Am 15.06.2012 wurde Wolfgang Abel zum ver.di-Landesbezirksleiter Hamburg gewählt. 73 % der Delegierten stimmten für ihn, was dem Ergebnis von Wolfgang Rose, seinem Vorgänger, auf der letzten Konferenz 2011 entsprach. Es wurde eine Resolution zur Stadtpolitik angenommen, die ver.di wie bisher klar gegen eine unsoziale Senatspolitik positioniert, die davon spricht, dass man die Gegenwehr gegen den kommenden Doppelhaushalt im Bündnis mit anderen sozialen Bewegungen organisiert. Einstimmig wurden die Kürzungen im Hamburger Sozialhaushalt abgelehnt, was ver.dis Ansehen in der Bewegung gegen diese Kürzungen wieder verbessern dürfte nach dem jüngsten Konflikt um die Zustimmung eines verdi-Führungsmitglieds in der Deputation der Sozialbehörde – als SPD-Vertreterin. Die Alternativen wurde auch formuliert: Es bedarf einer anderen Steuerpolitik, also mehr Einnahmen und eine andere Ausrichtung der Haushaltspolitik.
Unser Antwort: Nicht Kürzen und Kaputsparen
Unsere Antwort auf die Krise heißt nicht kürzen und Kaputtsparen“, sagte der neu gewählte Ver.di-Chef, „unsere Antwort heißt: Erhöht die Einnahmen und sorgt endlich für ein gerechtes Steuersystem.“ Zu den Alternativen gehört auch die Strategie einer Rekommunalisierung und die Stärkung der öffentliche Daseinsvorsorge. Sie muss öffentlich organisiert werden, nicht privat. Am Rande gab es eine engagierte Debatte um die Unabhängigkeit von ver.di von den politischen Parteien in Hamburg.
Beschluss zur Stadtpolitik
Der Weg im letzten Jahr bis zur Konferenz, die Beschlüsse und öffentlichen Positionierungen bieten eine Chance, dass ver.di Hamburg sich sowohl in seinem Kerngeschäft, der Tarifarbeit, aber auch in ihrem Stellenwert in den sozialen Bewegungen, wieder festigt bzw. sich den Herausforderungen stellt. Das Ringen um eine gemeinsame Haltung und der Sicherung der Vielfalt von ver.di gehört zu den wichtigen Gütern der Gewerkschaftsentwicklung. Wolfgang Abel hat sich hier klar erklärt, er will die Diskussionen und Abstimmungen unter den Fachbereichen stärken. Das ursprünglich nur als Wahlkonferenz angedachte Delegiertentreffen bekam durch die Frage des Verhältnis zum Sparprogramms des Senats eine besondere Spannung, die aber klar aufgelöst wurde: ver.di ist gegen einen Doppelhaus, der Personal- und Sozialabbau und damit Schwächung der Zivilgesellschaft zum Inhalt.
Klärende Debatten sind nötig, sie müssen aber auch zu einem Ende kommen
ver.di ist nicht nur eine Presse-Erklärung oder irgendein Beschluss, ver.di, dass ist die Mitmacht-Gewerkschaft, zu der das erarbeiten von Positionen und deren Klärung dazu gehört wie die gemeinsame Unterstützung derer, die Hilfe benötigen. Die Konferenz hat verdeutlicht, dass der bisherige Ansatz, in der strategischen Positionierung die Themen aus zu sitzen, dringend beendet werden sollte. Wolfgang Abel hat dazu aufgefordert, diesen Prozess anzugehen. Dies gilt in erster Linie dem Thema des Verhältnisse zum Sparprogramms, damit zur Schuldenbremse, den Alternativen sowie der Frage der Formierung der Gegenkräfte und des Platzes von ver.di in ihnen.
Verhältnis zu Sparpolitik klar wie klärungsbedürftig
Die Zustimmung der Hamburger Gewerkschaftsspitzen in den verschiedenen Deputationen als SPD-Mitglieder hat die Frage der Glaubwürdigkeit von ver.di zu einem Thema auf der Konferenz. gemacht. Es wurde leidenschaftlich darüber gestritten. Wolfgang Abel: Ziel sei es, eine Linie zu finden, wie mit Bündnispolitik und politischer Positionierung umzugehen sei. „Ich bin ein Gewerkschafter in einer Partei“, sagte Abel, Mitglied der SPD. „Und für mich steht fest, dass ich nie ein politisches Amt anstreben werde.“ Er selbst könne nur eine Aufgabe vernünftig machen. „Es besteht die Gefahr, dass Gewerkschafter in der Politik instrumentalisiert werden können“, sagte Abel. Die Hamburger ver.di-Vorsitzende, Katharina Ries-Heidtke, wies auf den Beschluss des Vorstandes aus Februar 2012 hin, über das Verhältnis zum Parlamentsmandat des DGBs über die SPD werde im September auf einer Vorstandsklausur gesprochen. Mein Fachbereich (Medien) hatte hier einen Antrag eingebracht und in ihm gefordert, dass es zu Aufhebung des DGB-Mandats bei der SPD Hamburg kommt. Das hat nichts damit zu tun, dass mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, mehr Gewerkschafter ins Parlament gehören.
In der Debatte um das Verhältnis von ver.di zum Sparhaushalt des Senats wurde von verschiedenen Redner/innen auf den einstimmig angenommenen Beschluss zur Stadtpolitik hingewiesen, der den Spar-Doppelhaus-Halt ablehnt, weil er Sozial- und Arbeitsplatzabbau zum Ziel habe. Dieser Inhalt war in dem ursprünglichen Entwurf nicht enthalten und die Landesleitung wollte sie auch nicht übernehmen. Erst nach der Diskussion im Vorstand erfolgte eine Korrektur. Ursprünglich wollte man überhaupt keinen Antrag zur Konferenz zu den strategischen Aufgaben von ver.di in Hamburg.
Grundfrage Rekommunalisierung
Zu den zu besprechenden Themen im kommenden Halbjahr gehört die Frage zur Rekommunalisierung und hier der Unterstützung der Forderung der Initiative „Unser Hamburg, Unser Netz“, die die 100prozentiger Übernahme der Strom- und Gasnetzes in Hamburg fordert. Auch hier gibt es einen Beschluss des ver.di-Hamburg Vorstandes, der die strittigen Inhalte beschrieben und dazu aufgefordert hat, die Debatte in den Fachbereichen zu führen. Es sollen öffentliche Veranstaltungen durch ver.di angeboten werden. Bisher – das gilt aber auch für andere Beschlüsse – hatte man sich in ver.di Apparat mit dem Thema der Umsetzung nicht beschäftigt.
Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitische Forderungen für Hamburg
Die Frage der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitischen Positionierung wird man in ver.di Hamburg sicher noch besprechen müssen. Es gab im ver.di-Vorstand in Hamburg einen ersten Antrag für eine Arbeitsmarkt- und Stadtpolitische Konferenz, der aber vor dem Hintergrund, das es überhaupt einen Antrag zur Stadtpolitik gibt, wurde er zur Seite gelegt. In den letzten Monaten gab es hierzu verschiedene Anlässe, hier sei nur auf die Frage der Schlussfolgerungen aus der Schlecker-Insolvenz verwiesen. Ohne eine Konkretisierung der Forderung nach einer regionalen Struktur- und Beschäftigungspolitik würde man nur noch Opfer der Marktlogik werden – dass es keine Alternative gibt und man sich eben anpassen muss. Die in den vergangenen Jahren in den betrieblichen Kämpfen entstandene Forderung nach einem Sozialtarifvertrag war eine Weiterentwicklung von Gestaltungsmöglichkeiten der Gewerkschaften zur Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, die aber alleine in diesem Fall nicht gegriffen hat. Die Alternativen sind es aber, warum sich Millionen von Menschen in den Gewerkschaften organisieren und auf die Straße gehen.
Eher nicht zutreffend dürfte die Einschätzung von Wolfgang Abel in seiner Vorstellungsrede gewesen sein, dass es eine hervorragende Öffentlichkeitsarbeit in der Vergangenheit gegeben habe. Einzelne Delegierte machten ihre Verhältnis zu Presse in doch eher abwegigen Beiträge deutlich, die wenig mit gewerkschaftlichen Positionen zu Pressearbeit zu tun hatten. Da Leidenschaft eine positive Seite jeder Debatte ist, muss man das aber auch mitnehmen. Das gerade die Öffentlichkeitsarbeit der Vergangenheit immer wieder zu Problemen geführt hatte, machte der aktuelle Streit um das Verhältnis zur Sparpolitik des Senats deutlich. Auch gab es intern wiederholt Kritik an der Presse-Arbeit von ver.di Hamburg auf den verschiedenen Feldern. Zur Web-Arbeit und zur Arbeit in den Sozialen Netzwerken gab es erst kürzlich einen Vorstandsbeschluss, wie man hier neu und strukturiert vorgeht. Er ist bisher nicht umgesetzt worden, aber damit steht er nicht alleine .
Stärkung der Gewerkschaften stärkt die Zivilgewerkschaft
Dass das Verhältnis von ver.di zur SPD ein Rolle spielt, ist nichts neues. Bereits einmal gab es einen heftigen und öffentlich ausgetragenen Streit zwischen dem ver.di-Vorsitzenden Frank Bsirske und dem damaligen (SPD) Bundeskanzler Gerhard Schröder, der mit seiner Regierung für Hartz IV, Leiharbeit und Milliardensteuergeschenke für die Unternehmen stand. Unter anderem Vorzeichen (Folgen der Rezession 2007/2009 und Staatsschulden) stellt sich aktuell diese Frage immer noch und wieder. Für die Gewerkschaftsbewegung, die Arbeitnehmer/innen, Arbeitslose, Solo-Selbstständige und Rentner/innen vertritt kann es nicht anders gehen, als dass sie unabhängig von politischen Parteien ist, will sie glaubwürdig in ihrem Engagement sein. Wird die Glaubwürdigkeit des Engagement in Frage gestellt, dann leidet darunter die Kraft der Gewerkschaften und führt damit auch zu einer Schwächung der Zivilgesellschaft.