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Holger Artus

Volle Pulle hetzen, es bleibt schon was kleben

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Die AfD wird auch zu den Bezirksversammlungswahlen in Eimsbüttel 2019 kandidieren. Im November 2018 soll sie nach eigenen Angaben ihre Kandidaten/innen für Eimsbüttel nominiert haben. Die Linie ist klar: es wird gegen Geflüchtete und Ausländer gehetzt. Man ist sich nicht zu doof, die Tage zu zählen (vier), an denen angeblich Scherben vor einem Hauseingang in Eimsbüttel lagen, in dem geflüchtete Menschen leben sollen.

Es wird auf Facebook und Twitter gekübelt, um die eigene Gemeinde zu bedienen. Die BZ „Konsenparteien“ bashen sie angeblich. Davon lasse man sich aber nicht abhalten, die Interessen der Eimsbütteler zu vertreten, verbunden mit der Häme, dass man sie nicht verhindern wird und sie künftig ihre Stimme im Parlament behalten werden – und damit ihre Themen (setzen wollen).

Ihre Absicht: Sie wollen gebasht werden, um in eine Opfer-Rolle zu kommen und ihrer Gemeinde die „besondere Rolle“ zu vermitteln, so das man nicht mehr das Kriterium „Wahrheit“ anlegen muss. Was sie vertreten? Hetze und Verwirrung, um ihre ausgemachte Zielgruppe, die ihre „Argumente“ reflektiert, zu erreichen. Ein ganz einfaches Programm, dass auf den alltäglichen Rassismus und Vorurteile in der Gesellschaft setzt.

Die Hetzobjekte in Eimsbüttel

Die Aufmerksamkeit der AfD Eimsbüttel erfahren jene Bauprojekte, die von der Stadt Hamburg als „Perspektive Wohnen“ (UPW) bezeichnet werden, wo Geflüchtete wohnen bzw. wohnen werden. Diese Neubauten werden an einen staatlichen Träger, hier „pflegen und wohnen“, für 15 Jahre verpachtet. Aktuell im Fokus der Hetz-Propaganda der Duvenacker in Eidelstedt. Insgesamt werden am Hörgensweg und im Duvenacker zusammen bis zu 1.000 Wohnungen gebaut. Im Duvenacker sind aktuell 380 für Geflüchtete als öffentlich-rechtliche Wohnungen vergeben. Diese Zahl wird zum Jahresende auf 300 reduziert.

Die Plätze sind für die AfD ein gefundenes Fressen, um ihre rassistische Propaganda a la „Übervölkerung“ zu platzieren. Man ist sich nicht zu doof, den Gedanken zu transportieren, das hier bezahlbarer Wohnraum durch Geflüchtete „beschlagnahmt“ wird.

Mit Anspielungen spielen, um zu täuschen

Erst kürzlich sonderten verschiedene Twitter-User, so auch „Hamburg Online“ ihre Berechnungen zum Duvenacker ab: Man „höre“, das über 70 Prozent der Neubauwohnungen an Geflüchtete gehen sollen. Ein Beleg bleibt aus.

Es irgendwie im Nirwana zu belassen, ist der beste Nährboden für die Fortschreibung des Wirrsinns. Am Hörgensweg und Duvenacker werden rund 1.000 Wohnungen geschaffen. Für Geflüchtete werden hier nach einer Übereinkunft 600 Plätze geschaffen. Diese Relation von 1.000 (Wohnungen) zu den 600 (Plätzen) führt 60 bis 70 Prozent Spekulation. Ein Vergleich, der sich so aber nicht rechnet.

Wohnungen sind nicht Plätze, aber das interessiert Hetzer nicht

1.000 Wohnungen sind jedoch nicht 1.000 Plätze. Unterstellt man, dass in Eimsbüttel im Durchschnitt 3 Menschen in einer Wohnung leben würden, so wären in den 1.000 Neubau-Wohnungen 3.000 Plätze geschaffen. Da aktuell bis zu 5 Geflüchtete (im Durchschnitt) in einer öffentlich-rechtlichen Wohnung eine Bleibe finden, könnte man bei 600 Plätzen im Gegenzug von rund 120 Wohnungen sprechen (es wird genaue Zahlen für den Duvenacker geben). Am Ende werden es etwas mehr werden. Wie man auch immer die Relationen bildet, es sind um die 10 bis 20 Prozent in den beiden Wohngebieten, wo für Menschen etwas geschaffen wird, die ihre Heimat verloren bzw. verlassen haben.

Das die „Sozialwohnungshetze“ an einem ganz anderen Punkt der Zielgruppen-Bearbeitung ansetzt, sei hier einmal ganz ausgeklammert oder das Interessen der Investoren am Wohnungsneubau, auch am Duvenacker.

2.232 Plätze für Geflüchtete in Eimsbüttel

Dabei spielen Geflüchtete in Eimsbüttel von der Quantität keine Rolle! Es gibt 2.322 Plätze in den Eimsbüttel für Geflüchtete geschaffenen Unterkünfte, was etwa 1 Prozent der Einwohner/innen Eimsbüttel ausmacht (ca. 265.000). Im November 2018 wurde in Eimsbüttel die große Unterkunft im Niendorf Schmiedekoppel für 950 Plätze aufgelöst. Vom ASB verwaltet, wird die Anlage aber für den Notfall weiterbestehen bleiben. 

Schnelsen
Holsteiner Chaussee 168
Pinneberger Straße 156
324
Stellingen
Kieler Straße 308
Wegenkamp 75
Bornmoor 186
Große Bahnstraße 203
772
Eidelstedt
Duvenacker 380
Oliver-Lily-Straße 324
Langelohof 32
Hornackredder 22
758
Harvesthehude
Sophienterasse 190
190
Lokstedt
Lohkoppelweg 38
Hagendeel II 240
278
2.322

Insgesamt leben in Hamburg nach Darstellung der Stadt Hamburg rund 50.000 Flüchtlinge. Sie leben nicht mehr in den großen Unterkünften oder Hallen. Zurzeit bestehen noch sechs Ersteinkunftseimrichtungen im Hamburg. Im Dezember 2018 mussten sich hier 1.224 Geflüchtete aufhalten. Faktisch ist eine schrittweise Integration in den Wohnungsmarkt ist längst Realität, mit allen seinen Herausforderungen.

Es gibt in Hamburg 128 Folgeunterkünfte, in denen aktuell 34.227 Plätze (31.11.2018) bestehen, der so genannten öffentlich-rechtlichen Unterbringung (ÖRU) also auch in Eimsbüttel. Freude muss dabei nicht aufkommen, wenn man sich vor Augen führt, dass in den Folgeunterkünftem pro Wohnung fünf Personen untergebracht werden.

Wie also im Wahlkampf mit der AfD in Eimsbüttel umgehen?

Pragmatisch: Wir werden länger mit ihr leben müssen, sie ist keine regionale Erscheinung wie die rassistischen Schill-Partei 2004 – 2007. Ihre Grundlage liegen in der jüngeren wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung unserer Gesellschaft und der mangelnden Bindung von Bevölkerungsgruppen durch die politischen Parteien. Es ist im konservativen Lagen zur Herausbildung einer weiteren rechten Partei gekommen.

Da die Absicht der Hetzer klar ist, sollte man in der Bezugnahme und Wiedergabe ihrer Themen diese nicht auch noch transportieren. Alles wird von ihnen unternommen, um auch eine emotionale Erfahrung für ihre Community zu schaffen, damit da Thema auch kleben bleibt. Es gibt und bedarf einer anderen Kultur der Darstellung und Behandlung der Themen.

Den Diskurs in der Eimsbütteler Politik führen

Also alles klar? Natürlich nicht. Weder muss man diese Meinung teilen, noch wäre es so einfach wie man falsch liegen kann. Also bleibt nichts anderes übrig, dass die politischen Parteien von Linke, SPD und Grüne sich klären und in die Debatte treten. Was kann es für die alltägliche Politik bedeuten, aber auch für die Strategie in der Zukunft?

Die Linke kann ihre Sichtweise als Opposition in Eimsbüttel genauso verdeutlichen, dass es einer weitergehenden Transformation bedarf und auch realisierbar ist, wie Grüne oder SPD ihre Linie der machbaren Verbesserung durch die politische Maßnahmen darlegen und an der bisherigen Strategie festhalten wollen, wie sie in „Eimsbüttel 2040“ beschrieben wird. Zusammen kann man klären, wo man in der Positionierung gegen rechtsradikale Kräfte gemeinsame Haltungen hat und was es für Veränderungsmöglichkeiten in der Politik bedeuten kann. 

Ein Diskurs löst nicht die Herausforderung der AfD, wenn sie nach dieser Auffassung ihre Grundlage in den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen haben. Dazu bedarf es einer anderen Politik. Eine linke Oppositionspolitik, die den Diskurs nicht führt, hat die Herausforderungen durch den rechten Populismus als gesellschaftliche Erscheinung nicht verstanden, der die gesellschaftliche Prozesse grundlegend verändern will.

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