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Holger Artus

Rückblick 2021

Ein turbulentes 2021 neigt sich für mich dem Ende entgegen. Die Arbeitsgespräche für 2022 sind entweder gelaufen oder werden die kommenden Tage abgeschlossen.

Nach der Verlegung der Stolperschwelle am 9. November 2021 vor der Ganztagsgrundschule Sternschanze sind ein paar Tage zum Luftholen dazu gekommen. Es sind einfach weniger Aufgaben zu erledigen gewesen. Unerwartetes wie der gestohlene Stolperstein im Leinpfad 20 und die Herstellung der Öffentlichkeit bis zum 25. November 2021 kreuzten kurzfristig diese Verschnaufpause. 

Im Mittelpunkt 2022 stehen für mich das Thema des 8. Mai, der 80. Jahrestages der Deportation jüdischer Menschen über die Schule Schanzenstraße am 15. und 19. Juli 1942 und ein breiter Themenkomplex zu den italienischen Militärinternierten mit einer bisher angedachten Kundgebung zum 8. September 2022. Die November-Pogrome 2022 stehen ebenfalls auf meinem Arbeitszettel.

NS-Geschichte der Bauer Media Group

So gut wie abgeschlossen ist die auch selber betriebene Aufarbeitung der Unternehmensgeschichte der Bauer Media Group in der NS-Zeit. Es stehen für mich noch einzelne Punkte im Raum, aber der Aufwand ist nicht mehr vergleichbar und alles grundsätzliche ist erzählt. Die Aufbereitung der Unternehmensgeschichte durch das Unternehmens selber behalte ich aber im Blick. 2021 wurde die Stolperschwelle vor der Burchardstraße 11 verlegt, die an das dortige Lager für italienische Militärinternierte bis 1945 in dem Gebäude erinnert. Es gab eine virtuelle Veranstaltung bzw. Kundgebung dazu. Mit der Verlegung von drei Stolpersteinen vor der Hoheluftchaussee 91/93 für ehemalige jüdische Mieter:innen der heutigen Bauer Media Group wurde an sie erinnert, die furchtbare Erinnerungstafel in der 91 an Alfred Bauer wurde zu einem öffentlichen Thema. Die Familie Heinrich Bauer erinnern an ihn und bedankt sich für seine Bescheidenheit. Dabei handelte es sich hier um einen Raubkauf jüdischen Eigentums durch ihn. Eine öffentliche Aktivität dazu steht noch im Raum, aber ich vermute, sie wird nicht realisiert werden.

Deportationen vom Juli 1942 und die November-Pogrome 1938 im Stadtteil

Die Erinnerung an die Deportation jüdischer Menschen über die Schule Schanzenstraße im Juli 1942 bleibt eine stehende Aufgabe. Das gilt auch für die Erinnerung an die November-Pogrome 1938. Seit einigen Jahren finden dazu öffentliche Aktivitäten bei uns im Wohngebiet stat. Bedingt durch die Corona-Pandemie fand vieles vor allem im virtuellen Raum statt. Die Verlegung der Stolperschwelle am 9. November 2021 vor dem Eingang zur Ganztagsgrundschule Sternschanze hat beide Themen zusammengeführt. Am 8. April 2021 wurde die Geschichte der Schulleiterin und des NSDAP-Mitglied, Emma Lange, ihre Rolle beim Raubkauf der Israelitischen Töchterschule 1942 durch die Stadt Hamburg und die Geschichte der Nazi-Schulleiterinnen, Emma Lange und Ingrid Müller erzählt. Beide waren als Nazis in der NS-Zeit in verantwortlichen Funktionen, waren aber bis 1982 Schulleiterin in der Schule Schanzenstraße. Bisher hat sich die Schulbehörde nicht davon öffentlich distanziert. Erklärungen vom Hamburger Bildungssenator, Ties Rabe, auf einer virtuellen Veranstaltungen am 8.April 2021 schwiegen beide Themen (Raubkauf, Emma Lange) mE. bewusst aus, obwohl es nur darum ging. Die Erinnerung an die Deportation selber fand 2021 auch nur virtuell statt. Wie üblich wurde dazu öffentlich geworben. Im Zusammenhang mit dem Raubkauf jüdischen Eigentums durch die Hamburger Schulbehörde steht auch die Streichung des Namen Fritz Köhne. Er war in der NSDAP, hat den Raubkauf der Israelitischen Töchterschule getrieben und die Einstellung von Nazis in den Schulbetrieb und auch in verantwortliche Stellen betrieben. Das es bis heute eine Schule mit seinem Namen gibt und es nicht von Amtswegen beerdigt wird, macht mich sprachlos.

Italienische Militärinternierte

Die NS-Zwangsarbeit ist seit langem ein Thema von mir. Seit 2013 erinnert vor dem ehemaligen Unternehmenssitz der MOPO in der Griegstraße 75 ein Mahnmal an die sowjetischen Zwangsarbeiter in der Sternwoll-Spinnerei. Wie seit längerem fand hier am 3. Mai 2021 eine kleine Aktivität statt. Sie wird es auch 2022 geben. Das Thema der NS-Zwangsarbeit war 2021 vor allem durch die italienischen Militärinternierten bestimmt. Ob in Februar 2021 die virtuellen Veranstaltungen zum IMI-Lager in der Schule Schanzenstraße oder im Heinrich-Bauer-Haus. Sehr umfassend war es Thema durch den Besuch der ANEI aus Italien vom 6. bis 10. September 2021 in Hamburg. Anstrengend war vor allem die Anlage und zielgenaue Planung der Aktivität, an die 2022 angeknüpft werden soll. Mit einer Kundgebung am 9. September 2021 und einer entsprechenden Bewerbung konnte ich auch das Thema der sowjetischen Zwangsarbeiter:innen weiter begleiten. Daran werde ich anknüpfen.

Web-Arbeit

Da das alles auch im Web stattfindet, frisst es Zeit, vor allem deren Planung. Mit den Seiten www.sternschanze1942.de, www.sternwollspinnerei.de, heinrichbauerhaus.wordpress.com,imiinhamburg.wordpress.com, hoheluftchaussee9193.wordpress.com und meinen eigenen blog.holgerartus.eu komme ich auf mehrere zehntausende Zugriffe. Das sind alles kleine Zahlen, aber im Zusammenhang mit der Kommunikationsstrategie, die Nachbarn direkt anzusprechen, m.E. eine gute Ergänzung. Vor allem sollen die Namen und Orte über die Suchmaschinen gefunden werden.

Weitergehendes politische Engagement

Mitinitiiert hatte ich dieses Jahr eine virtuelle Veranstaltung der marxistischen linken zum 150. Jahrestag der Herausbildung der Pariser Kommune. Ein kommunaler Aufruf zur Verhinderung, dass die Häuser im Kleinen Schäferkamp 16 Spekulationsobjekt wird, sah mich als einer der ersten Unterzeichner. Eigenständig bemühten wir uns über unsere Erinnerungsgruppe im Wohngebiet darum, was wir in der unmittelbaren Nachbarschaft zur Unterstützung der Mieter:innen machen könnten und haben dazu öffentlich eingeladen. Gefreut habe ich mich, dass die Linke in Hamburg-Nord die Finanzierung des Stolpersteins für Paula Jacobson in die Bezirksversammlung Nord getragen hatte und die anderen Parteien mitgezogen haben. Auf dem Aufruf zur kleinen Kundgebung zur stand einer ihrer Kommunalpolitiker. An diesen  machbaren Bezügen in diesem Spektrum will ich versuchen, anzuknüpfen. Ein konkretes kommunalpolitisches Projekt ist in Planung.

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