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Holger Artus

Delegierter

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Am 25./26. April 2015 findet die ver.di Bundesfachbereichskonferenz Medien, Kunst und Industrie in Berlin statt. Früher war das der Gewerkschaftstag der IG Druck und Papier bzw. IG Medien. Ich bin Delegierter und ahne, dass es um nichts geht. Die Tage werde ich mit Papier erschlagen, über die vergangene Arbeit, die Formalien so einer Konferenz, die Erledigungsvermerke zur letzten Konferenz, Anträge u.a.m. Diese Konferenzen sind (fast) völlig sinnlos, haben keinen Zweck außer den beliebigen Wahlen und der Selbstdarstellung.

Dort treffen sich nicht die Vertreter/innen der um ihre Positionierung/Formierung kämpfenden Belegschaften. Es geht nicht um ihre Themen, es kommen nicht die Vertreter/innen zusammen, die in inhaltlichen Debatten z.B. um die Tarifpolitik das Plenum mit anderen teilen wollen, um zu prüfen, wo man steht und ob man Schlussfolgerungen ziehen kann. Auch nicht, um die Debatte zu führen, welche Verallgemeinerungen aus den Bestrebungen der Bundesländern um die Änderung in der Rundfunkpolitik über die Medienstaatsverträge sich ergeben könnten. Dank Frank Bsirske auf Ebenen-Konferenzen von ver.di wurde das Thema der Digitalisierung und ihren Folgen für Arbeit und Gesellschaft angesprochen. Auf dem Treffen der Fachbereichsdelegierten wird es Seitens der Führung eher nicht angesprochen. Es wird sich persönlich dargestellt, aber nur um Beziehung zu demonstrieren in einer Subkultur ohne ernsthafte Beschäftigtenbezüge. Es geht nicht um die Sache der Mitglieder oder der Belegschaften mit ihren vielfältigen Sichtweisen.

Schon längst ist in der gewerkschaftlichen Arbeit in den Printmedien ein Zustand entstanden, dass es nicht mehr um die Themen und Meinungsbildung in den Belegschaften geht. Gegenmacht und Gegenwehr ist faktisch aus dem Grundansatz verschwunden. Dieser Verzicht oder das abrücken davon wird kaschiert durch taktische Manöver der Verantwortlichen, die sich dann auf die desorientierten Belegschaften beziehen. Der Führung dürfte es nur darum gehen, ohne großen Schaden durch die Konferenz zu marschieren. Die strategischen Herausforderung z.B. aus dem Umbruch in den Printmedien, die Folgen der Lage der Kommunen für den Bereich der Theater/Kulturpolitik oder die abnehmende Bindung von Tarifverträgen – in der Druckindustrie fast bis zur Unkenntlichkeit – oder die digitalen Transformation in den Redaktionen, werden keine Rolle spielen (es kann sein, das es dazu einen Antrag gibt). Bereits auf den fachlichen Vorkonferenzen wurde sich um diese Frage so gut wie nicht gekümmert, liest man die gewerkschaftlichen Publikationen. Die organisationspolitische Situation des Fachbereichs Medien ist kritisch und es gibt keine erkennbare Prozesse, die der kompletten Auflösung von betrieblichen Strukturen und Mitgliederbeteiligung im klassischen Sinne einer Gewerkschaft entgegen wirken, vom Konzept bis zur Praxis.

Würde man sich einen Kopf in der Führung um den inhaltlichen Platz einer solchen Konferenz in der Gewerkschaftsentwicklung machen, man müsste anders agieren, würde die Themen kritisch angehen. Der Bundesfachbereichsleiter Medien, Kunst und Industrie soll auf einer Vorkonferenz der Vertreter/innen aus dem Bereich Druck, Papier und Verlage das Thema der geringen betrieblichen Tarifbindung von 16 Prozent angesprochen haben, aber darüber soll es keine Debatte gegeben haben, obwohl sich bei dieser Tarifbindung schon die Frage stellt, wie man aktiv die nächste Lohnrunde in der Druckindustrie bestreiten will. Keine Tiefdruckerei mehr, kaum Akzidenzdruckereien und einige Zeitungsdruckereien sind noch im Bahnstrahl der Tarifmobolisierung. Damit kann man tarifpolitisch nichts gestalten. Das ist aber kein neuer Tarif-Zustand, sondern der von 2010! Es gab verschiedene Ansätze, unter den veränderten Bedingungen tarifpolitisch anders vorzugehen. Allerdings stand dahinter immer auch die pragmatischen Erkenntnis, dass sich was ändern sollte, in der Neuformierung aber nichts erfolgt, wie am Beispiel des Niedergangs im Tiefdruck es erleben konnte. Die Konsolidierung prasselte auf die Belegschaften nieder. Es gab und gibt keine tarifliche Strategie unter den Konsolidierungsbedingungen der Printmedien einschließlich dem Druckbereich. Es gibt keine Überlegungen, ob und wenn ja, wie die Neuformierung der Gewerkschaft in ihrem Kernbereich aussehen kann, die im Verdi Fachbereich Medien 2/3 der Mitglieder ausmachen. Auch die Tarifrunde in den Zeitungsredaktionen 2014 hat gezeigt, dass man sich eher weiter parziliert als ernsthafte Reorganusationsfragen anzugehen.

Blicke ich auf die vielfältigen Aktivitäten der betrieblichen Interessenvertretungen gegen die Verlegerstrategie, einfach die Kosten zu senken, so gibt es erfreuliche Gegenwehr. Es ist aber nicht zu übersehen, dass diese Aktivität vereinzelt, im wesentlich betrieblich erfolgt. Weder ist ein erkennbares Interesse von ver.di zu sehen, allgemeine Themen in diesen Abwehrauseinandersetzungen zu bedienen, noch ergibt sich ein organisiertes gewerkschaftliches Vorgehen in den großen Zeitungsgruppen. Es ist auch nicht zu übersehen, dass der Einfluss des DJV in den Printmedien weiter zu nimmt. Das ist nicht schlimm, bemühen sie sich doch genauso um die Belange der Belegschaften, aber aus organisationspolitischer Sicht sinkt der Einfluss von ver.di in den großen Mediengruppen. Das kommt nicht von ungefähr, man hat keinen Plan in der Entwicklung der großen Verlagsgruppen noch einen Struktur. Wo die Reise der Arbeitnehmer/innen unter veränderten Bedingungen in den Kernbereichen des Fachbereichs hingeht, darüber gibt es keine Debatte, ja noch nicht einmal eine Vorstellung. Man redet, wie es passt, aber es gibt keine seriöse Einschätzung der Marktentwicklungen und sich daraus für die Gewerkschaftsbewegung ergebenden Schlussfolgerungen.

Vermutlich würde man, bei Nuancen, auch in den anderen Bereichen der tariflichen und betrieblichen Interessenvertretungen Ähnliche Grundprobleme sehen. Mir in Erinnerung ist noch der Beschluss der letzten Konferenz des VS in Erinnerung, dass man nicht mehr durch den Fachbereich Medien vertreten werden will. Von gestern, alles vergessen. Das genau ist die Praxis der politischen Führung im Fachbereich.

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