Die Hamburger Maschinenfabrik (HAMAG) setzte an ihrem Standort in der Osterfeldstraße 36 in Lokstedt seit Herbst 1943 insgesamt 150 italienische Militärinternierte als Zwangsarbeiter ein. Die meisten von ihnen waren seit ihrer Verschleppung im September 1943 nach Hamburg hier tätig.
Im September 1944 teilte das Unternehmen den Einsatz von 90 IMI dem Arbeitsamt mit. Auf der Meldekarte für das “Gunkel-Lager” (Inhaber der HAMAG AG) werden aber (IMI)150 Namen aufgeführt. Einer von ihnen war Alfredo Ammirati, der im September 1943 in Ljubljana gefangen genommen wurde. Er wurde am 30. August 1918 in Ottaviano geboren. Ottaviano ist heute eine Gemeinde mit rund 24.000 Einwohnern in der Metropolitanstadt Neapel, direkt am Fuße des Vesuvs gelegen. Er war von Beruf Müller, was ihm während seiner Leiden im Stalag XB in Sandbostel wahrscheinlich das Leben rettete. Für Hamag arbeitete er als Zimmermann. Seine Kinder und Enkelkinder in Italien haben ihn nicht vergessen und tragen ihn weiterhin in ihren Herzen. Er kehrte im August 1945 nach Italien zurück und starb am 25. Dezember 2009 in San Giuseppe Vesuviano in der Provinz Neapel.
Bereits seit Mitte 1942 waren im Barackenlager in der Osterfeldstraße ca. 80 polnische Zwangsarbeiterinnen in der Produktion eingesetzt worden, vereinzelnd auch sowjetische Zwangsarbeiter.
Das Unternehmen hatte einen zweiten Standort im Winterhuder Weg 62, in dem seit 1942 sowjetische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter eingesetzt wurden. Die HAMAG, damals noch unter dem Firmenamen F. Cochu AG, hatte im Moorfurtweg ein weiteres Barackenlager eingerichtet, dass für 100 Personen angelegt worden war. Eine der sowjetischen Zwangsarbeiterinnen im Moorfurtweg war Jekaterina Kononenko, die am 9. Januar 1922 in Wyssokapolja geboren war. Seit dem 7. Dezember 1942 musste sie für F. Cochu AG im Winterhuder Weg arbeiten. Am 12. April 1944 wurde sie in die Frauenklinik Finkenau eingewiesen und hatte am 20. April 1944 ein Kind zur Welt gebracht. Die HAMAG setzte in seiner beiden Produktionsorten sowjetische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter auch aus anderen Lagern ein, u.a. aus dem Lager in der Collaustraße 140 (heute Spengelweg).
In der Osterfeldstraße 36 und dem Winterhuder Weg 62 wurden „Zug Zünder“ gebaut, die in den so genannten S-Minen eingesetzt wurden, Sprengminen. Sie wurden von der deutschen Wehrmacht in den besetzen Gebieten eingesetzt, um ihre Besetzungen abzusichern. Während der alliierten Operationen 1944 bekam sie von amerikanische Soldaten den zynischen Spitznamen Bouncing Betty. In einem Buch, („Minenkrieg an Land“) beschreibt ein amerikanischer Offizier die S-Mine als die „wahrscheinlich gefürchtetste Vorrichtung, auf die alliierte Soldaten während des Krieges stießen“.
Die Blechwarenfabrik F. Cochu war 1891 gegründet wurden, ging aber in Konkurs und bekam 1923 einen neuen Gesellschafter, Heinrich Gunkel. Ihr Geschäft war die Produktion von Schwarz- und Weisblechen und konzentrierte sich auf dir Farben- und Ölindustrie sowie den Fischkonservenmarkt. Heinrich Gunkel besaß in Hamburg Lokstedt noch die Fischkonservenfabrik Otto Reinhard Frisch. In Kiel gehörte ihm Nordland Fischindustrie GmbH, das Fischkonserven produzierte und als Im-/Exportunternehmen aktiv war. Der Betrieb wuchs zur größten Produktionsstätte für Fischvollkonserven und zum bedeutenden Abnehmer der Fischfangindustrie in Kiel heran. Je nach Saison wurden 200 bis 300 Mitarbeiter in Kiel beschäftigt und jährlich 25 Millionen Dosen hergestellt.
Die Vier jahresplanung der Nazis (zur Kriegsvorbereitung) bedeutete für das Unternehmen ab 1938/1939 eine veränderte Geschäftsstrategie. 1939 baute das Unternehmen in der Osterfeldstraße 36 einen neuen Standort auf und die Fischkonservenfabrik Frisch wurde zum 1. Juli 1939 in F. Cochu AG integriert. Zum einen blieb es bei der Fischkonservenproduktion. Im Bericht über das Geschäftsjahr 1940 hieß es aber ergänzend, dass die „Gesellschaft im steigenden Maße in die Fertigung für die Wehrmacht eingeschaltet ist, während die Umsätze im zivilen Sektor entsprechende Einschränkungen erfuhren.“ Am neuen Standort in der Osterfeldstraße 36 kam es zur „Umstellung in der Fertigung auf den Maschinen- und Anlagebau“, formuliert es ein Geschäftsbericht, was nichts anders bedeutet als Rüstungsproduktion.
1942 meldete die F. Cochu AG einen Arbeitskräftebedarf im Rahmen des Baus vom Barackenlager für die Rüstungsproduktion von180 Barackenplätzen an. 100 waren für das Lager im Moorfurt(h)weg und 80 für das Lager in der Osterfeldstraße.
1943 änderte das Unternehmen seinen Namen von F. Cochu AG auf „HAMAG Hamburgische Maschinenbau AG“. Am Winterhuder Weg 62 firmierte es neu unter F. Cochu GmbH. 1944 beschäftigte das Unternehmen noch 240 „Arier“, hinzu kamen noch die Zwangsarbeiter aus den verschiedenen Lagern.
Nach der Befreiung Deutschlands bestand das Unternehmen weiter, die Rüstungsproduktion hatte sich erledigt. In den 1950er Jahren verschwindet es und die Produktion in Hamburg und Kiel wurde eingestellt.