Im Zusammenhang mit einer geplanten Kundgebung am 16. Januar 2024 im Hamburger Hafen am Dessauer Ufer zur Erinnerung an 106 Niederländer, die an dem Tag von Groningen nach Neuengamme deportiert worden, habe ich auch einen Web-Text über Pieter Kila geschrieben.
Ursprünglich wollte ich weitere Text über einige NS-Opfer aus dieser Deportation vom 16. Januar 1945 schreiben, da aus dem historischen Anlass an sie erinnert werden soll. Um Beziehungen nicht weiter zu belasten, die sich Ende Dezember 2023 mit den Eigentümer des Lagerhaus am Dessauer Ufer ergaben, habe ich „umgeschaltet“. Aus diesen Recherchen bin ich weiter in die Geschichte der Menschen aus verschiedenen Ländern eingedrungen. Es sind sehr schwere Erzählungen, die ich gelesen oder gehört habe. Natürlich bin ich sofort beim Gedanken, das ich zu wenig tue. Herausgekommen ist ein ganz konkretes Projekt zu einem Arbeitskommando, was auch schon in der Umsetzung ist und ein zweites, zu einem anderen Außenlager, was noch nicht ganz steht. Die Partner sind aber seriös und haben ihre Strukturen, mit denen es abgestimmt sein muss.
Pieter Kila ist ein der Niederländer, die im Lagerhaus am Dessauer Ufer ums Leben gekommen sind. Er wurde am 29. Mai 1904 in Delft geboren. Seine Eltern waren María Pronk (26. September 1871 in ’s-Gravenhage) und Hendrik Kila (18. Februar 1870 in Delft). Die Familie hatte sechs Kinder. Mit 21 Jahren heiratete er 1926 die damals 18-jährige Cornelia Francina Kropff. In der Heiratsurkunde steht, dass er “Loopknecht” Die beiden wohnten in Den Haag,in der J.v: Campenplain 21. Die beiden hatten drei Kinder.
Mit der Landung der Alliierten am 6. Juni 1944 in der Normandie und dem Vorrücken von deren Truppen nach Osten wuchs in den Niederlande die Hoffnung auf ein baldiges Kriegsende und die strategische Lage ändert sich grundlegend auch für den niederländischen Widerstand.
Pieter Kila wurde am 15. August 1944 in Den Haag festgenommen und im “Oranjehotel” einem Gefängnis im Stadtteil von Scheveningen inhaftiert. Hier wurden Angehörige des niederländischen Widerstandes während der deutschen Besatzung inhaftiert. Das Gebäude unfasste drei Bereiche: ein Untersuchungsgefängnis für Straftäter, ein Militär- sowie ein Polizeigefängnis, das sogenannte Oranjehotel. Dieses diente als Durchgangsstation, um Niederländer, die des Widerstandes gegen die Besatzung verdächtigt wurden, kurzzeitig festzuhalten und zu verhören. In der Regel befanden sich 1200 bis 1500 Gefangene gleichzeitig im Oranjehotel, die zu mehreren in einer der über 200 Zellen einsaßen.
Kila wurde am 28. August 1944 im Durchgangslager Amersfoort festgesetzt. Auf der Registrierungskarte wurde vermerkt. “Kontraktbruch”, was dafür spricht, dass er vorher als niederländischer Zwangsarbeiter in Deutschland gearbeitet haben musste, sich aber dem Arbeitszwang entzogen haben könnte. Einen Monat später, am 8. September 1944, wurden 1.163 Niederländer ins KZ Neuengamme deportiert, wo sie am 10. September 1944 angekommen waren. Einer von ihnen war Pieter Kila. Aus dieser Deportation überlebten nur knapp 200 Niederländer.
Fast alle aus diesem Transport wurden am 12. September 1944 ins Außenlager “Engelsburg” in Husum-Schwesing verlegt. Zurück ins KZ Neuengamme kam er mit weiteren am 11. Oktober 1944. Von dort wurde er ins Außenlager im Hamburger Hafen, dem Dessauer Ufer verlegt.
Das Außenlager war im Juni 1944 im Lagerhaus G im Hamburger Hafen eingerichtet worden. Im Rahmen verschiedener zentral geplanter Programme sollten einige tausend KZ-Häftlinge aus Neuengamme im Stadtgebiet Hamburgs zum Einsatz kommen. Dies betraf das Schnellbauwohnungsprogramm des Reichswohnungskommissars (RWK), das „Geilenberg-Programm“ zur Beseitigung der Bombenschäden im Bereich der Treibstoffindustrie und schließlich das enorm erweiterte U-Boot-Bauprogramm des Rüstungsministeriums.
Pieter Kila war am 25. Oktober 1944 während eines Bombardements ums Leben kam.