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Holger Artus

60 Jahre MOPO

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2009 feierte die MOPO ihren 60. Gründungstag im September 2009. Gerade hatte die DuMont Mediengruppe das Unternehmen übernommen und eine neue Führung war noch in der Formierungsphase. Zu diesem Zeitpunkt gab es einen Verlagsleitung und uns war nicht klar, ob die MOPO direkt aus Köln oder Berlin gesteuert wird. Strategisch waren wir für eine Geschäftsführung. Für uns war der 60. Geburtstag Anlass, die Zeitungsgeschichten in Stichworten zu dokumentieren, – wenn auch lückenhaft, da es außer uns niemand wollte – und (bis heute) konnte. Später haben wir die/1950er Jahre weiter aufgeschrieben.

Beiliegend unser „kleiner“ Rückblick auf die MOPO im Zeitraffer. Es ist nicht zu übersehen, dass wir über die SPD-Periode von 1949 – 1979 wenig Wissen haben. Danach waren wir selber Zeitzeugen oder haben die Kontakte wie z.B die Medienberichte.

Für uns stellt sich die Geschichte der Zeitung so dar: Die Gründung der MOPO fällt zusammen mit dem Auferstehen einer neuen und demokratischen Bundesrepublik. Die Medien erleben ein Wachstum, leisten einen wichtigen Beitrag zur Meinungsbildung. In den 60er Jahren kommt es zum Niedergang von Parteizeitungen, die MOPO trifft das in voller Härte mit dem Einstellungsbeschluss der SPD von 1979. Die Periode unter Greif von 1980 – 1986 verlängert diesen Prozess. Der Erwerb der MOPO durch Gruner+Jahr 1986 haucht der Zeitung wieder eine Perspektive ein, endlich ist das Geld, was Greif abgegriffen hat, wieder da. G+J steht hinter der MOPO und investiert, verfolgt ein publizistisches Konzept, will eine überregionale Kaufzeitung etablieren. Illusionäre Umsatzziele und übersteigerte Erwartungen an Personen an der Spitze der Chefredaktion erhöhen am Ende immer wieder den Sanierungsdruck. Erst wird die MOPO verkauft, später der Berliner Verlag.

Die dritte Periode ist die der Neuformierung ohne große Konzernanbindung. 1999 haben wir das Glück, von Frank Otto mehrheitlich gekauft worden zu sein. Nach Jahrzehnten der Verluste spielt sich der Gewinn schnell ein und bis heute ist die MOPO wirtschaftlich erfolgreich. Der Wert dieser Zeit besteht darin, dass die Zeitung erhalten wurde. Mit dem Verkauf 2006 an den amerikanischen Finanzinvestor VSS ändern sich die Rahmenbedingungen für die MOPO wieder aufs Neue. Es beginnt die vierte Periode unserer Zeitungsgeschichte. Es sind Gesellschafter eingestiegen, die kaufen, um zu verkaufen. Der 15 %-Mitgesellschafter David Montgomery übernimmt 2007 die Anteile von VSS und will eine paneuropäische Zeitungsgruppe aufbauen. Die Schulden für seine Wachstumsstrategie fressen ihn auf. Er muss verkaufen. Die Mediengruppe DuMont Schauberg bekommt den Zuschlag. Diesmal interessiert sie nur die Berliner Zeitung, die MOPO ist Anhängsel. Eine neue Etappe in der MOPO-Geschichte beginnt.

Dass uns gerade anlässlich des 60. Geburtstages auf einer Mitarbeiterversammlung durch den Geschäftsführer eine Perspektive in MDS mit Mehrbelastung für die Redaktion und Stellenabbau im Verlag angedeutet worden ist, darf uns nicht abhalten, uns über unsere 60 Jahre zu freuen. Ein Abfindungsangebot zum Jubiläum der Zeitung – ist das deren Art, danke zu sagen? Als Belegschaft aus Verlag und Redaktion tragen wir das Produkt und darauf darf man stolz sein – unser Dank sei euch gewiss. Wir wünschen euch viel Spaß beim Durchstöbern des Rückblicks.

Der Rückblick 1949 bis 2009

1949 Die SPD bekommt das Pressehaus am Speersort in der Innenstadt as Verlags- und Druckhaus zur Wiedergutmachung der Nazi-Enteignung über-geben. Das Pressehaus am Speersort war nach dem Krieg eine Stätte des modernen, unabhängigen Journalismus. Auch die „Die Zeit“, „Der Spiegel“ und „Der Stern“ haben später hier ihr Domizil. Der Hamburger Senat vergibt am 15.09.1949 die Zu-lassung Nr. 3 zur Herausgabe der Hamburger Morgenpost. Am 16.09.1949 erscheint die erste Ausgabe. Die Lizenz kann nach Auffassung der britischen Besatzungsbehörden in Hamburg nicht direkt an eine Partei gegeben werden. Die SPD benennt einen Treuhänder, der die Lizenz bekommt. Die Startauflage wird mit 9.000 Exemplaren angegeben. Die erste Ausgabe kostet 10 Pfennig. Zum Jahresende werden täglich 21.455 Exemplare verkauft.
1950 Heinrich Braune wird erster Chefredakteur der MOPO. Von den Faschisten verfolgt, war er zeitweilig im Konzentrationslager Neuengamme inhaftiert. Nach dem Sieg der Alliierten 1945 wurde er CvD und stellvertretender Chefredakteur der SPD-Parteizeitung „Hamburger Echo“ (1948). Zum Jahresende liegt die Auflage der MOPO bei 95.387 Exemplaren. Der Senat mahnt die Bezahlung der Lizenzgebühr von 600 DM vom (SPD)Treuhänder Ernst Kähler an. Der Bürgermeister reduziert die Lizenzgebühr auf 100 DM.
1962 Die Auer-Druckerei, ein SPD-Unternehmen, produziert neben der MOPO auch das „Hamburger Echo“ und den „Spiegel“. Für den Spiegel-Auftrag werden drei neue Druckmaschinen gekauft (1,2 Mio. DM pro Stück). Die Niedertracht einer deutschen Bundesregierung gegenüber den Medien ereignete sich 1962. Am 26.10.1962 besetzte die Polizei die SPIEGEL-Redaktion im 6. Stock am Speersort. Der Herausgeber Rudolf Augstein, der Verlagsdirektor und mehrere Redakteure werden festgenommen und bis zu 103 Tage in Unter-suchungshaft gehalten. Nach einem Spiegel-Artikel über eine Herbstübung der NATO („Fallex 62“) waren mehrere Spiegel-Mitarbeiter wegen des Verdachts des Landesverrats und der aktiven Bestechung vorläufig festgenommen worden. Die Auflage der MOPO beträgt im IV. Quartal 292.891 Exemplare.
1963 Das „Hamburger Echo“, eine Abo-Zeitung der SPD für Hamburg, stellt ihr Erscheinen ein. Ihre Auflage liegt unter 40.000. Bis 1966 gibt es noch verschiedene andere Echo-Ausgaben (am Abend). Die MOPO Auflage steigt weiter und landet am Ende des Jahres bei 313.840 verkauften Exemplaren.
1964 Das Jahr stellt den Verkaufshöhepunkt der MOPO dar. Im Durchschnitt des Jahres werden 363.367 Exemplare verkauft. Die BILD Hamburg hatte im IV. Quartal eine Auflage von 582.797, das Hamburger Abendblatt 308.478 Exemplare.
1965 Der Verkaufspreis der MOPO wird von 10 auf 15 Pfennig erhöht. Der STERN zieht aus dem Presse-haus aus.
1966 Das „Echo“ wird endgültig eingestellt. „Der Druck der Titten-Postille´St.Pauli-Nachrichten’ schloss die Lücken bei Weitem nicht. Auerdruck macht krachende Verluste, von der Morgenpost bezahlt, die zudem auch weiterhin dem (SPD)Partei-kassierer als Melkkuh nützlich erschien“, schreibt Wolf Heckmann 1999 rückblickend. Günter Wallraf wird freier Mitarbeiter der MOPO. Mit der ersten großen Rezession nach 1945 beginnt der langsame Auflagenabstieg der MOPO.
1967 Die Comics über Willi Wacker erscheinen in der MOPO und erreicht zeitweilig Kultcharakter. Der SPIEGEL verlängert seinen Druckauftrag bei Auer nicht. Die finanzielle Krise der SPD-Zeitungen nimmt ihren Lauf. Der Verkaufspreis der MOPO wird von 15 auf 20 Pfennig erhöht.
1969 Wolf Heckmann (Abendzeitung) wird neuer Chefredakteur und Heinrich Braune im Impressum als Herausgeber aufgeführt. Im Sommer 1969 veröffentlicht die MOPO als erste deutsche Zeitung auf der Seite 1 ein Foto vom Astronautenausstieg auf dem Mond in Farbe. Zwischen Heckmann und den SPD-Verantwortlichen kommt es zu wieder-holten Streitereien. Der SPIEGEL zieht aus dem Pressehaus am Speersort aus.
1972 Wolf Heckmann scheitert mit seinem „Konzept 72“ (mehr Unterhaltung, weniger Politik). Sportchef Bodo Grosch wird neuer Chefredakteur. Der Verkaufspreis wird von 20 auf 30 Pfennig erhöht.

1973 Die SPD schmeißt zwei leitende Redakteure der MOPO raus, den Lokalchef und CvD. 25 SPD-Bundestagsabgeordnete solidarisieren sich mit den beiden. Anlass: Die Berichterstattung und Kommentierung der Hausbesetzung in der Eckhoffstraße (Hamburg-Hohenfelde). Andreas Conradi (Lokalchef) kommentiert, dass mit der Räumung das Problem nicht gelöst ist. Das Problem sei, dass intakte Wohnungen abgerissen werden, um daraus Eigentumswohnungen zu machen.
1975 Die Umstellung auf Fotosatz kostet 100 Setzern den Arbeitsplatz. Der Verkaufspreis der MOPO wird von 30 auf 35 Pfennig erhöht.
1976 Bodo Grosch scheidet nach 26 Jahren MOPO aus. Conrad Ahlers (MdB) wird im November Chefredakteur. Bernd Klosterfelde (SPD) wird Geschäftsführer (1986 kommt er über G+J nach mal als Vertriebschef zur MOPO für kurze Zeit zurück).
1977 Der Pressevertrieb Nord (PVN) verständigt sich mit der MOPO über die Zeitungsbelieferung für Hamburg. Es handelt sich um eine der längsten Geschäftsbeziehungen, die bis heute besteht. Das SPD-eigene Pressehaus am Speersort wird für 28 Mio. DM an die Allianzversicherung verkauft. Diese kündigt später der MOPO die Räume zum 31.03.1980.
1979 Die MOPO gerät vollständig in eine existenzielle Krise. Die SPD sucht verzweifelt nach Käufern. Auch M. DuMont Schauberg interessiert sich für die Zeitung, Verhandlungen mit Axel Springer scheitern. Der Bauer Verlag und Gremliza (konkret) prüfen den Kauf. Der Aufsichtsrat der SPD-Gesellschaft „Konzentrations GmbH und Co. KG“ als Eigner der „Auer-Druck“ und „Morgenpost“ erklärt, dass die Zeitung eingestellt werden soll. Conrad Ahlers verlässt die MOPO, Dieter Hünerkoch und Gerd Kahle übernehmen die Aufgabe kommissarisch. Eine eigene sozial-demokratische Medienpolitik ist gescheitert. Im Lauf der 70er Jahre hat die SPD fast alle ihre Zeitungen und Beteiligungen verkauft.
1980 Die Zeitung soll zum 28.02.1980 eingestellt werden. Die SPD will unter Gesichtswahrung aus der MOPO raus. Die Redaktion ist empört über das Verhalten der Gesellschafter. Die beiden kommissarischen Chefredakteure Hünerkoch und Kahle nehmen im Februar in dem Kommentar „Genosse Blattschuss“ kein Blatt mehr vor den Mund. Kurz vor dem „Aus“ kaufen die Schweizer Eduard und Christian Greif die MOPO. Die Greifs halten 60 %, die SPD 40 %. Den Kauf der MOPO hatte der Schweizer Verlegerverband mit einigem Erstaunen zur Kenntnis genommen. Die Gebrüder Christian und Eduard Greif hätten ein „eigenartiges Verhältnis zur Tagespresse entwickelt“ und „nie raffiniert ihr Geschäft betrieben.“ Bekannt sei nur, dass nichts von ihnen groß bekannt ist, schreibt die FR damals. Die Krise der MOPO geht weiter und vertieft sich mit diesem Gesellschafterwechsel. Zum 28.02.1980 stellt die SPD-eigene Auer Druck ihren Betrieb in Hamburg ein. H.G. Schmidt (SPD-Pressedienst, Bonn) wird zum 1. März Chef-redakteur. Zum 31.12. scheidet er wieder aus. Seit März wird die MOPO in Zeven bei Bremen, Schwarzenbek und Pinneberg gedruckt. Die MOPO zieht im März vom Speersort ins Kaufmannshaus (Bleichenbrücke). Die Auflage liegt bei 238.000 Exemplaren.

1981 Die SPD steigt komplett aus der MOPO aus und verkauft die restlichen 40 % an Greif. Im Oktober wird Gerd Kahle Chefredakteur.
1982 Die Brüder Greif beenden für 1985 alle bestehenden Druck- und Mietverträge. Klaus Beeck wird im April Geschäftsführer, nimmt aber nach neun Monaten wieder den Hut.
1983 Gerd Kahle scheidet als Chefredakteur der MOPO aus. Gernot Busch wird im Mai Geschäftsführer. Es kommt zum Knall mit Greif und am Jahresende ist Busch wieder verschwunden.
1984 Sepp Schelz wird im Januar Verlagsleiter. Felix Schmidt (ehemals Stern-Chefredakteur) wird im Februar Chefredakteur, verlässt das Unternehmen zum 31.12. Die MOPO zieht im Juli vom Kaufmannshaus (Bleichenbrücke) in die Griegstraße um. Am 10. Januar 1984 titelt die MOPO„Chef­arzt operierte uns zu Krüppeln“ und löst damit den Skan­dal um Prof. Bernbeck aus.
1985 Zum Juli wird Nils von der Heyde Chefredakteur. Eduard Greif wird sich mit Burda über den Kauf der MOPO einig. Kurz vor Unterzeichnung des Kaufvertrages macht Burda im November einen Rückzieher, da die Zahlen von Greif mit der Realität nicht mehr übereinstimmen.

1986 Heinrich Braune verhandelt für die MOPO über die Beteiligung an Radio Hamburg (5 %). Eine erfolgreiche Beteiligung bis heute wird begründet. Gruner+Jahr kauft im August die MOPO und tritt damit erstmalig in den Zeitungsmarkt ein. Später kommen weitere Zeitungen wie die Berliner Zeitung, der Berliner Kurier und die Sächsische Zeitung dazu. G+J träumt von einer überregionalen Verbreitung der MOPO. Der G+J-Vorstands-vorsitzende Gerd Schulte-Hillen spricht von einem Auflagenziel von 250.000. Als Kolumnisten schlagen Johannes Gross und Scholl-Latour auf. Es gibt eine eigene Frauen-Redaktion, eine große Kulturredaktion. Eine tägliche Pop-Seite wird eingeführt. Mit Clemens Grün als POP-Redakteur hält der erste (PC)Atari in der Redaktion Einzug. Geld spielt für G+J keine Rolle. Der große Zeitschriftenverlag mit seinem Vorstands-vorsitzenden dachte, dass alle nur auf sie gewartet haben (2006 schlägt Schulte-Hillen noch einmal als Berater von VSS auf, doch auch dieses Engagement endet erfolglos). 10 % der MOPO-Anteile hält Hans Dichand (Kronen-Zeitung). Insgesamt sind in der Griegstraße 130 Mitarbeiter/innen beschäftigt, davon ca. 70 in der Redaktion. Die MOPO erscheint im halben Berliner Format. Der Verkaufspreis beträgt 0,50 DM. Heinrich Braune wird als Herausgeber aus dem Impressum der MOPO gestrichen. Jürgen Juckel wird Chefredakteur, scheidet aber nach sieben Wochen wieder aus. Im Dezember wird die Bremer MOPO gegründet. In den Räumen es Archivs in Hamburg trifft sich im 3. OG eine kleine Horde von Redakteuren und Verlags-angestellten, um den Betriebsrat zum Rücktritt zu bewegen, da dieser nichts gemacht hat. Die Auflage liegt bei 139.000 Exemplaren.
1987 Christian Nienhaus wird Geschäftsführer. Es kommt zur Neuwahl eines Betriebsrats. Sigrid Meißner wird Vorsitzende. Die Zeit der Anpassung an die Unternehmensentscheidungen wird beendet. Wolfgang Clement wird Chefredakteur. Im Juli kommt es mit dem Einstieg von Clement zu massenhaften Kündigungen in der Redaktion (15 an der Zahl). Clement will seine Mitbringsel unter-bringen. Es kommt zu einer Unterschriftenaktion und einem offenen Brief an den G+J-Vorstandsvor-sitzenden Gerd Schulte-Hillen. Die Hamburger Medien nehmen Notiz von dem Vorgang. Clement kocht und droht einzelnen Betriebsratsmitgliedern mit der Kündigung (funktioniert nicht). Im November wird die Bremer MOPO eingestellt. Die Schreibmaschine in der Redaktion wird Schritt für Schritt abgeschafft. Die MOPO führt das amerikanische Redaktionssystem SII ein. Das Layout wird weiter per Hand erstellt und die Seiten in der Druckerei Bude in Schwarzenbek montiert. Der Verlust der MOPO liegt bei über 30 Mio. DM.
1988 „Wer ist eigentlich eska“ schreibt der G+J-Vorstandsvorsitzende an Wolfgang Clement in einer seiner täglichen Blattkritiken an den Chefredakteur. Jede einzelne Seite wird von ihm kritisiert. „Man muss aufpassen, dass die Herzen der Redakteure beim Umweltschutz nicht mit ihnen durchgehen.“ „Die Schrägstellerei ist eine Manie der Layouter, die bekämpft werden muss.“ Schulte-Hillen soll nach einer Veröffentlichung eines Briefes in der WELT seine Kritik eingestellt haben. Christian Nienhaus und Wolfgang Clement brüllen sich vor versammelter Mannschaft im Treppenhaus über die Frage, wer das Sagen hat, lautstark an. Wolfgang Clement verlässt im November die MOPO. Ernst Fischer (Münchener Abendzeitung) wird neuer Chefredakteur. Die Auflage der MOPO liegt bei 158.000 Exemplaren.
1989 Der Aufsichtsrat von G+J beschließt am 26. Juni 1989 „auf Anregung von Herrn Mohn … eine mittel- und langfristige Fortschreibung der Planung“ für die MOPO. Im Geschäftsjahr 1994/1995 soll die MOPO (fortwährend) Gewinne schreiben. Die Zahlen wurden unter G+J nie erreicht, aber man war wichtig. Der Jahres-abschluss weist ein Minus von 15,9 Mio. DM aus. „Damit wird der optimistische Ansatz um 2, 8 Mio. € verfehlt.“ Geschäftsführer wird Axel Gleie.
1990 Herausgeber werden Hans Dichand und Rolf Schmidt-Holtz. Mit der Wende 1989 werden jede Menge MOPO-Titel für ostdeutsche Städte angemeldet. Die Gründung der Mecklenburger Morgenpost mit Redaktionsbüros in Schwerin und Rostock erfolgt. Ebenfalls gegründet wird die Dresdner Morgenpost. Später kommen noch die Leipziger und Chemnitzer Morgenpost dazu. Ca. 20.000 Exemplare der Mecklenburger Morgenpost werden täglich in der ersten Zeit verkauft. Der Verlag gibt an, dass es Tage gegeben hat, an dem 70.000 Zeitungen vertrieben wurden. Die Auflage der Hamburger Morgenpost liegt bei 166.000 Exemplaren.
1991 Gruner+Jahr will für alle Zeitungen in Hamburg/Mecklenburg-Vorpommern, Berlin (Berliner Zeitung, Berliner Kurier/Kurier am Abend), Dresden (Sächsische Zeitung, Dresdner Morgenpost) ein einheitliches System für die Redaktion, die Anzeigen und den Satz einführen. Dieser gigantische Kram von G+J wird später beerdigt. Der Verkaufspreis der MOPO wird im März 1990 von 0,60 auf 0,70 DM erhöht. Die Auflage liegt bei 162.000 Exemplaren.
1992 G+J-Vorstand Martin Stahel wird MOPO-Geschäftsführer. Die MOPO startet die Aktion gegen die Neonazis: „Fremde brauchen Freund – Stopp dem Hass“. Anlass war der Brandanschlag von Nazis in Mölln, bei dem drei Menschen ermordet wurden. Die Auflage liegt bei 165.000 Exemplaren.
1993 Dr. Mario Frank wird im Oktober Geschäftsführer. Die neue Strategie: Alle G+J-Kaufzeitungen sollen unter einem Dach zusammen gesteuert werden. Für jeden Standort (Hamburg, Berlin, Dresden, Chemnitz) gibt es Verlagsleiter. Für alle Kauf-zeitungen soll ein einheitliches Redaktionssystem (Cicero) eingeführt werden. Klar, auch dieses Projekt scheitert. Matthias Nienhaus wird Verlagsleiter. Die MOPO bringt im Juni den zweiten großen Hamburger Medizinskandal nach Bernbeck ins Rollen. Gerd-Peter Hohaus erhält für sei­ne couragierte Berichterstattung den Wächterpreis der deutschen Tagespresse.
1994 Manfred von Thien wird Chefredakteur. „Hamburg von der ersten bis zur letzten Zeile“ heißt das Konzept der Chefredaktion. Es kommt zu Spannungen zwischen von Thien und Matthias Nienhaus. Der Satz in Schwarzenbek wird im Juli beendet und die dortigen Kolleginnen und Kollegen in die MOPO übernommen. Im Oktober wird der Verkaufspreis von 70 auf 80 Pfennig erhöht. Im November muss Matthias Nienhaus den Platz räumen.
1995 Im Februar kommt es zur Umstellung des Redaktionssystems SII auf das heutige QPS-System. Die MOPO startet als erste deutsche Boulevard-Zeitung mit einem Internet-Auftritt auf dem Rechner des Deutschen Klima-Rechen-Zentrum der Uni-Hamburg. Nach taz und WELT ist sie eine der ersten Tageszeitungen im Netz (28.09.1995). Dr. Bodo Almert, Anzeigenleiter von M. DuMont Schauberg in Köln, wird Geschäfts-führer der MOPO. G+J beendet den Versuch der Kaufzeitungsgruppe. Die Auflage liegt am Jahres-ende bei 151.000.
1996 Im Januar verlässt Manfred von Thien die MOPO. „Der Tag, auf den Sie alle gewartet haben…“, sagt Dr. Mathias Döpfner, heute Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG, am 1.4. Mit ihm beginnt eine schwarze Periode der MOPO. Döpfner wollte die MOPO nach rechts wenden. Es kommt zum sogenannten „Kettensägenmassaker“. Wie Clement will er seine Mitbringsel einstellen (sie kamen und sind mit seinem späteren Abgang alle wieder verschwunden). Fast alle Ressortchefs sollen gesägt werden. Es formiert sich ein Redaktionsbeirat gegen die Rechtsentwicklung im Blatt. Döpfner schafft es auf eine sechsköpfige Chefredaktion. Nach fast fünfwöchigem Entführungsdrama ist der Hamburger Millionär Jan Philipp Reemtsma Ende April von seinen Kidnappern freigelassen worden. Unbemerkt von der Öffentlichkeit haben sich die Polizei und die Familie des Entführten einen Nervenkrieg mit den Kidnappern geliefert. Die Kommunikation mit den Entführern war über Anzeigen in der „Hamburger Morgenpost“ gelaufen. Zum Juli wird Frank Niggemeier stellvertretender Sportchef. Der Betriebsrat wünscht ihm am 30.06.1997 viel Erfolg. Der Hamburger Senat verleiht Gerd-Peter Hohaus den Alex­ander-Zinn-Preis für seine Medizinbericht-erstattung. Die Auflage liegt bei 145.000.
1997 Im Februar erscheint die MOPO im neuen Outfit. Eine millionenschwere Kampagne soll den Slogan „Die MOPO bringt’s“ bewerben, eine Auflage von fast 170.000 ist angepeilt. Der Geschäftsführer Bodo Almert wird Ende des Jahres von G+J vor die Tür gesetzt. Obwohl die Ursache bei der Kosten-explosion von Dr. Döpfner zu suchen ist, wird er dafür bestraft. Der Betriebsrat bewertet das Aus-scheiden als ein Signal in die falsche Richtung. Die Auflage liegt bei 142.000.
1998 Dr. Bernd Buchholz, der heutige G+J-Vorstands-vorsitzende, wird im Januar Geschäftsführer. Ihm obliegt die Aufgabe der Sanierung der MOPO. In der ersten Zeit misstraut er jedem. Briefe schreibt er selber, selbst sein Sekretariat wird nicht damit beauftragt. Endlich scheidet Döpfner im März in Richtung Springers WELT aus. Der Betriebsrat: „Die Redaktion ist nach diesen Abgängen, bei manch bitterem Aderlass, fast wieder die alte!“ Im Juli veröffentlichen der Betriebsrat der MOPO und Berliner KURIER eine gemeinsame Erklärung gegen Synergiepläne der beiden Titel. Marion Horn wird im September Chefredakteurin. Um ihre Berufung gibt es eine Debatte in der Redaktion. Der Betriebsrat begrüßt sie und wünscht ihr alles Gute. Dr. Buchholz bedankt sich beim Betriebsrat für die Öffentlichkeitsarbeit des Betriebsrats gegen das Synergiekonzept. Sie hätten jetzt einen großen Fisch am Haken, der mit ihnen eine Redaktions-gemeinschaft bilden wolle (gemeint war der junge Konstantin Neven DuMont) und der weitere Perspektiven für G+J bringen kann. Die MOPO hat einen Verlust von – 6,7 Mio. DM. Die Auflage liegt bei 140.000.
1999 Im Januar erklären die drei Betriebsräte von MOPO, KURIER und EXPRESS: „Zusammen-arbeit – Ja! Aber nicht auf Kosten von Arbeits- plätzen und der publizistischen Vielfalt. …Wir Betriebsräte lehnen eine Zusammenarbeit nicht generell ab. Wir sind für eine Zusammenarbeit, die die Qualität hebt und zu einer stärkeren Akzeptanz der Titel in ihrem jeweiligen Verbreitungsgebiet führt.“ Buchholz präsentiert im April das Konzept der Redaktionsgemeinschaft. Die Redaktion hört es sich fassungslos an. Claus Larras, damals Zeitungsvorstand vom Axel Springer Verlag, sprach von einem „verlegerischem Armuts-zeugnis.“ Im Juli startet das Ding, als Redaktionsleiter hat man Joachim Ortmann gewonnen. Zum 50. Geburtstag sagt der G+J-Vorstandsvorsitzende vor 1.800 Gästen in der Griegstraße in einer launischen Rede, dass die MOPO noch für Überraschungen sorgen wird. Hamburgs Bürgermeister Ortwin Runde gratuliert der MOPO. Die Verkaufsgerüchte nehmen zu. Geschäftsführer Buchholz: „Da ist nichts dran“. Der G+J-Zeitungsvorstand Bernd Kundrun erklärt noch einen Tag vor dem Verkauf: Wir halten an der MOPO fest („Glauben Sie mir“). Am 20.10. wird der Kaufvertrag mit Frank Otto und Hans Barlach unterzeichnet. Ein Betriebsratsmitglied vor der versammelten Mannschaft damals im Layout: „Endlich sind wir sie los!“ Der Betriebsrat spricht von einer Chance für den Neuanfang. Frank Otto war erst sehr spät auf den Kaufzug aufgesprungen. Josef Depenbrock und Hans Barlach waren ursprünglich mit G+J im Gespräch, um eine kostenlose Sonntagszeitung in Hamburg mit G+J auf den Markt zu bringen. Aus diesen Gesprächen entwickelt sich der Verkaufsprozess. Otto und Barlach entflechten die MOPO aus dem G+J-Konzern, die MOPO muss nicht mehr Millionen für den G+J-Erhalt zahlen. Geschäftsführer wird Marcus Ippisch. Später kommen Roger Frach und Josef Depenbrock dazu. Im November scheidet Marion Horn als Chefredakteurin aus. Im November kündigt der EXPRESS fristlos die Dienstleistungsbeziehungen, das Ende der Redaktionsgemeinschaft MOPO-KURIER beginnt. Redaktionsdirektor der MOPO wird Wieland Sandmann. Der Betriebsrat: Eine falsche Entscheidung. Das Otto-Versand-Management tobt und droht mit der Einstellung der Zeitung. Erika Krauß erhält im Dezember den Alexander-Zinn-Preis. Der Verkaufspreis wird auf 90 Pfennig erhöht. Die Auflage liegt bei 130.000
2000 Die Geschäftsführung beschließt, aus dem Arbeitgeberverband auszutreten. Am Ende des Jahres gibt nach einem kurzen Streik einen Haustarifvertrag, der die bundesweiten Regelungen übernimmt. Die Online-Abteilung wird in eine eigene GmbH überführt. Die Gesellschafter hoffen, dass sich Interessenten daran beteiligen. Zu ihnen gehören u.a. der SPIEGEL. Per Geschäfts-jahresabschluss zum 30.06. schreibt die MOPO wieder schwarze Zahlen in Höhe von 1.389 Mio. DM. Der Verkaufspreis wird auf 90 Pfennig erhöht. Die MOPO wird wieder bei Beig in Pinneberg gedruckt. Aus der Donnerstagsbeilage EXTRABLATT wird im Oktober plan7. Die Auflage liegt bei 125.000 Exemplaren.
2001 Im August gibt es eine Ausgabe „myMOPO“ für eine jugendliche Zielgruppe, die in die Marktforschung geht. Die Gesellschafter entscheiden sich gegen das Produkt. Josef Depenbrock wird Chefredakteur. Marcus Ippisch scheidet im Oktober als Geschäftsführer der MOPO aus. Der Jahresüberschuss beträgt nach Medienangaben 2,2 Mio. DM. Die Ausgabe „Mecklenburger Morgenpost“ wird endgültig eingestellt. Die MOPO-Auflage liegt bei 117.000 Exemplaren.
2002 Der Verkaufspreis der MOPO beträgt mit der Währungsumstellung auf den Euro 45 Cent. Im Februar erscheint die MOPO in neuem Design. „Klarer, schneller, besser“ heißt die Losung. Die neue Optik hat Mario Garcia entwickelt. Zu den neuen Dingen gehört u.a. Plan7 daily. Die MOPO startet für rund 1 Mio. € eine Kampagne zur Bewerbung. Nach der Sanierung komme es jetzt zur Neupositionierung der Zeitung, begründet Geschäftsführer Roger Frach den Relaunch und die Kampagne „MOPO – So ist das“. Deutschland ist mitten in der Rezession, dennoch wird der Verkaufspreis auf 50 Cent erhöht. Die Auflage bekommt es deutlich zu spüren, der Vertriebsumsatz wird nicht die geplanten Ziele erreichen. Das 2. und das 3. Obergeschoss werden komplett renoviert. Dafür bringen die neuen Gesellschafter Frank Otto und Hans Barlach 0,5 Mio. € auf. Das Ergebnis wird durch diese Ausgaben erheblich belastet und landet per 30.06. bei – 0,7 Mio. €.
2003 Die MOPO entscheidet sich dafür, ab dem nächsten Jahr wieder in Schwarzenbek bei Bude zu drucken. Ziel ist es, durchgängig 4c zu drucken. Die Gesell-schafter der Schwarzenbeker Buchdruckerei haben bei den Verhandlungen jedoch über ihre Lage getäuscht. Bude steht vor der Insolvenz. Frank Otto lässt sich davon überzeugen, die Druckerei zu kaufen. In letzter Minute scheitert die Übernahme durch das Verhalten der Bude-Gesellschafter. Bude- und MOPO-Betriebsrat unternehmen einen weiteren Versuch, der aber leider scheitert. Bude geht im September in die Insolvenz und die MOPO ist auf der Suche nach einer neuen Druckerei. Schnell wird man sich mit den Kieler Nachrichten einig. Die MOPO-Gesellschafter entscheiden sich für einen Strategiewechsel hin zum regionalen Medienunternehmen. Es wird u.a. eine Event-strategie begründet. MOPO-Online wird mit eigenen Redakteuren ausgestattet. Es kommt zu Spannungen zwischen den beiden Hauptgesell-schaftern. Frank Otto und Hans Barlach sind mit der Beteiligungsgesellschaft City Boulevard zu 95 Prozent an der Zeitung beteiligt, die restlichen fünf Prozent hält Josef Depenbrock. Otto will 33,47 Prozent an den Verleger und Mehrheitsge-sellschafter der „Kieler Nachrichten“, Christian Heinrich verkaufen. Damit ist Barlach nicht einverstanden. Er sei in die Gespräche mit Heinrich nicht eingebunden worden und vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Barlach macht von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch. Für 1,6 Millionen € stockt er seine Anteile an City Boulevard auf rund 67 Prozent auf. Das Geld hat er von Heinz Bauer, dem Eigentümer der Bauer Verlagsgruppe bekommen. Zum Jahresende übernimmt er für 4 Mio. € die restlichen 1/3 Anteile von Frank Otto. Die Auflage liegt bei 110.000 Exemplaren.
2004 Die MOPO wird ab dem 1. Januar fast durchgängig 4c bei der Kieler Zeitung/Kieler Nachrichten gedruckt. Für die Etatplanung wird die Vorgabe gemacht, den Abo-Bereich der MOPO fremd zu vergeben. Das Projekt wird erst einmal nicht weiter verfolgt. Hans Barlach kauft im Mai von G+J TV TODAY, das Geld soll er vom Bauer Verlag bekommen. Dieser zieht seine Zusage in letzter Sekunde zurück und Burda springt in die Finanzierung ein. Es kommt zu einem Rechtsstreit zwischen Hans Barlach und Heinz Bauer. Im Oktober ziehen die TV-TODAY Beschäftigten vom Baumwall in die Griegstraße ins Haus 8 im Erdgeschoss ein, um zum Jahresende komplett abgewickelt zu werden. Das MOPO-Archiv wird in Kisten verpackt und landet für längere Zeit im Rattenlager. Eine neue Telefonanlage wird eingeführt, mit ihr verschwindet die alte Telefonnummer 88303-1. Im Oktober gibt es Gespräche mit den Kieler Nachrichten, den Vertrieb von Hamburg nach Kiel zu übernehmen. Die Gespräche enden ergebnislos. Im November muss Geschäftsführer Roger Frach seinen Platz räumen. Josef Depenbrock ist alleiniger Geschäfts-führer und Chefredakteur. Der Betriebsrat schreibt: Mit Josef Depenbrock an der Gesamtspitze des Unternehmens wird die Zukunft unklarer.
2005 Die MOPO macht nach Angaben von Herrn Depenbrock ein Ergebnis von über 1 Mio. €. Die MOPO kündigt den Vertrag mit dem Hamburger Pressegrossisten PVN. PVN vertreibt als Grossist die MOPO in Hamburg. Da die Kündigungsfrist nicht eingehalten wird, kommt es in späteren Gesprächen zu einer Fortführung des Vertrages. Es war geplant, den Zeitungsvertrieb in Hamburg an den Axel Springer Grossisten „Buch und Presse“ zu geben und nicht mehr bei Bauer zu belassen, dem PVN gehört. Die Strategie zum regionalen Medienanbieter wird unter Josef Depenbrock beendet. Event und Online-Redakteure werden Schritt für Schritt abgebaut, später wird der Werbeetat auf das Vertriebs- und Anzeigen-marketing reduziert, die Planstellen gestrichen.
2006 Die MOPO wird im Januar vom amerikanischen Finanzinvestor Veronis, Suhler, Stevenson (VSS) und Mecom, einer Gesellschaft, die von David Montgomery 2000 gegründet wurde, gekauft. Barlach und Depenbrock bekommen 24 Mio. €. In einer Unternehmenswert-Studie von Pricewaterhouse-Cooper war im Rahmen der Verkaufsverhandlungen das Potential der MOPO für die Zukunft ermittelt worden. Durch Synergien im Verlagsbereich in Richtung Berliner Verlag und in der Redaktion im Mantel will man eine hohe Rentabilität erreichen. Der Betriebsrat zum Kauf: „Wir werden uns nicht durch Ankündigungen auf die Bäume scheuchen lassen. Die Beschäftigten werden am Ende entscheiden, wo die Reise hingeht. Die bekannten Synergien lehnen wir ab und wir werden uns unser Haut gezielt wehren.“ Mecom will im Verdrängungswettbewerb der deutschen Zeitungen die Nummer drei werden. Im Februar sprechen sich die stellvertretenden Chefredakteure Matthias Onken, Immo Hoppe und Joachim Ortmann für den Erhalt der Vollredaktion aus. „Die Beibehaltung der Qualität der Berichterstattung ist nur durch eine in Hamburg beheimatete Vollredaktion zu gewährleisten.“ Im Juli wird Matthias Onken Chefredakteur, er folgt Josef Depenbrock, der in gleicher Funktion zur Berliner Zeitung geht. Frank Willers wird im Juni Geschäftsführer. Seit dem 5. November 2006 erscheint die MOPO mit einer Sonntagsausgabe zum Verkaufspreis von 70 Cent. Seit dem 16.10.2006 kommen die Panorama-Seiten vom Berliner Kurier. Im Dezember wird heftig um die Zukunft der MOPO unter Mecom und dem Berliner Verlag gestritten. Im Zusammenhang mit zwei Betriebsversammlungen gibt es erhebliche Andruckverzögerungen. Es sollen weder Arbeits-plätze im Verlag noch in der Redaktion abgebaut werden. Die Solidarität zwischen Verlagsange-stellten und der Redaktion führt zu einem nennenswerten Erfolg: Mit der Geschäftsführung wird vereinbart, dass alle Zeitverträge entfristet werden, wenn die Sonntagszeitung fortgeführt wird. Die ursprünglich geplanten Streichungen von 23 Stellen sind vom Tisch. Auf der Weihnachtsfeier im Dezember singen wir gemeinsam zu einem Song von Lotto King Karl („Hamburg meine Perle“) unsere Fassung: „MOPO meine Perle“: „Wenn du aus London kommst, ist Hamburch kein zu Haus. .. Und wenn du weit weg bist, dann bleib doch einfach dort… Wenn du uns fertig machen willst, zieh’n wir dir die Lederhosen aus.“
2007 Im Januar kommt es zu Werkstattgesprächen in der Redaktion über die Inhalte der Zeitung. Matthias Onken stellt das Konzept „Das packen wir an“ im Februar vor. Im März kauft David Montgomery vom amerikanischen Finanzinvestor VSS fast 80 % Anteile am Berliner Verlag und der Hamburger Morgenpost. „Damit vollzieht sich, was sich seit Monaten angedeutet hat: Der klassische Finanz-investor VSS steigt aus“, schreibt der Betriebsrat. „Aus einem Anleger Montgomery wird ein klassischer Zeitungsverleger.“ Der Verkaufspreis der MOPO erhöht sich von 50 auf 60 Cent. Im Juni entscheiden die Gesellschafter, dass die MOPS dauerhaft erscheint. Der Verkaufspreis für die MOPS wird auf 90 Cent erhöht. Mit den beiden Gewerkschaften ver.di und DJV kommt es zu einem Tarifvertrag zur Zukunfts- und Beschäftigungssicherung. Er regelt u.a. konzernweite Stellenausschreibungen, Altersteilzeit und Abfindungen.

2008 Matthias Onken verlässt im Januar die MOPO in Richtung BILD Hamburg, wo er die Redaktions-leitung übernimmt. Zum Februar wird Frank Niggemeier Chefredakteur. Am 8. April kommt es zu erheblichen Turbulenzen im Unternehmen. Eine Betriebsversammlung endet erst spät abends. Die Andruckausgabe erscheint nicht. Die Belegschaft wehrt sich gegen die Sparpläne der Berliner Zentrale. Im Ergebnis werden drei bis vier Online-Stellen und eine Stärkung des Lokalen durchgesetzt. Ein von der Redaktion verfasster Text erscheint nicht im Blatt, erreicht dennoch die Öffentlichkeit. Am Folgetag erscheinen extra angeheuerte Menschen aus einem Unternehmen, um angeblich das Erscheinen der MOPO zu sichern. April-April, für diesen Tag war nichts geplant. Auf einer Betriebsversammlung am 09.04.2008 wird deutlich gemacht, dass sie erst endet, wenn die Menschen verschwunden sind. Natürlich packen sie ihre Koffer und fahren in die Stadt, aus der sie gekommen waren. Im Mai werden Hans-Joachim Eggers und Marc Paris Verlagsleiter. Frank Willers scheidet als Geschäfts-führer zum Juni aus und Klaus Reidegeld wird Geschäftsführer. Im Oktober wird ein Einstellungs-stopp durch Mecom verhängt. Der Betriebsrat entscheidet sich Ende November, dass man von einem Verkaufsprozess ausgehen muss und stellt sich frühzeitig auf einen Gesellschafterwechsel ein. Kurz vor Weihnachten informieren die Medien, dass M. DuMont Schauberg mit Mecom über den Kauf der deutschen Beteiligungen verhandelt.
2009 Im Januar einigen sich Mecom und die Mediengruppe DuMont Schauberg (MDS) auf den Kauf der deutschen Mecom-Beteiligungen, zu der auch die MOPO gehört. Zusammen mit Helmut Heinen (Kölnische Rundschau) zahlen die Erwerber 152 Mio. €. Heinen trägt 1/3 des Kaufpreises. Marc Paris wechselt zu den Kieler Nachrichten. Zum 1. April 2009 geht die MOPO in den Besitz von MDS über. Der Betriebsrat: „Wie der zukünftige Weg der MOPO aussieht, werden Taten, wird das Geschäftsmodell von MDS zeigen.“ Oliver Rohloff wird neuer Geschäfts-führer. Andreas Terstiege wird im Juni weiterer Verlagsleiter. MDS macht sich an die Re-strukturierung der Abläufe auf Ebene der gesamten Unternehmensgruppe. Ein millionenschweres Sparprogramm für die Gruppe wird vorbereitet. Es ist geplant, auch in der MOPO Personal abzubauen. Auf einer Mitarbeiterversammlung wird achtlos ein freiwilliges Abfindungsangebot auf einen Küchentisch abgelegt. MDS will Planstellen in Hamburg abbauen, um ihr Synergiekonzept durch Verlagerung der Arbeit an andere MDS-Standorte zu erreichen. Es wird von Ressourcen gesprochen, gemeint sind Menschen.

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