Die Grüne-Bezirksversammlungsabgeordnete aus Eimsbüttel, Lisa Kern, erklärte dem NDR Hamburg-Journal am 16. August 2019, dass man sich als Sondierungsgruppe in der Eimsbütteler Bezirksversammlung entschieden hat, mit der CDU Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Damit kommt es nicht nur zum Ende einer langjährigen Koalition von SPD und Grünen im Bezirk Eimsbüttel, sondern auch zu einer Wende in den politischen Grundstrategien.
Die SPD steht vor einer grundsätzlichen Klärung ihrer politischen Zukunft, von der Neuformulierung ihrer Politik und Neubestimmung ihrer politischen Partner, wozu die Grünen, aber auch die Linke in Eimsbüttel gehört. Die Linke steht vor der Herausforderung, ihre bisherige “Strategie” zu überprüfen, ob sie ihre plakative Opposition fortsetzt oder ob sie einen Beitrag zur Formierung demokratischer Kräfte auf kommunaler Ebene leisten will, um außerparlamentarischen Druck aufzubauen. Sie muss ihre Rolle als Fraktion in der Bezirksversammlung klären, von peinlich zu ordentlichen Arbeit.
In der Presseerklärung der Grünen Eimsbüttel heißt es, dass man die Absicht verfolgt “deutlich schneller als in der bisherigen Zusammenarbeit mit der Verkehrswende voranzukommen und mehr Grün in unseren Stadtteilen” erreichen will. Nach Darstellung vom Grünen-Vorsitzenden in Eimsbüttel, Till Steffens und der Grünen-Fraktionsvorsitzenden, Lisa Kern, will man “den öffentlichen Raum neu verteilen … Mehr Platz für das Zufußgehen und Radfahren und für neue Bäume gibt es nur, wenn der Autoverkehr Platz abgibt”, um dann zu schreiben, dass man dies mit der CDU besser erreichen kann (als mit der SPD). Mit der CDU könne man für “die Erarbeitung von Leitlinien für künftige Planungen, die Menschen und Natur den nötigen Raum” schaffen.
SPD sieht als Grund die Frage der Neubestellung des Bezirksamtsleiter als Ende der Koalition
Die SPD Eimsbüttel bedauert die Entwicklung und sieht in der Fragen der Neubestellung eines Bezirksamtsleiters als den Grund für die Entwicklung: „In den Verhandlungen sind die Inhalte zu kurz gekommen. Im Vordergrund stand für die GRÜNEN die Besetzung der Bezirksamtsleitung. Für uns war klar, dass sich die SPD-Fraktion an der vorzeitigen Abwahl des erfolgreichen Bezirksamtsleiters Kay Gätgens nicht beteiligen wird.“ Sie sieht rückblickend eine erfolgreiche Politik von ihnen in Eimsbüttel, auch in der Zusammenarbeit mit den Grünen. Für die Zukunft geht es Ihnen um eine Fortsetzung dieser Politik. “Die SPD wird sich auch in der neuen Konstellation dafür stark machen, dass das Wohnen in Eimsbüttel bezahlbar bleibt, dass moderne und nachhaltige Mobilität gelingt und dass unsere Kinder gut und gesund aufwachsen.“
Die Personalie des Bezirksamtsleiter Kay Gätgens war 2016 von der SPD/Grünen-Fraktion für die kommenden sechs Jahre gewählt worden. Damals sagte die Fraktionsspitze der Grünen-Eimsbüttel: “Wir schätzen Kay Gätgens als einen Menschen, der neuen Ideen und Inhalten gegenüber aufgeschlossen ist, so dass wir auch mit ihm weiterhin die gesteckten Ziele der rot-grünen Koalition in Eimsbüttel umsetzen können.“
Der CDU-Kreisvorsitzende, Rüdiger Kruse, betont im Hamburg-Journal, dass die Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit den Grünen ein wichtiges Signal, dass die CDU die Stadt und den Bezirk aktiv gestalten wolle. “CDU und Grüne wollen Hamburg in Richtung Nachhaltigkeit entwickeln. In Eimsbüttel könnten wir jetzt gemeinsam damit beginnen.“ Für ihn sind damit die Bürgerschaftswahl 2020 wieder offen. Die BILD Hamburg schreibt: “Eimsbüttel wird ein Testlauf für eine mögliche Rathauskoalition nach der Bürgerschaftswahl im Februar 2020.”
Mit Blick auf das CDU-Wahlprogramm zu den Bezirkswahlen 2019 ist es das Gegenteil von dem, was die Grünen in ihrer Erklärung zu den Themen sagen. Am Beispiel Verkehr heißt es dort: “Die CDU wird es nicht zulassen, dass einzelne Verkehrssysteme gegenüber anderen bevorzugt werden. Selbstverständlich ist uns der Ausbau der Radwegeinfrastruktur ein großes Anliegen; aber nicht, wenn dies auf Kosten des PKW- oder Wirtschaftsverkehrs erfolgt.”
Es geht um die Hamburger Politik, nicht um Eimsbüttel
Aus Sicht der politische Entwicklungen in Hamburg bedarf es einer Wende in der Politik, die die soziale Frage nicht im Sinne der “auch Berücksichtigung” verfolgt, sondern die soziale Spaltung stoppt und mit den Mitteln der Politik für eine Umverteilung sorgt. Hier steht man in Opposition zur SPD/Grünen-Regierung in Hamburg, die unter der Rahmenbedingung der Schuldenbremse eine Wachstumsstrategie verfolgt, die nicht auf Umverteilung zu Lasten der Reichen und nachhaltiger Maßnahmen zur sozialen Gerechtigkeit setzt.
Das Spielen der Grünen mit einem Bündnis mit der CDU in Hamburg-Eimsbüttel drückt auf die SPD im Vorfeld der Bürgerschaftswahlen, auch wenn die bisherigen Wahlergebnisse in Hamburg bei einer fast bedeutungslosen CDU zu Zeit keine reale parlamentarische Mehrheit hat. Alle Umfragen sehen die bisherige Regierung in ihrer Mehrheit bestätigt, nur die Grünen sind auf dem Weg der stärksten Partei in der Konstellation zu werden. Das resultiert aus der Unzufriedenheit mit der SPD in Hamburg.
Verkomplizierung der Bedingungen für eine andere Politik
Aber unter machtpolitischen Aspekten, eine andere, eine soziale und demokratische Wende ein Ziel sein kann, ist die jetzige Lage eine komplizierte Entwicklung (auf lokaler Ebene), da auf parlamentarischen Ebene der Umweg dafür ein längerer geworden scheint. Gegen eine Rechtsentwicklung, wie sie durch die CDU/CSU betrieben wird, der weiteren Umverteilung zu Gunsten der Reichen wie es auch die FDP verfolgt, gibt es nur eine Formierung links von ihr. Die AfD und die sie stützenden interessierten politischen Kräfte treiben ihre Themen und sind damit durchaus erfolgreich. Es geht ihnen um eine Wende, die die der grundsätzlichen Ergebnisse der Nachkriegsordnung komplett in Frage stellt. Zugegeben hat das nichts mit Eimsbüttel zu tun, sollte nur den Gedanken erklären des Umwegs und grundsätzlicher Erwägungen. Mit der Sicht ändert sich nichts an der aktuellen Politik von SPD oder den Grünen.
Die SPD steckt in der Krise und hat Folgen auch in Eimsbüttel
Die bundesweite Krise der SPD und ihrer kritischen Zukunft im politischen Parteienspektrum als mitgestaltende Regierungskraft schlägt sich im allgemeinen auch in Eimsbüttel nieder. Nicht im Sinne der kommunalen Politik in Eimsbüttel, sehr wohl aber in Hamburg. Die jüngsten Wahlergebnisse in Hamburg, aber auch in den anderen deutschen Großstädten und Metropolregionen sehen sie im Abwärtstrend. Ihre Glaubwürdigkeit ist gewissermaßen im Eimer. Das hat wenig mit der Form der Vermittlung zu den, denn mit enttäuschten Erwartungen und eben der praktischen Politik. Die jüngste Nummer mit der HVV-Preiserhöhung ist nur ein praktisches Beispiel. Die Wähler/innen (auch in Eimsbüttel) haben der SPD einen Denkzettel bei den Wahlen zum EU-Parlament und den Bezirkswahlen in Hamburg verpasst. Der SPD-Kurs mit dem “weiter regieren” kann auf der Basis ihr nicht zu gute kommen. Aber, es ist Sache der SPD, was sie macht. Aus Sicht der politischen Linken kann es aber nicht egal sein, was aus der SPD wird. Der Satz gilt aber auch mit Blick auf die Grünen.
Die jetzige Koaltitionsvereimbarung von SPD und Grünen in Eimsbüttel fußt auf der Hamburger Koalitionsvereinbarung
Die Rahmenbedingungen werden für Eimsbüttel durch die Regierung bestimmt, die SPD und Grüne stellen bzw. den jeweiligen Behörden, die von SPD oder Grünen geführt werden. Die Haushaltssperre ist die finanzielle Klammer, ihre Verteilungsspielraum ist in der Koalitionsvereinbarung festgelegt. Für Eimsbüttel gibt es eine Konkretisierung des Wohnungsprogramms, die Neugestaltung bzw. Umbau der Stadtteile. In den zentralen Fragen wie Verkehr, Schule, Wohnungen u.a.m. sind aber die Eckpunkte die in Hamburg. Die Bezirksversammlung ist kein richtiges Parlament, eher ein Verwaltungsausschuss, in dem die Vertreter/innen gewählt werden.
Die jetzige Koalitionsvereinbarung für Hamburg-Eimsbüttel bewegt sich im Rahmen der Vereinbarungen auf Bürgerschaftsebene. Für Eimsbüttel sind die Zeilen: Bezahlbarer Wohnraum, Klimaschutz beachten, Qualität steigern, beteiligungsorientiert planen; Umweltgerecht bauen, Klimaschutz beachten; Bürgerbeteiligung ausbauen; Gewerbe und Zentrenentwicklung und Verkehr. Hier werden sehr konkrete Punkte aufgelistet, was man ändern will sowie die weiteren Punkte wie Schule, Gesundheit, Wirtschaft, Integration, Soziales, Frauen u.a.m.
Zur zwiespältigen Lage der Linken in Eimsbüttel
Die Linke in Eimsbüttel als politische Kraft, die Menschen formiert, Prozesse aus ihrer Perspektive versucht, moderierend zu begleiten und darüber Druck aufzubauen, keine Rolle. Sie stellt sich selber dar, wirkt plakativ. Die Wahlergebnisse sprechen von großem Potential, aber es zu erschließen, dazu fällt Ihnen die Programmatik, strukturelle Voraussetzungen und der Wille, Politik machen zu wollen. In der Bezirksversammlung Eimsbüttel hat sie fünf von 40 Abgeordneten. Hier arbeitet sie mit unss greift die Themen auf, denen sich ihre Abgeordneten annehmen. Dabei greifen sie auch partiell Bürgerinteressen auf, um Betroffenen eine weitere Stimme zu geben oder deren Zielen Gehör zu verschaffen.
Es gibt keine strategischen Plan, wo man in seiner Rolle als Opposition inhaltlich hin will und wie man Verbündete gewinnt oder Prozesse dafür treibt. Aus mangelnder Strategie und Taktik reduziert man das Handeln auf einfache Lösungen, um mehr oder minder ein “Regierungschef-Bushing” zu betreiben. Auf die SPD drischt man gerne, aber auch die Grünen bekommen ihr Fett weg. So wenig es falsch ist, überspitzt Dinge darzustellen und an Hand politischer Kriterien seine oppositionelle Haltung sichtbar zu machen, Politik ist das nicht, die ein inhaltliches Ziele(e) verfolgt und Menschen darum einbindet.
Die Parlamentsfraktion muss Fragen des Alltags aufgreifen und die grundlegenden Fragen der Neuorganisation der Gesellschaft dabei wieder einen Stellenwert ihren Stellenwert, warum man sich im Details so oder so positioniert. Es gibt für Eimsbüttel so viele Themen, die gerade danach schreien, seinen Beitrag und Forderungen der Linken zu kennen, um sie herum sich Dinge und Debatten bewegen. Das betrifft solche Themen wie Sport, Verkehr, Wohnen oder Umweltschutz.
Es führt für die Linken (in Eimsbüttel) kein Weg daran vorbei sich strategisch überhaupt zu verständigen, was man will. Die Neubestimmung des Verhältnisses zur SPD und den sich daraus ergebenden Schritt. Damit ändert sich die SPD-Politik nicht, aber von Links findet man einen Zugang, wie man es für die eigene Strategie erschließt. Auch muss man die Diskussion mit den Grünen führen. Dazu gehört eine massive Kritik an dem abenteuerlichen Vorgehen, was machtpolitisch bestimmt ist, aber nicht im Interesse der Mehrheit der Menschen.
Die CDU mag noch so eine untergeordnete Rolle spielen und sie Grünen nicht mehr der Juniorpartner in einer Regierung, aber es ändert nichts an der Verlogenheit, dass man mit der CDU mehr für den Klimaschutz und die Verkehrspolitik tun könne, wie Steffens und Klein es am 16. August 2019 sagten.