Die SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung Eimsbüttel hat schnell reagiert. Zur jüngsten Sitzung der Bezirksversammlung am 26. September 2019 hat sie einen Antrag eingebracht, der die Zerstörung des Stolpersteins vor der Gärtnerstraße 117 verurteilt und die Kosten für seine Erneuerung übernimmt. Ein richtige Haltung, ein sehr guter Antrag.
Ich habe ein Flugblatt in den anliegenden Häusern der Gärtnerstr.117 verteilt, um an Renata Drehemel zu erinnern und eine nachbarschaftliche Aktion am 30. September 2019 am späten Nachmittag angekündigt. Hätte ich nicht auf andere gewartet, wäre das Flugblatt schon längst verteilt worden und die Aktion schon gewesen. Die Gespräche an den Haustüren waren informativ, die Nachbarschaft wusste um die zerstörten Steine.
Liebe Mieterinnen und Mieter in der Gärtnerstraße,
der Stolperstein vor der Gärtnerstraße 117 wurde kürzlich zerstört. Er erinnert an Renata Drehmel. Weder will ich diese mutwillige Zerstörung hinnehmen noch werden diejenigen, die sich provokant ans Werk gemacht haben, ihr Ziel erreichen: Der Stein wird nicht verschwinden, es wird einen neuen geben!
Gerne lade ich Sie zu einem Treffen vor der Gärtnerstraße 117 in Erinnerung an Renata Drehmel am Montag, den 30. September 2019 um 17:30 Uhr ein, um nachbarschaftlich in den Austausch zu treten über das Geschehene und was man tun könnte. Aber eben auch einfach in trauriger Erinnerung an das Leid, was Menschen von den Nazis angetan wurde. Wenn Sie Lust haben, freue ich mich, wenn sich die Möglichkeit der Diskussion gibt.
Es wird an diesem Nachmittag eine kleine Erinnerungstafel-Stellwand geben, die an ihr verzweifeltes Leben und das ihrer Partner wie Kinder erinnern. Es geht mir ein kleines Zeichen aus der Gesellschaft, dass Nazis hier kein Platz gegeben wird.
Wer war Renata Drehemel?
Geboren wurde sie am 9. Mai 1903 in Hamburg. Sie starb am 11. Juni 1943 im Jüdische Krankenhaus Berlin. Lies man ihr Leben bis zum Tod, so wird die ganze private Tragik sichtbar, die die Hetze und Verfolgung der Nazi bis 1945 bedeutete. Rena Emanuel wuchs in Eimsbüttel auf. Als sie am 9. März 1928 Fritz Hermann Karl Drehmel heiratete, wohnten beide in der Margaretenstraße 15. Am 31.1.1929, kam Rena und Fritz Drehmels Sohn Werner zur Welt. Als er zwei Jahre alt war, begann Rena Drehmel in Hamburg als Verkäuferin zu arbeiten. Ab 1935 wohnte die Familie in der Gärtnerstraße 117. Mit dem 9. November 1938, der Progrome der Nazis gegen die jüdischen Menschen in Deutschland, änderten sich deren Lebensbedingungen grundlegend. Im November. 1941 wurde ihr Vater nach Minsk deportiert. Anfang 1942 erhielt Rena die Nachricht vom Tod ihrer beiden Schwestern Frieda und Rosa. Beide hatte man über das KZ Lichtenburg zunächst nach Ravensbrück und dann in die NS-Tötungsanstalt Bernburg verschleppt, wo sie im Februar 1942 im Gas erstickt wurde. Nach dem Tod ihres Mannes im April 1942 suchte sie die Flucht in den Tod.
Bis Mitte April 1943, insgesamt acht Monate lang, befand sich Rena Drehmel mehrfach über Wochen im Krankenhaus in Langenhorn. Zuletzt war sie am 10. März 1943 entlassen, aber noch am selben Tag wieder aufgenommen worden. Offenbar hatte sie zu Hause – das seit November 1942 das „Judenhaus“ Rutschbahn 25 a war – den Aufruf zur „Aussiedlung“ für sich und ihren Sohn vorgefunden. Am gleichen Tag noch hätten beide nach Theresienstadt verbracht werden sollen. Ihr Sohn wurde nach Auschwitz deportiert und sollte hingerichtet werden. Am 27. April 1945 wurde das Lager befreit und 100 Kinder ( von 15.000) wurden dem Nazi Terror entrissen. Werner Drehemel war eine von 100 befreiten Kindern in Auschwitz. Er überlebte und starb 2008 in den USA.
Es gibt in Hamburg rund 6.000 Stolpersteine, sie erinnern an die Opfer in der Nazi-Zeit von 1933 bis 1945. In Ihrer unmittelbaren Nachbarschaft gibt es sie der Gärtnerstraße vor Nummer 28a, 90 und 107.
Update: Am 30. September 2019 habe ich mich vor das Haus gestellt und an Renata Drehemel erinnert, in dem ich zum einen vorher die Mieter im Umfeld informiert habe, was ich tue. An dem Tag habe ich ihre Biographie an dem Haus auf DIN A2 angebracht und mit den Nachbarn/innen, die an dieser Aktion teilgenommen, diskutiert. Es gab im Vorfeld insgesamt auch fünf Mail, die die Wichtigkeit der Erinnerung betonen.