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Holger Artus

9. November 2021 18 Uhr Sternschanze

Am 9. November 2021 wird eine Stolperschwelle auf dem Weg zur Ganztagsgrundschule Sternschanze auf Höhe Eingang Schanzenstraße verlegt. Dazu wurde eine Einladung in der Nachbarschaft verteilt.

Am Freitag, den 9. November 2021, wird eine Stolperschwelle vor der Ganztagsgrundschule Sternschanze verlegt, am Eingang auf Höhe der Schanzenstraße. Die Stolperschwelle soll an die 13  jüdischen Schülerinnen und Schüler der Israelitischen Töchterschule erinnern, die am 15. und 19. Juli 1942 über die damalige Volksschule Schanzenstraße ins Getto nach Theresienstadt deportiert wurden. Es waren damals über 1.700 jüdische Menschen, die an diesen beiden Tagen über die Schule verschleppt wurden, auf den Weg in den Tod. Nur wenige überlebten, unter ihnen eine Schülerin.

Warum verlegen wir die diese Stolperschwelle am 9. November?

Am 9. November 1938 organisierten die Nazis Angriffe auf jüdische Menschen, deren Eigentum und Einrichtungen in ganz Deutschland. Auch in den Wohngebieten um den Sternschanzen-Bahnhof, dem Weiden-, Karolinen- und Schanzenviertel, wurden jüdische Geschäfte zerstört und Personen von der Polizei festgenommen. Die meisten Festgenommenen wurden später auch ins KZ verschleppt, misshandelt, viele ermordet. Die Synagogen Hamburgs wurden in Brand gesteckt. Junge Lehrlinge aus der jüdischen Werkschule in der Weidenallee 10 bc beseitigen damals die Schäden an den Synagogen. Bereits am 28. Oktober 1942 waren Zehntausende in Deutschland lebende polnische Juden verschleppt worden, darunter auch mehrere jüdische Familien aus dem Schanzenviertel, die vor vielen Jahren von Polen nach Deutschland gezogen waren. 

Mit der Stolperschwellen-Verlegung am 9. November 2021 um 18 Uhr vor der Ganztagsgrundschule wollen wir an die Pogrom-Nacht 1938 erinnern. Wir wollen an die schlimmen Folgen des Antisemitismus der Nazi erinnern, aber auch das für uns heute schwer vorstellbare Verhalten der Nachbarschaft auf dem Weg zur Deportation und späteren Ermordung ansprechen. Die 13 Schülerinnen waren in die Israelitische Töchterschule zur Schule gegangen, kaum 500 Meter entfernt, in der Karolinenstraße 35. Diese wurde am 30. Juni 1942 von den Nazi geschlossen und danach von der Hamburger Schulbehördeihrer Einrichtung beraubt.

Antisemitismus und Rassismus sind auch heute eine Herausforderung in unserer Gesellschaft. Nazis und rechte Gruppen versuchen gerade im Zusammenhang mit der Diskussion um den Schutz vor dem Corona-Virus und dem gemeinschaftlichen Verhalten von uns ihre Hetze wieder salonfähig zu machen, auch mit der Absicht, durch Desinformation zu verwirren. Sie verharmlosen den Massenmord an den jüdischen Menschen, sie hetzen gegen das (jüdische) Finanzkapital und reden von einer angeblichen Verschwörung.

Der Terror der Nazis erfuhr 1933 staatliche Unterstützung. Jüdische Lehrer/innen wurden z.B. bereits 1933 von den staatlichen Schulen vertrieben. Bereits davor gab es die Hetze gegen jüdische Menschen. Es sollte mit dem Antisemitismus ein Feindbild erzeugt werden, unter dem sich Menschen zusammenfinden sollten. Nicht Solidarität und Gemeinschaft waren ihre Werte, sondern die deutsche Rasse und die Ausgrenzung alles anderen.

Wir rufen Sie deshalb auf, stellen Sie am 9. November 2021 mit ihren Nachbarn Kerzen an die Stolpersteine, die es rund um den Sternschanzen-Bahnhof zu Hunderten gibt. Stolpersteine geben den NS-Opfern einen Namen, verweisen darauf, dass Antisemitismus kein Thema der KZ alleine war. Das Grauen begann schon in der Nachbarschaft.

Kommen Sie zu unserer  Kundgebung am 9. November 2021 um 18 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz an der S-Bahn Sternschanze! Zusammen werden wir anschließend zum Schuleingang gehen, um die Stolperschwelle öffentlich sichtbar zu machen.

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