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Holger Artus

Geht es der MOPO schlecht – müssen wir deshalb sparen?

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DuMont wollte vor allem im Berliner Verlag Personal abbauen. Deren Geschäftsführer, über die Holding der BV Deutsche Zeitungsholding auch Chef der MOPO, wollte am 14. September 2009 auch bei uns sprechen. Unsere Linie war, dass wir ihn selbstbewusst empfangen und in Wissen um den „Berliner Schwerpunkt“ ihm aber einen unfreundlichen Empfang machen. Sowohl auf Papier wie im Ablauf der Versammlung. Das Info diente der Vorbereitung.

Unsere neuen Eigentümer starten zum 14. und 15. September 2009 ihre „Einsparoffensive“. Insgesamt sollen Millionen in der gesamten Mediengruppe DuMont Schauberg (MDS) eingespart werden. Der MOPO-Geschäftsführer mit Sitz in Berlin, Herr Rohloff, will bei uns (14.09.) und im Berliner Verlag (15.09.) die Lage der Branchen und ihre Wirkung auf die Zeitungstitel darstellen. Es soll erläutert werden, warum Einsparungen für die Zukunftssicherung der MOPO erforderlich sind. Vermutlich wird noch ein „Abfindungs-angebot“ vorgestellt, damit Beschäftigte freiwillig gehen.

Die ZEIT hat gestern einen liebevollen Text („Pflicht und Kult“) über uns verfasst. „Einsam steht sie in Hamburg gegen Springers Welt, Springers BILD und Springers Abendblatt. Die tapferste, unzerstörbarste kleine Tageszeitung der Welt.“ Warum man gerade zum 60. Geburtstag der MOPO-Mannschaft sagen muss, ihr müsst sparen, wo das Unternehmen erfolgreich ist – das muss man nicht verstehen. Es ist doch so: Wir alle hier engagieren uns für die Zeitung, damit sie erfolgreich bleibt. Natürlich wissen wir nicht, was konkret am 14.09.09 gesagt wird. Wir orientieren uns an der allgemeinen Argumentation, die wir seit Tagen hören. Wir haben einige Fragen erhalten, die wir euch beiliegend mit unseren Antworten zur Kenntnis geben wollen.

Wie steht es wirtschaftlich um die MOPO, hinterlässt die Krise nicht auch bei der MOPO Spuren?

Wie vermutlich alle Zeitungen, hat auch die MOPO nach unseren Informationen Umsatzverluste. Der Bezugspunkt ist das Vorjahr. Entscheidend ist, dass die MOPO sich für 2009 einen Plan für eine Rezessionsphase gegeben hat, der sich in Umsatz und Ergebniszahlen ausdrückt. Nach unserem Wissen geht es der MOPO gut, sie ist weit über den Etatzahlen beim Ergebnis und leicht darüber bei den Umsätzen. Das Ergebnis der MOPO kann sich sehen lassen. Die Folgen der Krise beim Umsatz wurden offenbar realistisch eingeschätzt.

Überall hört man, dass zum Vorjahr die Zahlen so schlecht sind?

Wir kennen die konkreten Zahlen, können sie aus verständlichen Gründen nicht nennen. Es gibt zum Vorjahr reale Umsatzverluste. Wenn aber die Anzeigenrückgange für dieses Jahr 20 Prozent wären (sie sind es nicht!), so besagt diese Zahl noch nicht, dass der Gesamtumsatz um 20 Prozent zurückgeht. Das zweite Standbein der MOPO ist der Vertriebsumsatz (verkaufte Exemplare). Orientieren wir uns an der letzten veröffentlichten Bilanz, so haben wir ca. 50/50-Anteile (Anzeigen 11,6 Mio. €, Vertrieb 11,1 Mio. €). Würde z.B. der Vertriebsumsatz nicht steigen, dann wären die 20 Prozent Anzeigenumsatzrückgang im Gesamtumsatz nur noch 10 Prozent. In Wirklichkeit sind auch die Kosten entsprechend rückläufig. Am Ende schaut man sich an, was es für einen Jahresüberschuss gibt.

Wir brauchen dringend ein neues Redaktionssystem. Das Unternehmen muss investieren. Das Geld muss doch irgendwo herkommen?

Man muss die Kirche vom Umfang der Investition technisch im Dorf lassen. Die Kosten für die Investition werden über fünf Jahre abgeschrieben. In der Vergangenheit wurde unter Mecom für die MOPO eine Mehrbelastung im Jahr von ca. 280.000 € geplant. Wir können uns nicht vorstellen, dass MDS ein System teuer einkauft oder so teuer, dass es zu einer erheblichen Mehrbelastung führt.

Die Online-Stellen kosten doch auch Geld!

Unter Mecom waren für 2009 vier Online-Stellen geplant. Wir haben dafür im April letzten Jahres erheblichen Druck gemacht, damit diese Stellen geschaffen wurden. Unter MDS sind die Stellen nur für 12 Monate geplant. Nach einem Jahr können die die Reißleine ziehen, ohne dass es arbeitsrechtliche Probleme gibt, sprich keine Kündigungsschutzklagen. Die aktuelle Etat 2009 der MOPO erfolgte einschließlich dieser vier Stellen. Wenn gegenwärtig das Ergebnis oberhalb der Planung ist, spricht es nur dafür, dass sie finanzierbar sind. In der letzten publizierten MOPO-Bilanz sind z.B. 0,85 Mio. € Rückstellungen für das nächste Geschäftsjahr gebildet worden, um „Risiken“ aus Abfindungen und Urlaubsrückstellungen zu sichern.

Wenn der Umsatzrückgang bei den Anzeigen und dem Verkauf der Zeitung auch 2010 rückläufig ist, muss man sich doch heute darauf einstellen?

Die Wirtschaft wird sich wieder erholen, wohl weniger in diesem Jahr und glaubt man den Prognosen, nur schleppend 2010. Marktüblich scheint zu sein, dass die Verlage ab 2011 wieder mit einem steigenden Umsatzwachstum rechnen, aus niedrigem Niveau. Was 2010 und später passiert, dürfte aktuell schwer zu prognostizieren sein. Wenigstens sollte man heute auf der Basis der realen Zahlen nicht zum Spekulanten werden. Es reicht, wenn man kaufmännisch auf der richtigen Seite steht. Es hat für die MOPO 3-Jahrespläne, 1-Jahresplan und auch schon einmal einen 7-Jahresplan gegeben. Die Erfahrung: Mit den Prognosen ist das so eine Sache. 2002 wurden uns einmal verschiedene Szenarien präsentiert: der schlimmste Fall, der beste Fall und die realistische Annahme. Die Zahlen haben alle Lügen gestraft.

Geht der MOPO das Geld aus, um zu investieren?

Faktisch ist es so, dass die MOPO seit Jahren durch einen Gewinnabführungsvertrag zu Gunsten der BV Deutsche Zeitungsholding gezwungen ist, den erwirtschafteten Erfolg nach Berlin zu überweisen. Millionen von Euro sind hier bisher geflossen. Wäre das Geld in der MOPO geblieben, hätte man vermutlich über Zukäufe nachdenken können. Wenn es Druck auf das Ergebnis der MOPO in der Zukunft geben sollte oder die Zahlen auch weiter in den Keller gehen, so steht die MOPO doch fest im Markt, hat stabile Kundenbeziehungen im Vertrieb, bei den Anzeigen und im Verhältnis zu den Lesern und Leserinnen. Die Geschäftsidee Zeitung hat Zukunft und die Liquidität ist so oder so gegeben.

Die Auflage der MOPO gibt doch nach, fehlen damit nicht weitere Umsätze?

Zeitungen sind ein stabiles Gut, sie gehen in einer Rezession nicht so zurück wie das im Anzeigengeschäft der Fall ist. Es gibt seit Jahren einen kontinuierlichen Rückgang, aber weniger eine zyklische Wirkung. Wir freuen uns über den Auflagenerfolg der MOPO, wir wissen, dass die IVW-Auflage das Aushängeschild für den Verkauf darstellt. Mit einem großen Einbruch ist nach allen Erfahrungen bei der Auflage in der Zukunft nicht zu rechnen.

Die Karstadt-Insolvenz, der Zusammenschluss von VW oder das Ende der Abwrackprämie – all das wird doch Folgen für kommende Anzeigenschaltungen haben?

Wir sind in einer tiefen Rezession mit Folgen für alle Unternehmen. Fusionen hat es immer gegeben und sie werden sich immer auch auf die Werbeetats des neuen Unternehmens auswirken. Das ist keine neue Situation, sondern ebenfalls eine kontinuierliche. Vor dieser Herausforderung steht man ständig im Anzeigenverkauf: Kunden reduzieren ihre Werbemaßnahmen, durch Zusammenschluss reduziert sich der Gesamtwerbeetat und damit die Werbeinvestitionen. Nur weil sich etwas verändert, legen doch die Verkäufer/innen ihre Hände nicht in den Schoß und warten ab, was passiert. Wir wissen um die Wirkungen einzelner Kunden beim Anzeigenumsatz, aber wir wissen auch, dass wir einen sehr guten Verkauf haben, dass hier in Hamburg motivierte und erfahrene Kolleginnen und Kollegen wirken, die alles unternehmen, Kunden zu halten und neue zu gewinnen. Ohne deren Engagement und Erfolg würde es uns heute schlecht gehen. Es gibt konjunkturelle und strukturelle Herausforderungen. Aktuell quält alle die Rezession. Natürlich kann man nicht sagen, die Rezession macht X, die strukturellen Veränderungen Y Prozent am Umsatzverlust aus. Aber offensichtlich ist, dass wir es auch bei einem möglichen großen Umsatzrückgang für alle nicht mit strukturellen Problemen zu tun haben. Geschäftsführer werfen gerne alles in einen Topf, um ein entsprechendes Szenario zu präsentieren, von dem man tief erschüttert ist und sich schuldig fühlt.

Was ist denn die Alternative?

Finger weg von der MOPO. Das Unternehmen ist erfolgreich. Ein wenig haben wir die Sorge, dass wieder die so genannten Konzernkosten auf uns abgewälzt werden, ohne dass sie einen betrieblichen Sinn ergeben. Bei G+J zahlte die MOPO 0,5 Mio. € pro Jahr, ohne die sonstigen Dienstleistungskosten wie Gehaltsabrechnung, Buchhaltung u.a.m. MDS soll sich auf seine Baustellen konzentrieren und hier für ein ruhiges Geschäft sorgen. Marke nicht ramponieren, sondern pflegen. Im Moment scheint man in Berlin einen anderen Kurs zu verfolgen.

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