile davon gehabt hätte.

Dabei verfügte das Unternehmen AUG. PRIEN in der NS-Zeit schon über excellente Beziehungen z.B. in Baubehörde. Karl Köster war von 1933 bis 1939 Hamburgs oberster Baudirektor. August Prien sen. betonte laut Kurt Grobecker in seinem Buch „125 Jahre Aug. Prien“, dass in der Zeit bis 1933 die Zusammenarbeit mit Köster als Harburger Baudirektor und Aug.Prien die beiden “über viele Jahre hinweg vertrauensvoll zusammengearbeitet“ hätten.

Das NS-Regime war ein Regime für die Unternehmer, sie hatten Hitler an die Macht geholt. Es zerstörte für sie die politische Opposition. Die KPD, die SPD und die Gewerkschaften wurden verboten, deren Mitglieder verfolgt, inhaftiert und ermordet. Aus dem Verbot der Gewerkschaften ging die DAF hervor und die Nazis schufen die „Betriebsgemeinschaft“ von Unternehmen und Belegschaft. Glaubt man der Erzählung von Kurt Grobecker, dann war August Prien sen. ein Feind der Arbeiterbewegung und war von der „Betriebsgemeinschaft“ überzeugt. So schrieben die Harburger Nachrichten am 13. September 1937 unter der Zeile „Treue um Treue“ über den Kameradschaftsabend von Aug. Prien, dass es ein „erfreuliches Bild der Verbundenheit und Anhänglichkeit der Betriebsleitung mit der gesamten Belegschaft gab.“ August Prien sen. meinte: „Die NSDAP habe diesen … Wandel geschaffen, an der Spitze der Führer, um den uns die ganze Welt beneide.“

Das politische System der Nazis, die Verfolgung der Opposition, der Aufbau eines terroristischen Systems, deren Wirtschaftsstrategie und Kriegsvorbereitung füllte die Kassen der Unternehmen, sie waren die gesellschaftlichen Nutznießer. Das schloss betriebliche Konflikte mit dem Nazis nicht aus, von denen August Prien in dem Entnazifizierungsverfahten auch erzählt. Ähnlich erging es z.B. auch Alfred Bauer, der wie Prien nur auf sein Geschäft ausgerichtet war. Er trat wie August Prien jun. in die NSDAP ein, profitierte von der politischen Strategie der Nazi zu seinem persönlichen finanziellen Nutzen. Die geschäftlichen Entwicklung in Deutschland erfuhr mit Beginn der Vorbereitung des 2. Weltkrieges eine enormem Aufschwung. Von 1937 bis 1940 kam es fast zur Verdoppelung. Die Unternehmensgewinne verachtfachten sich.

Ohne den Einsatz hunderttausender Zwangsarbeiter:innen und Auspressung deren Arbeitsleistung wäre das nicht möglich gewesen. Aug. Prien forderte die Zwangsarbeiter beim Arbeitsamt an und bekam sie zu gewiesen. Auch aus diesem Zwangssystem hatte er seinen direkten Vorteile. Ab 1944 setzte Aug. Prien sogar jüdische KZ-Häftlinge in seinen Bauprojekten  in Harburg ein. 

Geschäftsentwicklung von Aug. Prien in Hamburg 1937 bis 1945 und die Einkommensentwicklung von Aug. Prien jun.

Bis 1936 war August Prien jun. Angestellter im Unternehmen seines Vaters. Mit der gesellschaftsrechtlichen Neuaufstellung durch August Prien sen. wurde er mit 24 prozentiger Beteiligung Gesellschafter und „Leiter und persönlich haftender Gesellschafter“.

Die geschäftliche Entwicklung von AUG. PRIEN Ende der 1930er Jahre machte deutlich, wie das Unternehmen zu den Profiteuren der Nazis gehörte. August Prien führte in seinem Entnazifizierungsverfahren 1946/1947 die Betriebsleistung (nicht nur der Umsatz), die Gewinne/Verluste der Gesellschaft und sein persönlichen Einkommen auf (in RM). Die Betriebsleistung verdoppelte sich fast im Übergang der Kriegsvorbereitung und dem 2. Weltkrieg. 1944, als bereits die militärische Niederlage Hitler-Deutschlands entschieden war, vermeldete AUG. PRIEN die höchste Betriebsleistung. Es war vermutlich die Höchste seit Bestehen des Unternehmens zu dem Zeitpunkt. Aug. Prien verdiente am Krieg und der Kriegswirtschaft.

JahrBetriebsleistungGewinn/VerlustGehalt/Dividende
193311.444 RM
193411.591 RM
193511.400 RM
193613.200 RM
19374.844.000 RM265.000 RM68.524 RM
19386.023.000 RM271.000 RM81.719 RM
19398.085.000 RM111.000 RM36.935 RM
19407.066.000 RM810.000 RM204.713 RM
19417.718.000 RM1.299.000 RM461.305 RM
19428.806.000 RM1.193.000 RM409.496 RM
19435.756.000 RM814.000 RM271.800 RM
19449.650.000 RM./. 86.000 RM165.504 RM
19457.472.000 RM680.000 RM

Quelle: Staatsarchiv Hamburg

Vor der NS-Zeit befand sich AUG. PRIEN in einer sehr schweren Lage

1929 war AUG. PRIEN zahlungsunfähig und musste offenbar einen harten Sanierungsweg durchschreiten. Die Bankschuld betrug am 12. März 1929 rund 760.000 RM. August Prien sen. musste mit seinen Gläubigern ein Moratorium aushandeln, schriebt Kurt Grobecker im Buch „125 Jahre AUG. PRIEN“. (Seite 43). 1 1/2 Jahre später betrug die Bankschuld noch 330.000 RM.

Für den schweren Weg der Sanierung sprach auch die Darstellung im Auszug des Lebenslauf von August Prien in dem Entnazifizierungsverfahren. Das Unternehmen hätte die Schulden bist 1932 zu 100 Prozent zurückgezahlt (eine billige Darstellung, die inhaltlich nicht zutreffend gewesen sein dürfte). August Prien machte auch eine Anspielung, dass sie wirtschaftlich mit der SPD zusammengearbeitet hätten. Das wurde (natürlich) nicht weiter erklärt, was damit gemeint war, aber es könnte sich um den 1932 begonnenen Bau der Rethe-Hubbrücke gegangen sein. Nach Peter Offenborns Darstellung („Interessen der Hamburger Unternehmen am Nationalsozialismus“) gehörte Aug. Prien zu den begünstigten Firmen. Zum Zeitpunkt war die SPD noch im Hamburger Senat. Peter Offenborn schreibt in seinem Buch „Interessen der Hamburger Unternehmen am Nationalsozialismus“ (2021, Seite 813/Anm. 213): „Zu den wenigen bereits 1932 von der Papen-Regierung geplanten Arbeitsbeschaffungs-Großprojekten war für den Hamburger Wirtschaftsraum der Bau der Rethe-Hubbrücke vorgesehen, mit der die Verkehrsverbindung zwischen dem hamburgischen und preußischen Teil des Hafengebiets verbessert werden sollte (ein Vorhaben, für das die Planungen bereits seit längerer Zeit vorlagen). …

Die Rethe-Hubbrücke eignete sich für die NSDAP als Vorzeigeprojekt zur Arbeitsbeschaffung ihres auch in Hamburg propagierten wirtschaftlichen ‚Aufbauprogramms‘. Die Planungen zum Brückenbau waren Anfang der 30er Jahren abgeschlossen, damals aber aus finanziellen Gründen nicht umgesetzt worden. Das Vorhaben wurde dann doch noch vom letzten Hamburger DDP/SPD-Senat zusammen mit anderen Vorschlägen dem Arbeitsbeschaffungsprogramm der Papen-Regierung angeboten.“

Dass es nach der behaupteten Schuldenbegleichung dem Unternehmen finanziell nicht besonders gut ging, dafür sprich auch der eher zögerliche Kauf der Immobilien am Dampfschiffsweg 3 und später Dampfschiffsweg 9/11. Am 17. März 1937 kam es mit der Industriebank (Hannover) in den Räumen der AUG.PRIEN zu einem Bilanzgespräch mit August Prien sen. und Junior sowie dem Geldinstitut. Es bestand Seitens der Bank kein Bedenken „gegen eine Kredithergabe von 40.000 RM unter Sicherstellung auf dem uns angebotenen Grundstück.“ 1937 kaufte Aug. Prien das Grundstück am Dampfschiffsweg 3 und sicherte sich ein Vorkaufsrecht für das Grundstück am Dampfschiffsweg 9/11. „Seinerseits hatten wir vom Kauf Abstand genommen, weil wir während der herrschenden Baukonjunktur unseren flüssigen Mittel nicht schmälern wollten.“ Weiter erklärte das Unternehmen, dass man „zunächst nur das Grundstück Dampfschiffsweg 3 bezahlen konnten, da bei Verkauf … gleich bar bezahlt werden muss.“ Der Mietvertrag für die Nummer 9/11 lief bis zum 31. März 1938. Die verkauftsbereite Behörde schrieb am 20. Aug. 1938, dass man das „Vertragsverhältnis stillschweigend weiter laufen“ lassen haben. Hintergrund war die Kaufabsichtserklärung des Unternehmens. Zum 6. November 1939 endete das Mietverhältnis für das 3.465 große Grundstück und gehörte dann erst AUG: PRIEN.

Der Krieg ließ das Geld in die Kasse von AUG. PRIEN fließen

Die Ergebniszuwächse ab 1940 springen ins Auge. Hitlers Krieg begann. Es gab viele Bauaufträge, wo für die sprunghaft gestiegene Betriebsleistung seit 1939 stand. Prien erweiterte in der Zeit seine Geschäftstätigkeiten. Es machte Umsätze in Norwegen, wohin es den deutschen Truppen nach der Besetzung des Landes gefolgt war. Das Unternehmen war in Stavanger/Norwegen am Bau  von “kriegswichtigen” Anlagen, wie es August Prien schriebt. Auch war Aug. Prien nach dem Überfall 1939 auf Polen dort geschäftlich aktiv. Nach eigenen Angaben wirkte man am Bau von Kasernen mit. Der Ostdeutscher Beobachter vom 6.8.1941, Nr. 216, schrieb dazu: “ „[…] nach 1939 setzte das Harburger Bauunternehmen ‚Aug. Prien‘ auch auf die Erfolge der Eroberungszüge der Wehrmacht im Osten; es ließ sich 1941 in das Handelsregister des Amtsgerichts Posen, Zentrum des Gau Wartheland, mit einer Niederlassung eintragen.“

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