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Holger Artus

„Perspektive Wachstum” und die Bedeutung für die MOPO

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2014 sollte der Weg der Sanierung der DuMont Mediengruppe beschritten werden und der Prozess der Content-Transformation neu aufgesetzt werden. Das Projekt der „Schwarzen Null“ unter Vorstandsmitglied Franz Sommerfeld war ohne Zukunft. Robert von Heusinger sollte wieder Innovationen und Zusammenarbeit in den Redaktionen begründen. Doch er war schnell verschwunden, da der Kern der „Perspektive Wachstum“ eben nicht die digitale Transformation der Inhalte war, sondern ein Sanierungskonzept bei den Personalkosten und der Entschuldung gegenüber den Geldgebern. Heusinger verschwand und es wurde ein reiner Manager-Vorstand geschaffen.

In der MOPO startete der DuMont-Vorstand das Projekt der „agilen Redaktion“ (Februar 2016). Print- und Online sollten zusammen die Inhalte produzieren, bei Erschließung der Gruppenpotentiale und Stellenabbau im kleineren Umfang. Aber schnell wurde aus dem Optimierungsprojekt ein Sanierungsprojekt. DuMont stellt sich im Sommer 2017 strategisch neu auf, für die MOPO soll es zum Umbau der redaktionellen Prozesse und einem großen Stellenabbau kommen. Um diese Umsetzung gibt es eine schwere Auseinandersetzung, die sich über Monate zieht. Im Oktober 2017 werden die Abbaupläne vom Unternehmen präsentiert, aber am Ende scheitert die Abbauplanung. Es gibt eine Altersteilzeitregelung, einen Sozialtarifvertrag und Sozialplan. Der Stellenabbau ist weit entfernt von seinen Zielen, die Politikredaktion wird nach Berlin verlagert. Im Einzelfall gehen Arbeitnehmer/innen, lediglich zwei Stellen in der Redaktion sind das Ergebnis des Unternehmens. Mit der Altersteilzeit-Regelung werden für fünf Beschäftigte aus Verlag und Redaktion sinnvolle Lösungen in der Zukunft geschaffen. 

Die Durchkreuzung der Unternehmenspläne war ein großes Ergebnis einer Strategischen Neuaufstellung im Frühjahr 2015 im Betriebsrat in der Bewertung der Content-Transformation sowie der Betonung, es geht um eine Business-Transformation bei DuMont. Mit dem Umzug der MOPO von der Griegstraße in die Barnerstraße im Juli 2018 wird die neue Arbeitsweise von Print- und Online gestartet. Das Projekt wird 2019 wieder gestoppt und Digital- und Print wieder getrennt. Im Herbst 2018 kommt man bei DuMont zu dem Ergebnis, den Geschäftszweig Zeitung zum Verkauf anzubieten. 

Auf Betriebsrats-Seite ging es nach 2014 strategisch die Redaktion für eine neue Produktionsweise zu gewinnen, dabei aber ihre Beteiligung zu betonen. Das Unternehmen wollte Umbau durch Abbau und Neuorganisation. Wir wollten einen Optimierungsprozess, der die Altersteilzeit und den Medienumbruch erschließt, so dass es keine Kündigungen gibt. Beteiligung war unser Konzept, dass eine neue Arbeitsweise im Journalismus sich um den Inhalt drehen muss.  Es sollte verhindert werden, dass es eine Aufspaltung der Redaktion und Print gibt. Mit unserer Beteiligungsstrategie wollten wir eine Sicht entwickeln, die im historischen Prozess der Medientransformation die neuen Arbeitnehmer/innen einbindet und die Auseinandersetzung um den Journalismus treibt. Der „Umbau“ in Berlin hatte das journalistisch zerstörende Potential von DuMont (50 Prozent Stellenabbau) und die missratene Transformation verdeutlicht. Wir wollten nicht, dass die Redaktion sprachlos erträgt und selber damit Teil einer rein ökonomisch getriebenen Content Transformation wird.

Das Restrukturierungsprogramm „Perspektive Wachstum“ spielte nach Darstellung der MOPO-Geschäftsführung in den Verhandlungen mit Betriebsrat und Gewerkschaften bei uns keine Rolle. Es ginge um eine reine Kostensenkung, die unter der Bezeichnung „Ergebnisverbesserungsprogramm“ (EVP) lief. Dem ist natürlich nicht so, denn die Folgen des Personalabbaus durch Ausgliederungen und Zentralisierung trafen die MOPO genauso, wie sie uns auch künftig treffen werden.

Es kam zur Ausgliederung unseres Rechnungswesens in DuMont Finanz Services (2 Arbeitnehmer), in DuMont Media Service (1 Arbeitnehmer), die teilweise Fremdvergabe des Anzeigen-Innendienstes nach Halle bzw. an einen Agentur in Hamburg und zur Ausgliederung des Anzeigenverkaufs (8 Arbeitnehmer) in Hamburg First. Aktuell läuft u.a. ein Projekt zur Zentralisierung der Blattplanung in Köln (DuMont Blattplanung) mit dem Ziel, dass die Struktur der MOPO- Seiten künftig in Köln erstellt werden soll. Wir gehen auch davon aus, dass es in der nächsten Zeit wieder zu Kündigungen bei uns im Haus kommen wird – als Ergebnis der „Perspektive Wachstum“. Im Rahmen dieses Programms kam es zum Personalabbau im Anzeigen-Innendienst, beim Layout und im Redaktions-sekretariat. Geplant war auch ein Abbau in der Redaktion. Gegen diese Planungen gab es massive Abwehr-Aktionen mit einem Druck, wie es ihn in den vergangenen Jahrzehnten in der MOPO so nicht gegeben hat.

MOPO 2014 in roten Zahlen

Erstmals seit 2003 befindet sich die MOPO 2014 wieder in roten Zahlen. Ursache für den hohen Verlust sind die Restrukturierungskosten. Aber auch ohne diese außerordentlichen Belastungen wäre das Ergebnis „rot”. Dazu gehören bekanntlich auch die Verluste von DuMont Media (im zweiten Jahr), einer 100prozentigen Tochtergesellschaft der MOPO. Die Erwartungshaltung für die kommenden MOPO-Geschäftsjahre ist, dass nach den „Einsparungen“ wieder schwarze Zahlen geschrieben werden. „Ein harter Schnitt, aber danach geht es wieder aufwärts” – so klingt das dann gern. Doch die Zukunft wird zeigen, ob das so noch funktionieren kann. Ohne die Preiserhöhungen bei Abo und der MOPS wäre auch der Vertriebsumsatz unter Druck. Die Rahmenbedingungenen am Markt sind nicht gut für einen Aufschwung. Auch Online deutet sich eine Konsolidierung an. Das angekündigte Wachstum von 20 Prozent Umsatz in diesem Bereich 2015, wie es Patrick Wölke auf einer Veranstaltung am 8. Mai in der MOPO verkündete, dürfte sich so nicht einspielen.

MDS verursacht seit 2009 steigende Konzernkosten

Seit die MOPO zu MDS gehört, hat es verschiedene Prozesse der Zentralisierung gegeben. Im Ergebnis der Zugehörigkeit zu MDS sind die Kosten in diesem Bereich enorm gestiegen. Nach unserer Einschätzung haben sich die Dienstleistungskosten seit 2009 vervierfacht und betragen einige Millionen. Ob es notwendige Investitionen in ein Redaktionssystem (2012 konnte natürlich niemand ahnen, dass man mit NGen auf der Gruppenebene von MDS keine Online-, Mobile- und Tablet-Angebote sinnvoll organisieren und produzieren kann … ) oder den Aufbau und Ausbau von DuMont Net, hier vor allem das Online-Produktionssystem Core Media war. Aber auch Digas, die Vergabe der Inhalte an das Spiegel-Archiv, kostet Geld und bringt nichts ein. Die Ausgliederung unserer IT in DuMont Systems hat nicht zu einer Kostenreduzierung geführt. Die Vergabe der Dienstleistungen an die Service-Gesellschaften gibt es nicht für „Null” – sie kosten auch Geld, vom reduzierten Service und dem Chaos etwa bei der Verwaltung freier Tage einmal ganz abgesehen. Wir hatten als Betriebsrat in einem Info während der Verhandlungsphase um den Personalabbau davon gesprochen, dass sich im Prinzip die Kosten 2014 und 2015 auf dem gleichen Niveau bewegen werden. Aber auch nach dem äußerst schmerzhaften Abbau und den daraus resultierenden Reduzierungen wird es nicht zu Einsparungen im Umfang der geplanten Reduzierungen kommen. Das Ergebnis bleibt weiterhin unter Druck.

Um was es uns geht bei der „Perspektive Hamburg“

Wir treten für einen Umbau ein, nicht den Abbau im Bereich der Beschäftigten. Wie die Streichung der Layoutstelle zeigt, setzt man im Print zunehmend auf Risiko. Das wird auch nach dem Ausscheiden von Peter Ehrenberg im Politik-Ressort so sein. Es entsteht fast der Eindruck, dass Print in den Planungen keine Rolle mehr spielt. Der Eindruck wäre fatal, Print bringt immer noch den Umsatz, auch wenn klar ist, dass ohne eine gemeinsame Print- und Online-Strategie es keine gesicherte Zukunft in unseren Augen geben kann. Die Wettbewerber gehen thematisch mit diversen Angeboten in die Tiefe der Stadt Hamburg, wie sich bei der Aufstellung der Funke Gruppe in Hamburg zeigt. Durch die Lokalisierungsinitiativen von Zeit Hamburg, BamS Hamburg oder jetzt wieder der WELT Hamburg wird es immer schwieriger, Themen zu setzen oder zu besetzen. Unser Image in der Stadt – da möge man sich keine Illusionen machen – ist in den vergangenen Jahren nicht besser geworden. Auch die Arbeitsgruppe zur digitalen Transformation – eine gute Idee – hat in ihrem letzten Newsletter auf dieses Problem hingewiesen. Verlorene Käufer kommen nicht wieder zurück zur MOPO. Auch wenn es keine Erhebung bzw. Veröffentlichung darüber gibt: Andere Zeitungen sprechen davon, dass 90 Prozent der Online-Leser nicht die Zeitung kaufen wie umgekehrt die Zeitungs-Käufer sich nicht auf dem Online-Angebot aufhalten. Es muss alles getan werden, um Print zu stärken – auch damit die Printauflage stabilisiert wird. Print und Online gehören zusammen, aber noch bringt Print das Geld. Wir begrüßen die Ideen und Initiativen, um Printprodukte zu platzieren. Aber der Blick muss weiterhin auch auf das zentrale Objekt, die gedruckte MOPO, gerichtet sein. Die Herausgabe von „Stadtflair“ ist eine Idee, um ein neues Produkt in Hamburg zu platzieren, aber es schadet dann auch nichts, wenn man darüber im Haus auch redet und informiert. Wir stimmen dem MDS-Vorstandsmitglied Robert von Heusinger zu, der gestern in einer Rede in Köln davon gesprochen hat, dass man sich wieder auf seinen lokalen Stärken besinnen muss. Dazu bedarf es ausreichend Personal und genügend Zeit in den Ressorts. Wir sind für einen nachvollziehbaren Ausbau von Social Media in der Arbeit der Redaktion. Ein Relaunch/Realign der Web-Seite mopo.de voraussichtlich Anfang nächsten Jahres ist angesichts des Tempos in der Online-Welt aber eher zum Schmunzeln. Warum dauert etwas so Grundlegendes in diesem schnelllebigen Bereich derart lange? Vermutlich hängt es an finanziellen Mittel, die bewilligt werden müssen. Am 20. Mai 2015 wollte sich der MDS-Vorstand mit dieser Frage beschäftigen. Wenn Geld für technische Investitionen bewilligt wird, warum passiert das nicht auch beim Personal? Die Umstellung auf eine medienkonvergente Redaktion wird dazu führen, dass alle in der Redaktion für alle Nachrichten-Kanäle arbeiten werden, wie auch immer das konkrete Modell aussehen soll. Social Media wird zum wichtigen Thema nicht nur bei der Leserbeziehung. Dabei darf die Stellung von Print aber nicht geschwächt werden! Konkret: Die Redaktion muss personell im Rahmen der digitalen Transformation gestärkt werden. Dringend bedarf es neuer Stellen im Sport und im Lokalen, wo auch die Besetzung freier Stellen ansteht. Die Videoproduktion muss ausgebaut und eine Bewegt-Strategie entwickelt werden. Bei MDS wird viel davon geredet, aber es dauert alles viel zu lange. Wir hatten uns schon vor geraumer Zeit für eine Video-Strategie ausgesprochen und immer wieder personelle Vorschläge gemacht, aber bisher wollte man davon nichts wissen. Auch die Korrektur muss personell gestärkt werden. Es geht nicht mehr allein um den Andruck, es geht um die Verbreitung des Contents in mehrere Kanäle.

Zukunft und Innovation leben von Zusammenarbeit

Auch die Führungsarbeit muss sich in der digitalen Welt neu ausrichten. Es geht dabei um Kommunikation und Beteiligung, wie es aktuell z.B. in der Arbeitsgruppe „Digitale Transformation“ erfolgt. Der bisherige Ansatz – Einige wissen, wie es läuft – funktioniert nicht länger. Wir brauchen mehr Transparenz. Der digitale Wandel funktioniert nicht mehr nach dem klassischen Modell „Ansage“ und „Kontrolle“. Es bedarf einer großen Debatte in der Redaktion und eines transparenten Umgehens mit den Ergebnissen. Die Beteiligung der Beschäftigten ist zentrale Voraussetzung für die Gestaltung der Zukunft der MOPO.

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