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Holger Artus

Über die Tarifauseinandersetzung in der Druckindustrie 2003-2005

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Über 1 1/2 Jahre schleppten sich 2003 bis 2005 die Tarifauseinandersetzungen in der Druckindustrie. Die Arbeitgeber hatten den Manteltarifvertrag und die Regelungen zur Maschinenbesetzungen in der Druckindustrie gekündigt. Es war bisher eine der längsten Tarifauseinandersetzungen in diesem Industriezweig. Am Ende hatten 192 Betriebe und rund 9.000 Beschäftigte an den Warnstreiks teilgenommen. Es gab 15 Verhandlungsrunden in dem Zeitraum November 2003 bis Juni 2005.

Bereits die Tarifauseinandersetzung 2002 hatte sich länger hingezogen und endete mit der Fortschreibung des MTV bis zum 31. März 2005, bei einem geringen Lohnabschluss (1,5 % 2003 und 1,7 % 2004). Bereits damals war allen Beteiligten klar, dass der 2002/2003-Abschluss nichts mehr war eine Zwischenetappe in der Verteidigung der gewachsenen Ergebnisse des MTV, insbesondere 1984 (Einstieg in die 35-Stunden-Woche), darstellte. Für ver.di war die gewonnene Zeit auch die Gelegenheit, sich für die kommende Auseinandersetzung neu aufzustellen.

Den Arbeitgeber ging es nicht nur um die materiellen Inhalte des Manteltarifvertrages wie den Zuschlägen und der Arbeitszeit, sie wollten auch an die Anhänge zur Maschinenbesetzung für ihre Interessenlage verändern. Die Druckindustrie ist der einzige Industriezweig, in der es eine Normierung des Personaleinsatzes bei Maschinen auf tariflicher Ebene gibt. In Seiten des Wachstums der Druckindustrie war dies weniger ein Problem, da im Wettbewerb vor allem die Produktivität entscheidend ist, welche Teil vom Kuchen in die Kasse der Unternehmen fließt. Die bessere Bedienung der Maschinen, eine motivierte Belegschaft führte zu einem guten „Output“ und eben einer effizienten Erschließung des getätigten Investitionen in den Maschinenpark. Das hatte sich in der Druckindustrie mit Beginn der 1990er Jahre schrittweise verändert. Mit der Jahrtausendwende zum 21. Jahrhundert änderte sich die Lage weiter. Die Weltwirtschaftskrise 2002/2003 bedeutete eine konjunkturelle Delle, aber die Spuren der digitalen Transformation wurden sich, da sich das Anzeigenvolumen weniger stark erhöhte, später für die Printmedien sogar rückläufig würde.

Nur kurz, nach dem die Tarifauseinandersetzung 2002/2003 abgeschlossen war, präsentierten die Arbeitgeber noch im November 2003 ihre Forderungen zum MTV: Weg von der 35-Stunden-Woche, wieder 40. Weg mit den „hohen Zuschlägen“ u.a.m. Die erste Tarifverhandlung fand am 14. November 2003. Im Sommer 2004 wurde von ihnen dann auch der MTV gekündigt, bis dahin wurden fünf Verhandlungen bei einem geschlossenen Tarifvertrag geführt. Im Januar 2005 kamen dann auch die Vorschläge zur Maschinenbesetzung durch die Unternehmer. Der Lohntarifvertrag wurde im Februar 2005 von ver.di gekündigt. Damit gab es eine weitere Tarifmaterie, die sich in einer offenen Zustand befand: Neben der 35-Stunden-Woche, die Maschinenbesetzung und der Lohn. Somit war aber auch klar, dass es in der einen oder anderen Fragen Seitens ver.di Zugeständnisse geben musste. Der MTV-Abschluss sicherte noch einmal die 35-Stunden auf dem Papier, aber bei den Zuschlägen musste ver.di Federn lassen und eben ein niedriger Lohnabschluss (1 % für ein Kalenderjahr sowie eine nicht tabellenwirksame Einmalzahlung von 340 €).

Aus der Meldungsübersicht der Drucktarifauseinandersetzung 2003/2005 wird erkennbar, wie die Arbeitgeber den Konflikt befeuert hatten, um in Teilbereichen weitere Zugeständnisse im MTV zu erreichen. Sichtbar wird auch, wie mit der Lösung, keinen neuen Tarifvertrag abzuschließen, ver.di auf die Bäume getrieben werden kann. Ein offener Tarifvertrag bedeutet immer auch, dass es abweichende betriebliche Regelungen gibt und der Prozess der Trennung der Arbeitgeber aus der Tarifbindung betrieblich schneller geht, wenn man mit keinem Widerstand rechnen muss.

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