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Holger Artus

Über Carel Martinus Schriek aus Rotterdam, gestorben am Dessauer Ufer 1944

Am 16. Januar 2024 bin ich an einer Erinnerung an Niederländer aus dem Außenlager des KZ Neuengamme am Dessauer Ufer mitverantwortlich beteiligt. Es sollen 29 Blumen für 29 ermordete Niederländer vor dem Lagerhaus G niedergelegt werden.

Sie wurden aus Groningen am 16. Januar 1945 ins KZ Neuengamme zusammen mit anderen 106 verschleppt. Keiner überlebte. Seit Oktober 2023 war ich am planen und seit November 2023 mit allen erkennbar Beteiligten im Austausch. Es sollte ein Impuls sein, dass ausgehend von den NS-Opfern die Gemeinsamkeiten für diesen Erinnerungsort und unserer Verantwortung hervorgehoben wird. Eine Herausforderung, die ich mit heutigem Wissen falsch eingeschätzt hatte.

Bei den Recherchen und der Darstellung ist der Fokus auf die 29 niederländischen Opfer gerichtet (dazu gibt es eine kleine Web-Seite zu dieser Aktivität). 39 Niederländer kamen direkt am Dessauer Ufer ums Leben, insofern wollte ich auch sie nicht aus dem Blick verlieren. Insgesamt sind von den 6.850 Niederländer fast 3.500 in Neuengamme bzw. In dessen Außenlager ums Leben gekommen. Es war geplant, zu den weiteren NS-Opfer aus anderen Ländern aus dem Lagerhaus G beispielhaft Erinnerungsaktivitäten anzugehen. Aktuell prüfe ich, wie man es realisiert bekommen könnte, ohne die Beziehungen um den Erinnerungsort weiter zu belasten. Auch eine Herausforderung.

Ein der weiterer Verstorbenen am Dessauer Ufer war Carel Martinus Schriek. Er gehörte nicht zu den 29 aus Groningen, sondern war schon seit 18. Oktober 1944 in Neuengamme inhaftiert gewesen.

Er wurde am 4. November 1901 in Rotterdam geboren und war mit Gretje van den Adel aus Gorinchem verheiratet.

Schriek war Mitglied der NVM, schreibt Rudi Harthoorn auf seiner beeindruckenden Web-Seite, der viele Jahre dazu recherchiert hatte. In Rotterdam war die NVM ein Zusammenschluss zweier Gruppen, einer jüdische Widerstandsgruppe, hauptsächlich aus dem Umfeld eines jüdischen Fußballverein De Pechvogels und einem Verteidigungsteam der Rotterdamer CPN. Die Gruppe zählte einige hundert Mitglieder. Neben anderen Aktionen legten sie Bomben in Kinos, die deutsche Propagandafilme und auf Eisenbahnschienen zeigten.

Bei der Verhaftungswelle Anfang Februar 1943 am 3.,7. und 11. Feburar 1943 wurde er am 11. Februar 1943 festgenommen. Bei den Razzien, so Rudi Harthoorn, ein „kleiner Teil der Personen, von denen bekannt war, dass sie Teilnehmer der NVM waren, aber die meisten sind Menschen, die bei der Polizei- und Sicherheitsdienstaktion gegen die NVM verhaftet wurden. Es handelt sich dann um Personen, die verdächtigt wurden, Mitglied der NVM gewesen zu sein, oder um Personen, die NVM-Mitgliedern geholfen haben.“

Carel Martinus Schriek wurde im KZ Herzogenbusch inhaftiert. Es war eines der wenigen SS-Konzentrationslager westlich des Deutschen Reiches. Es entstand am Ort Vught in der Nähe der Stadt Herzogenbusch (niederländisch: ’s-Hertogenbosch) im Süden der Niederlande. Die Bauarbeiten fingen im Sommer 1942 an. Die ersten Häftlinge wurde am 13. Januar 1943 dort festgehalten.

Carel Schriek gehörte er zu denen, die bei Philips arbeiten mussten. Das Unternehmen hatte Werkstätten im Lager erreichten, wo etwa 1.200 Häftlinge mit Zivilisten von außerhalb des Lagers zusammen arbeiteten. Mit dem Heranrücken der Alliierten begann im Sommer 1944 die Auflösung des Lagers. Zuvor wurde am 3. Juni 1944 eine letzte, in den Fabriken des Philips-Konzerns eingesetzte Gruppe nach Auschwitz geschickt, womit das Durchgangslager Vught aufgelöst wurde.

Am 18. Oktober 1944 kam Schriek in KZ Neuengamme an, vermutlich aus dem KZ Sachsenhausen, in das er von Herzigenbusch verlegt worden war. Am 25. Oktober 1944 starb Carel Schriek im Außenlager am Dessauer Ufer. Er dürfte zu den Verstorbenen des Bombardements auf den Hamburger Hafen an dem Tag gehört haben.

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