Heute, am 8. Oktober 2024, wurde ich zweimal massiv aufgefordert, eine Information zur Erinnerung an das jüdische Obdachlosen-Asyl, dem „Daniel-Wormser-Haus“ nicht vor „Lichtblick“ im Münzviertel zu verteilen. Die Nazis hatten es zum „Judenhaus“ instrumentalisiert, von hier wurden 1942 Menschen ins KZ Auschwitz deportiert. Die Aufforderung der Unternehmensvertreter:in habe ich abgelehnt. Es kam danach zu einem klärenden Gespräch (Aktualisierung vom 10. Oktober 2024).

„Wir wollen das nicht, dass Sie hier verteilen“
Gleich zweimal wurde ich von „Lichtblick“ aufgefordert, dass Info nicht vor dem Unternehmen zu verteilen. „Wir wollen das nicht, dass Sie hier verteilen. Bitte gehen Sie weg“ und „Die Mitarbeiter fühlen sich belästigt“.
Das letztere entsprach nicht meinen Eindruck beim verteilen. Die Auflage für die Verteilung im Viertel zwischen Klostertor und Schultzweg beträgt 1.200, bei „Lichtblick“ habe ich heute 80 Exemplare verteilt. Sechs Personen haben es abgelehnt. Da ich bei jede:r Person mit respektvoller Distanz zu erst gesagt hatte, um was es geht, habe ich nach meiner Erläuterung zu 90 Prozent eine freundliche Quittierung für mich reflektiert, einzelne nahmen es wortlos mit. Eine Person bat mit ernster Mine um ein zweites Exemplar.

Wurde sogar die Polizei wegen meiner Verteilung vor „Lichtblick“ angerufen?
Bei einer Aufforderung, wenigsten nicht direkt (also zwei Meter vor der Eingangstür) vor dem Unternehmen zu stehen, sondern noch weiter weg zu gehen, entstand bei mir der Eindruck, dass das Unternehmen sich sogar an Polizei gewandt haben könnte. Der Satz lautete: „Die Polizei kommt ja nicht.“ Ich stand im Übrigen bei der Verteilung auf dem historischen Platz des Gebäudes und habe bei der Übergabe des Infos immer darauf hingewiesen.
„Das wollen wir nicht!“ hatte ich im Gespräch aufgegriffen und erwidert, dass sie das nicht ernst meinen könne, geht es doch um Menschen, die von hier vom NS-Regime nach Auschwitz deportiert wurden. Auch im Zusammenhang mit dem Jahrestag des 7. Oktober 2023 fände ich diesen Satz sehr unsensibel. Trotz der Bitte, die Aussage zu überprüfen oder zu konkretisieren, blieb die Person dabei.
Wiederholte Anfragen an die Geschäftsführung von „Lichtblick“
Die Geschäftsleitung von „Lichtblick“ hatte ich vor Wochen schon zweimal angeschrieben, dass es die Absicht aus dem Viertel und von Unternehmen am Standort gebe, an das „Daniel-Wormser-Haus“ zu erinnern. Auch nach der heutigen Aktion habe ich die Geschäftsleitung angeschrieben, um die Dinge zu klären. Ich ahne, um was es Ihnen ging, warum man so falsch in meinen Augen reagiert hatte, aber es gibt keinen Grund für mich, zu spekulieren. Bisher hatte die Geschäftsleitung auf keine meiner Mails geantwortet.
Meine Meinung:
„Lichtblick“ hat sich in meinen Augen falsch verhalten, hat seine Haltung zur Meinungsfreiheit demonstriert und positioniert sich gegen die Erinnerung an Verfolgte aus dem Viertel.
Wie geht es aus?
Mein Interesse ist die im breiten Konsens getragene Erinnerung an die Verfolgung und Ermordung jüdischer Menschen im Münzviertel. Ich denke, die Erinnerung deckt sich mit der Unternehmensphilosophie auch von “Lichtblick”. Es wird sie an das Daniel Wormser Haus im Münzviertel geben. Dabei ist jedem seine Sache, sich daran zu beteiligen. Geht es nach anderen, wird man sich bei „Lichtblick“ an die Erinnerung gewöhnen müssen.
Sicher ist das eine ungewollte Zuspitzung zum Thema, mit der ich nicht gerechnet hatte. Das muss man wollen, ich will es nicht. Man sollte es klären, um den Beigeschmack vom Tisch zu bekommen.
Da ich schon einige Jahrzehnte verteile, will ich aber auch sagen, dass mir so ein – in meinen Augen – „Blödsinn“ eines Unternehmen bisher nicht untergekommen ist.
Aktualisierung 10. Oktober 2024
Lichtblick ist meiner Bitte gefolgt, den Vorfall vom 8. Oktober 2024 aufzuklären, was mich sehr gefreut hat. Ich hatte das Unternehmen unmittelbar nach der Verteilung als erstes angeschrieben. Wir hatten uns am 10. Oktober 2024 im Münzviertel getroffen.
Es war ein sehr nettes und klärendes Gespräch. Die Bitte, nicht vor dem Unternehmensstandort zu verteilen, hätte nichts mit dem Inhalt der Informationen zu tun, sondern war durch die Sorge der Mitarbeiterin geprägt, dass Lichtblick zur Projektionsfläche für eine fremde Erzählung werden könnte. Da dies in der Vergangenheit wiederholt geschehen sei, kam es aus Unternehmenssicht zu einem Missverständnis. Die zweite Person, die mich aufgefordert hatte, den Standort zu wechseln, war kein Mitarbeiter von Lichtblick, sondern von der Hausverwaltung. Ich habe dazu meine Meinung geäußert und argumentiert.
Das Unternehmen hätte Interesse an der Geschichte des Standorts des Daniel Wormser Hauses, da diese ihnen bisher unbekannt war. LichtBlick will zur geplanten Gedenkveranstaltung eine interne Veranstaltung machen und auch im firmeneigenen Intranet sowie über die eigenen Social-Media Kanäle informieren. Wir haben uns gemeinsam zwischen dem IBIS Hotel und dem Lichtblick-Gebäude getroffen, wo das Gebäude einst stand.
Wir sind so verblieben, dass man sich bei zukünftigen Planungen zum Projekt bemühen wird, enger in den Austausch zu kommen. Ich werde meinen aktiven Beitrag leisten.
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