Am 24./25. April 2015 fand in Berlin die ver.di Bundesfachbereichskonferenz Medien statt. Früher war das so etwas wie der Gewerkschaftstag der IG Druck und Papier bzw. IG Medien. In ver.di sind wir ein Fachbereich. 100 Delegierte aus allen Bundesländern bzw. Landesbezirken wurden gewählt, 90 kamen nach Berlin. Da sich ver.di neben dem Regionalprinzip auch nach den Berufsgruppen organisiert, in ver.di Fachgruppen, war auch von diesen (Bundes)Fachgruppen Delegierte vertreten.
In meinen Augen war diese Bundesfachbereichskonferenz ein formales Treffen, um Wahlen durchführen zu können. Inhalte spielten dort keine Rolle, unterstellt, die Anträge sind eben ein Abstimmprogramm, nicht Ausdruck des Streits um den besten Kurs zur Organisierung von Arbeitnehmer/innen oder Schlussfolgerungen aus Bewegungen.Ein sinnloses Treffen, wenn es nur darum geht, zu wählen, was in Wirklichkeit nur Bestätigung heißt, da alle Mandate auf den Landesbezirkskonferenzen des Fachbereichs Medien oder der (Bundes)Fachgruppen nominiert worden sind.
Eine ernste Debatte auf dieser Konferenz gab es nicht, es sei denn, die Debatte um die Schließung der Ver.di-Bildungseinrichtung in Lage-Hörste in NRW. Es ist ein internes Thema. Hätte es nicht den Einstellungsbeschluss des ver.di Bundesvorstandes gegeben, wäre eine kontroverse Debatte eher ausgeblieben. Zu Recht wurde von uns beschlossen, dass weiter nach Alternativen in der Finanzierung von Lage-Hörste gesucht werden muss.
In meinen Augen gibt es im Kernbereich der Gewerkschaftsarbeit des ver.di- Fachbereichs Medien Veränderungen, die sich auf die Bedingungen der Arbeit von ver.di auswirken müssten. In meinem Beitrag habe ich von einem Umbruch in den Printmedien gesprochen. Würde diese Einschätzung geteilt werden, müsste man auch als Gewerkschaft Schlussfolgerungen ziehen. Da sehe ich bisher nicht. Weder kam diese Frage im Geschäftsbericht groß vor, noch in den mündlichen Ausführungen des Fachbereichsleiters, wenn man so will, des Geschäftsführers. Es wurde von ihm mehr aufgelistet, was Gegenstand unserer Arbeit ist. Andere Themen wie die Tarifeinheit oder die neue Kooperationsvereinbarungen der IGM, der IG BCE, der EVG und der IG Bau wurden (hilfreich) beleuchtet. Das Frank Bsirske am Abend das gleiche Thema noch einmal aufmacht, muss einen nicht weiter stören.
Unverfroren wurde von Frank Werneke mit einem Satz zum Kernbereich der Tarifpolitik der Druckindustrie davon gesprochen, dass man in den nächsten Jahren noch mehr Verschlechterungen hinnehmen werden muss. Kein warum, kein wieso und kein wie ändern. In einem späteren Beitrag wurde vom ihm gesagt, dass man mit den Druck-Arbeitgeber verhandelt, über „wirkliche“ Mindestbedingungen, die dann nicht unterschritten werden dürfen. Dabei sind es heute schon Mindestbedingungen! Fakt ist aber: 14 Prozent der Druckbetriebe über 50 Arbeitnehmer/innen sind noch tarifgebunden (2010). Der Tiefdruck, eine ehemalige Tarifbastion, ist durch Verbandsmitgliedschaft nicht mehr tarifgebunden, unterstelle ich. Die Zeitungsdruckereien, heute noch Streikmacht von ver.di, befinden sich in der Konsolidierungsphase und die Beschäftigten erleben gerade in Teilbereichen die Folgen von Neugründungen und Kooperationen auf der Wiese. Ansonsten dürfte es im Rollenoffset- oder Bogendruck keine ernsthaften Streikbetriebe mehr geben. Die Zeitungs- und Zeitschriften sind von den gleichen Prozessen betroffen. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad in den Printmedien, einschließlich Druck, dürfte weiter gesunken sein, die Anzahl der gewerkschaftlichen organisierten Betriebsräte weiter abgenommen haben, ganze Gremien gewerkschaftsfrei – auch in großen Mediengruppen.
Eine Debatte zwischen der Führung des Fachbereichs und den Streikenden des  Berliner Balletts auf der Konferenz war eine spannende Ist-Beschreibung des praktischen Verhaltens der Berliner Funktionäre. Aus Sicht von Frank Werneke hat dieser Streik eine strategische Bedeutung, da diese Belegschaft bisher nicht organisiert war, weder in ver.di, noch in der Konkurrenzorganisation GDBA. Die gefühlte Botschaft: wenn wir hier einen Tarifvertrag erreichen, dann erstmals einen für das künstlerische Personal im dem Bereich und dann noch „nur“ wir. Die Streikenden erreichen mit ihrem Beitrag alle Delegierten, doch während der Soli-Aktion wird die Erwartungshaltung der Streikenden kommuniziert, dass Druck auf die Politik, mehr Druck von der verdi Führung in Richtung Senat ausgebt werden sollte. Die gefühlte Botschaft: Wir ringen um unsere Haltung. Die Antwort vom Werneke lautete, dass sie weiter streiken müssten und das ver.di im Bereich Politik eher wenig machen kann. Die Streikenden haben eine Erwartungshaltung, doch die Führung will dem nicht entsprechen – auch aus Erfahrung anderer Kämpfe. Es gibt Gemurmel und Zwischenrufen. Der Druck wirkt und der Satz fällt: Man wird sich auch an den Berliner Bürgermeister wenden. Aber das Fehlverhalten von Werneke wird doch einer großen Gruppe sichtbar. Alle spüren die Verunsicherung der Streikenden. In einer Konferenzpause bleiben sie hinter dem Konferenzpräsidiums stehen. Es kommt zu verschiedenen Diskussionen mit ihnen, auch ich gehöre dazu. Die Gespräche versetzen mich schnell in die Lage, um was es geht dürfte und wo die Probleme liegen. Nicht unlösbar, aber würde ich davor stehen, schon eine Herausforderung (da der Streik noch läuft, ist hier nicht der Platz, dazu etwas zu schreiben).
Im Schlusswort zur Fachbereichskonferenz wurde noch einmal auf den Diskussionsprozess und die Form der Debatte um die geplante Schließung der verdi-Bildungseinrichtung in Lage-Hörste eingegangen und sie wird gelobt. Mit keinem Wort wird der offensichtliche Konflikt auf der Konferenz um den Streik beim Balett angesprochen. Dafür wurde eine Soli-Adresse angenommen. So ein anhaltendes Zeichen von Schweigen ist entweder Überheblichkeit, mangelnde Sensibilität für die Psychologie eines Arbeitskampf oder, was wahrscheinlicher ist, die Hoffnung nach einer heilen Welt nach innen. In vier Jahren muss ich mir das zu den nächsten Organisationswahlen in ver.di nicht mehr anhören.