Der Hamburger ver.di-Vorstand hat sich auf seiner letzten Klausurtagung September 2012 dafür ausgesprochen, dass man sich als Organisation nicht mehr an der Nominierung von Kandidaten für Parlamentswahlen bei der SPD beteiligt. „Das heißt, ver.di-Hamburg nominiert zukünftig weder selbst noch über den DGB GewerkschafterInnen für Mandate von Parteien, verschließt sich aber nicht, wenn Parteien im gewerkschaftlichen Bereich um Kandidaten werben, die sich für die anfragende Partei engagieren bzw. für diese kandidieren wollen.“ Mündlich wurde von Verantwortlichen dazu erklärt, dass sich auch der DGB Hamburg entsprechend verhalten wird.
Damit dürfte in Hamburg die so genannte Gewerkschaftsliste der SPD bei Wahlaufstellungen dieser Partei ihr Ende gefunden haben. Klar hat sich der ver.di-Vorstand dafür ausgesprochen, das Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter auf den Listen der politischen Parteien kandidieren sollten. Wenn auch nicht ausgesprochen: Heute sind viel zu wenig Gewerkschaftsmitglieder im Parlament. Ein Blick auf die Hamburgische Bürgerschaft macht dies deutlich.
ver.di Hamburg hat Debatte zur Gewerkschaftsliste der SPD zu Parlamentswahlen beendet
Mit dem Beschluss ist ein Teil einer Debatte im Hamburger ver.di-Vorstand um ihre Verhältnis zur Sparpolitik beendet. Mein Ansatz, dass die Meinungsverschiedenheiten „Hamburger Politik und Gewerkschaften“ weniger mit der SPD oder einer Mandatsfrage zu tun hat, sondern Ausdruck unserer eigenen Schwäche ist, zum Thema eine sinnvolle gewerkschaftliche Einordnung zu erarbeiten, will noch niemand aufgreifen. Hier bin ich mir aber sicher, dass die Frage unserer gewerkschaftlichen Vorstellungen für eine soziale und demokratische Politik gegen eine Politik von Sozial- und Personalabbau früher oder später zu einem zentralen Thema in der gewerkschaftlichen Arbeit wird. Die vergangenen Streitereien in ver.di Hamburg haben, bei genauerer Betrachtung mehr damit zu tun, dass das gewerkschaftliche Verhältnis zur (Hamburger) Politik nicht besprochen worden ist, sondern man genau auf diese Debatte verzichtet hat. Ging es gegen den CDU/GAL-Senat bis 2011, dann war es einfach, gegen eine Sparpolitik und auf die Tonne zutreten. Mit dem Wahlsieg der SPD hatte sich die Ausgangslage verändert, über die man hätte sprechen müssen. Stattdessen hat man den Eindruck erweckt, jetzt kommt die Wende und von der Führung wurde gewerkschaftliche Arbeit mit der Arbeit einer Regierungspartei verwechselt. Zum anderen waren es einfach handwerkliche Schwäche, die zu Beziehungsbelastung geführt haben bzw. eben geführt worden sind. Es ist gut, dass man sich jetzt stärker an den Sachthemen ausrichtet, statt den Beziehungskonflikt zu bedienen.
Streit in der Sache führen, es gibt aber auch Kräfte die auf den Beziehungsstreit setzen
Es gab und gibt interessierte Kreise im DGB Hamburg, die die Debatte um die „Mandatsfrage“ versuchen zu instrumentalisieren, um strittigen Fragen der eigenen Strategie über den Beziehungsstreit einfach zu belasten. Gebetsmühlenartig haben sie den Vorgang um die stellvertretende ver.di-Landesbezirksleiterin bei ihrer Zustimmung zur Kürzung des Sozialhaushalts (in der Deputation) aufgebauscht und irgendwelche Pappkameraden aufgebaut, um sich dann daran abzuarbeiten. Das Argument nach dem Glaubwürdigkeitsverlust von ver.di in dieser Debatte und für die Auseinandersetzung in der Hamburger Politik wird von ihnen einfach ignoriert. Zu Recht hat ver.di Hamburg aber genau auf dieses Problem hingewiesen: „Da Mitglieder beim Findungsprozess von Kompromissen im politischen Raum nicht einbezogen sind und auch kaum einbezogen sein können, stellt sich für die Organisation dabei immer auch die Glaubwürdigkeitsfrage, denn dadurch entsteht bei Mitgliedern der Eindruck, dass gewerkschaftliche Forderungen nur halbherzig vertreten oder diese Positionen ohne Not gegenüber der Politik geopfert werden.“
Lösungsansatz kam aus dem ver.di Fachbereich Medien
Bezeichnend ist, dass gerade der Lösungsansatz meines ver.di Fachbereichs Medien, Kunst und Industrie sich mehrheitlich durchgesetzt hat. In einem Antrag an den Hamburger ver.di-Vorstand hatten wir die Lostrennung vom Gewerkschaftsmandat der SPD gefordert. Bereits auf der außerordentlichen ver.di-Landesbezirkskonferenz zur Neuwahl eines Landesbezirksleiters Mitte Juni 2012 hatten alle Redner auf diesen Antrag hingewiesen und damit die Hoffnung verbunden, dass man weiter darüber spricht und im Herbst eine Lösung sucht. Bewusst habe ich in meinem Redebeitrag auch davon gesprochen, dass der Lösungsansatz zur „Mandatsfrage“ von unserem Fachbereich ausgeht, trotz aller heftigen Attacken darauf – und auf meine Person. Die Debatte, so meine weiterer Ansatz, um unser Verhältnis zur Sparpolitik bzw. Schuldenbremse und unserer Alternativen wird weiter zuführen sein, da in diesen Fragen, aber auch am Beispiel Hartz IV, Leiharbeit, Flexibilisierung der Arbeitszeit u.a. die Differenzen von ver.di zur SPD sehr groß sind. Betont wurde von DGB-Vertretern, dass die Debatte um das Deputationsverhalten nur zum Schaden der Gewerkschaftsbewegung sei, dass man Personen diffamiere und damit die gesamten Gewerkschaftsbewegung schwächt. Die Thematisierung der Abstimmverhaltens in der Deputation und ihre Skandalierung sei nur die Absicht eines Presseorgans gewesen. Hier werde, so ein Redner, Hexenverfolgung betrieben. Die Tatsache, das verschiedene Hamburger Zeitungen, so die Welt, die taz oder die MOPO darüber geschrieben haben, wurde einfach ignoriert. Eine sachliche Betrachtung passte einfach nicht zum Reaktions-Vorgehen. Auf der Konferenz hatte ich darauf hingewiesen, dass Herbert Schalthoff von Hamburg als einer der ersten auf Facebook dieses Thema aufgemacht hatte und nicht die Printmedien. Die für mich erkennbare Absicht, durch Billigkeit und Instrumentalisierung von falschen Fakten, einen Beziehungskonflikt zu provozieren, ist aber nicht aufgegangen. Das ist sehr befriedigend.
Beschluss hat nur nach innen von Bedeutung
Der Beschluss von ver.di Hamburg hat mehr eine Bedeutung nach innen, denn nach außen. Es wird in hauptamtlichen Kreisen darüber spekuliert, dass dieser Beschluss zum Thema der Hamburger Medien wird. Aber selbst das ist eine Fehleinschätzung des Interesse an diesem Thema. Es sagt vielleicht etwas über die Motivlage einzelner Beteiligten an der internen Debatte aus. Weder sind in absehbarer Zeit Hamburger Wahlen, noch interessiert es, was auf einer Vorstandsklausur beschlossen wird zu einem Punkt, der nicht im Gegensatz zur SPD steht.
Ein Problem erledigt, ein neues angefasst – aber ohne Erforderlichkeit
Am Ende der Vorstandsklausur September 2012 gab es dann doch nur eine knappe Mehrheit für diesen Beschluss, da ein neues Thema aufgemacht wurde, dass der Bündnispolitik.“Hinsichtlich von möglichen öffentlichen Bündniserklärungen bestehen derzeit in ver.di-Hamburg keinerlei Transparenzregelungen für die beteiligten ver.di-Gliederungen. Um zu gewährleisten, dass verantwortliche Funktionsträger nicht über die Medien erfahren, welche ver.di-Gliederung welche Bündniserklärung abgegeben hat, benötigen wir transparente Regelungen.“ Hier war der Streitpunkt, das man Sachen, die intern unter den hauptamtlichen Strukturen erst einmal klären muss, nicht zum Thema des ehrenamtlichen Vorstand macht. Wie soll der beurteilen können, wie sich hauptamtliche informieren oder nicht muss? In der Debatte um diesen Punkt „Bündnispolitik“ hat sich dann auch gezeigt, dass das Problem nicht konkret beschrieben werden konnte, sondern es nur allgemeine Hinweise gab, was aus meiner Erfahrung dafür spricht, das es um etwas anderes geht. Es gehört auch zu meinen Erfahrungen, dass ehrenamtliche Gliederungen überfordert sind, sich zu hauptamtlichen Kommunikationsproblemen zu verhalten. Man wird sehen, ob und wenn ja, welche Auseinandersetzungen geführt werden. Ich denke, dieses Fass der Bündnisarbeit aus dem Bauch aufzumachen, wird nicht zur Stärkung der Sachdebatte führen. Daran sollte man aber Interesse haben.