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Holger Artus

Über Ernst Hamlet, einem (jüdischen) Arbeiter, der 1933 von Strom- und Hafenbau rausgeschmissen wurde

Nach den Unterlagen über die entlassenen Arbeiter bei Strom- und Hafenbau 1933, auf der Basis des rassistischen Gesetz zur angeblichen Wiederherstellung des „Berufsbeamtentums“, hatte ich dort auch gelesen, dass ein Arbeiter mit dem Nachnamen „Hamlet“ entlassen wurde, da sein Vater Jude war. Bei meiner Recherchen konnte ich ihm einen Vornamen geben, den Rest fand ich im Staatsarchiv.

An Ernst Hamlet wird man sich bei der HPA beute nicht mehr erinnern. Wäre er ein Baudirektor, irgendwo würde sich vermutlich noch ein Nachruf in Akten finden. Ernst Hamlet war Arbeiter, für die schreibt man keinen Nachrufe. Seit 1927 war er als Betriebshelfer in der Verwaltung von Strom- und Hafenbau beschäftigt. Am 11. August 1933 wurde er entlassen. Juden wollte man bei Strom- und Hafenbau nicht mehr sehen.

Staatsarchiv Hamburg 326-2 II A 228

Das Gesetz zur Wiederherstellung des angeblichen Berufsbeamtentums vom April 1933 zielte darauf, jüdische Menschen aus dem Staatsdienst zu entlassen. Es war auch der Bezugspunkt, politisch Andersdenkende aus dem öffentlichen Dienst rauszuschmeißen. 158 Arbeiter, die in der KPD, der RGO, der SPD oder gegen die Nazis waren, wurden damals auf dieser Basis bei Strom- und Hafenbau entlassen. 

Ernst Hamlet wurde am 4. April 1893 in Berlin geboren, sein Vater, Isidor, wurde in Detmold geboren. Über seine Mutter kann man zur Zeit keine Angaben machen. Am 6. Oktober 1923 heiratete er Hildegard Freyberg. Am 7. April 1924 wurde er von der Baubehörde in der Friedhofsverwaltung als Arbeiter eingestellt. Zum 24. Juli 1927 wechselte Ernst zu Strom- und Hafenbau, die damals zur Behörde (bis 1929) gehörte.

Mit dem Gesetz zur rassistischen Verfolgung und dem Rauswurf jüdischer Menschen aus dem öffentlichen Dienst im April 1933 wurde auch Ernst Hamlet bei Strom- und Hafenbau entlassen. In einem Schreiben vom 31. Juli 1933 wurde festgestellt: „Der Arbeiter Hamlet hat erklärt, dass sein Vater nicht-arisch Abstammung sei.  Da er weder Frontkämpfer noch vor dem 1. August 1914 in den Staatsdienst eingestellt wurde, muss seine fristlose Entlassung ausgesprochen werden.“ Die erfolgte mit Zustimmung des Betriebsrat am 3. August 1933, mit Wirkung zum 11. August 1933.

Staatsarchiv Hamburg 326-2 II A 228

Nach seinem Rauswurf war er fünf Jahre arbeitslos, von dem er verordnete Zwangsarbeit für jüdische Arbeitslose seit 1937/1938 ableisten musste. 1940 wurde er bei der Stülcken-Werft eingestellt und 1943 wegen seiner jüdischen Herkunft wieder entlassen. Danach fand Ernst in einer Wandsbeker Maschinenfabrik wieder Arbeit.

Nach der Befreiung im Mai 1945 wendete sich Ernst Hamlet an Strom- und Hafenbau und machte seine Wiedereinstellung auf Grund seiner rassistischen Verfolgung geltend.  Zum 12. Juni 1948 wurde er wieder eingestellt. Seine Entschädigungsansprüche wegen des Rausschmisses  1933 und den dadurch bedingten finanziellen Schaden berechnete er mit 6.000 RM. Sie wurden vom Unternehmen nicht anerkannt. Hamlet stellte sie später an die Hamburger Sozialbehörde – Wiedergutmachungsamt – , die aber bis zu seinem Tod 1954 nicht darüber entschieden hatte. 

Staatsarchiv Hamburg 351-11_14869

Im Dezember 1950 prüfte die Sozialbehörde, ob sie dem Antrag auf ein Darlehen in Höhe von 200 DM  entsprechen sollte.  Das Wiedergutmachungsamt wendete sich an das zuständige Bezirksamt „Es wird gebeten, einen Bericht über die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse hierher zu geben.“Das Bezirksamt Hamburg-Nord stattete der Familie am 23. Februar 1951 wahrhaftig einen Besuch ab. Es beschreibt die schwere Lage der Familie Hamlet. „Herr Ernst H. als Antragsteller ist seit  dem 29.1.1951 erwerbsunfähig krank (Asthma). Die Ehefrau ist ebenfalls krank. … Die Miete beträgt DM 37 mtl. Es ist nur sehr wenig Hausrat vorhanden. H. bedarf dringend Kleidung und Bettwäsche.” Auf Grund seiner Arbeitsunfähigkeit schied er Anfang 1952 bei Strom- und Hafenbau wieder aus.  

Ernst Hamlet starb am 11. Februar 1954, er wurde gerade 66 Jahre alt. Da er wegen seiner völlig verarmten Lage ein Darlehen auf Gund seiner rassistischen Verfolgung bekommen hatte, prüfte die Sozialbehörde im Zusammenhang mit seinem Tod – da über seinen Entschädigungsantrag noch nicht entschieden worden sei –  ob die Darlehensforderung von 500 DM gerichtlich verfolgt werden soll. Das Sozialamt stellte aber fest, dass keine “Überzahlung” eingetreten sei. “Von der Erstattung einer Strafanzeige wird abgesehen… Das Einziehungsverfahren soll endgültig 1958 eingestellt werden.”

Staatsarchiv Hamburg 351-11_14869

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