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Holger Artus

Eine erste Zwischenbilanz zum 80. Jahrestag der Juli-Deportationen 1942

Nach der für mich gelungenen Erinnerungsaktivität vor der Rosenallee 11 im Hamburger Münzviertel, will ich eine erste Zwischenbilanz aufschreiben.

Es geht inhaltlich um die Erinnerung an den 80. Jahrestag der Deportation über die Schule Schanzenstraße am 15. und 19. Juli 1942 nach Theresienstadt/Terezin. Dazu findet eine Kundgebung am 15. Juli 2022 auf dem Schulhof der Ganztagsgrundschule Sternschanze statt.

Neben der jetzt anlaufenden Bewerbung im Viertel war eine weitere Idee, den Jahrestag zu dezentralisieren. Es fanden an verschiedenen Orten Aktivitäten statt, für ich weitere Unterstützer:innen angesprochen hatte. Im Ergebnis gab es eigene Aufrufe, der vor Ort verteilt wurde und eine eigene Bewerbung in diesen Kreisen, neben der interessieren Öffentlichkeit.

Insgesamt haben an diesen Aktivitäten über 100 Menschen teilgenommen. Das hatte ich nicht erwartet. Zwischen 40 bis 50 war die Erwartungshaltung. Erinnerung im Alltag in den Wohngebieten und Unternehmen ist schon eine Herausforderung, da es eben nicht Alltagssorgen betrifft, wozu Menschen einen Bezug haben. Insofern war die Absicht, Infos zu verteilen, die Inhalte vermitteln, die man vielleicht auch mitnimmt und mit anderen im Gespräch erzählt. Sei es der nicht mehr bestehende Name der Brahmsstraße, da sie heute Griegstraße heißt oder früher Wilhelminenstraße, heute Hein-Hoyer-Straße lautet. Oder die Angabe eines Stockwerks in dem eines der NS-Opfer wohnte.

Insgesamt wurden/werden 20 Infos in der heutigen Nachbarschaft verteilt, wo Lebensstationen ausgewählter NS-Opfer zu Hause waren. Die Recherche zu ihnen verschaffte mir nicht nur Einblicke, es ergaben sich auch neue Projekte, die noch abzuarbeiten sind.

Die Absicht mit den dezentralen Aktivitäten war es auch, dass Thema der „Judenkolonnen“ in Hamburg von 1936 bis 1945 anzugehen. Noch werde ich von den „Wissenden“ etwas skeptisch angesehen, da sie es inhaltlich nicht teilen oder glauben, ich blase ein Thema auf. Ich bin in der Tat kein Historiker und mir fehlt auch die wissenschaftliche Expertise, die Dinge richtig einordnen zu können. Mittlerweile habe ich sehr viel Material zusammen, so dass ich glaube, es ist ein Thema. Die eher ablehnende Haltung der „wissenden“ dürfte darin begründet sein, dass ich von jüdischer Zwangsarbeit sprechen. Für sie dürfte das eher alles unter dem Begriff der „Pflichtarbeit“ gesehen werden. Zwang, dass muss kaserniert und Bewachung gewesen sein, aber jeden Morgen zu einer Arbeitsstelle zu gehen und Abends wieder nach Hause sein, dass kann nicht Zwangsarbeit sein. Dieser Begriff wurde m.Es vor allem durch die Juristen:innen bestimmt, weil es um Entschädigungsfragen ging. Im Bereich der Politik gibt es für die NS-Zeit auch umfassende Definitionen, aber auch hier glaube ich, sind die juristisch bestimmt. Ich kann natürlich daneben liegen und biege eine bestimmte Lage mir zu Recht, um daraus eine Erzählung zu machen.

Die noch nicht abgearbeiteten Themen werden von mir weiter verfolgt werden, noch habe ich nicht alle in einer „operationalen“ Lage, aber kurz – hoffentlich – davor. Jetzt geht es aber um die Bewerbung der beiden Kundgebungen am 14. Juli 2022 vor der Bundesstraße 43 und am 15. Juli 2022 auf dem Schulhof der Ganztagsgrundschule Sternschanze.

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