Gerrit Hommes gehört zu den niederländischen NS-Opfer aus der Deportation aus Groningen vom 16. Januar 1945, für das noch kein Stolperstein in seiner Heimatstadt liegt. Er kam am 21. Februar 1945 im Außenlager am Dessauer Ufer im Hamburger Hafen ums Leben. Ich möchte das ändern.
Aus Diskussionen im Dezember 2023 ergab sich die Verabredung, die Initiative zu starten, in Hamburg eine Patenschaft für einen Stolperstein für Gerrit Hommes zu übernehmen. Ich hoffe, es klappt und wir bekommen die 150 € zusammen.
Bei den Diskussionen ging es darum, was man konkret in Hamburg für die niederländischen Opfer am Ort für die Ermordeten tun kann. Macht man einen Vorschlag, ergeben sich weitere Fragen oder andere Ideen. Das ist produktiv und kann eine Debatte treiben. Diese Debatte aus dem kleinen Kreis in die interessierte Öffentlichkeit zu tragen, um die Verantwortung auszufüllen, wie man heute erinnert und was man in der Zukunft daraus macht, war mein Ansatz. Den Vorschlag, einen Container wie am Hannoverschen Bahnhof zu den Deportationen als vorläufigen Informationsort am Dessauer Ufer aufzustellen, fand ich bei allen anderen Debatten als den umfassendensten. So entstand auch die Idee, einen Stolperstein für Gerrit Hommes in Groningen zu verlegen, um die Container-Debatte auf der Zeitschiene nicht zu belasten. Für ihn und Willem Niemeijer gibt es in Groningen aus der Deportation vom 16. Januar 1945 ins KZ Neuengamme noch keinen.
Mit Blick auf die Herangehensweise an mögliche Stolpersteine am Dessauer Ufer gab es verschiedene Vorschläge in der Diskussion. So die nach einer Stolperschwelle und einzelne Stolpersteine zu einem NS-Opfer aus einem Land. Dazu noch zu den NS-Zwangsarbeitern aus den drei Lagerhäusern, die hier ums Leben gekommen sind. Was auch immer passieren sollte, die Debatte sollte man aufbauen und mit allen interessierten führen. Leider entschied sich eine der Parteien bei der Debatte um ein konzeptionelles Herangehen, diese durch eine eigene Vorhaben zu beenden. Damit war auch die geplante Stolperstein-Verlegung für einen Italiener, der im Dessauer Ufer ums Leben kam und NS-Zwangsarbeiter aus dem Lagerhaus obsolet. Sie wird es an dem Ort nicht geben. Sehr bitter für mich. Aber scheitern gehört zum Leben leider dazu. Es ist für mich nicht ausgeschlossen, dass es um den Stolperstein für Gerrit Hommes in Groningen eine Debatte geben kann, die dazu führen soll, dass diese Erinnerung scheitert. Hier ist das Kriterien einfach: die Familie muss ihre Zusage einfach zurückziehen.
Ich bin in Groningen in verschiedenen Kontakten, nicht wegen der Patenschaft, sondern dem Zeichen unserer Verantwortung und der Diskussion, wie man sie ausfüllt. Es gibt noch ein zweites NS-Opfer aus Groningen, dass am Dessauer Ufer ums Leben kam und zu den Verschleppten vom 16 Januar 1945 gehört, für das kein Stolperstein liegt. Hier habe ich mich an ein Unternehmen in Hamburg gewandt. Diese Aktivität wird länger dauern. 150 € sind für den Konzern kein Betrag, aber die Hürden, so meine Erfahrung in diesen Fragen, haben verschiedenen Widerstandspunkte, aus Hamburg heraus Verantwortung für das Geschehene zu übernehmen.
Im niederländischen Groningen liegen fast 300 Stolpersteine vor den letzten Wohnadressen ermordeten NS-Opfer. Für Gerrit Hommes gibt es noch keinen. Das zu ändern, dazu ruft jetzt die Initiative „Kein Vergessen im Kontorhausviertel“ auf: „Übernehmen wir in Hamburg eine Patenschaft für einen Stolperstein für Gerrit Hommes in Groningen.“ Er gehörte zu den Niederländer, die im Außenlager des KZ Neuengamme am Dessauer Ufer ums Leben kam.
Warum ein Stolperstein für Gerrit Hommes in Groningen?
„Die Stolpersteine sind eine sehr emotionale und in meinen Augen sehr stille wie persönliche Erinnerung an die NS-Opfer“, so Holger Artus von der Initiative. „Gerrit Hommes wurde hierher verschleppt und im Hamburger Hafen ermordet. Es wäre an der Zeit, dass es auch einen Stolperstein vor seiner letzten Wohnadresse in der Hoornsediep 21ª in Groningen verlegt wird. Wir haben in der Gegenwart eine Verantwortung für das Geschehene, wir haben m.E. eine Pflicht, dass die Opfer nicht in Vergessenheit geraten. Für zwei Groninger aus der Deportation vom 16. Januar 1945 gibt es noch keine Steine, Gerrit Hommes und Willem Niemeijer. Bei Niemeijer habe ich mich an ein Unternehmen in Hamburg gewandt, da er ein Tabakfabrikant war und es heute zu seiner Gruppe gehört,“ so Artus. „Ich würde mich freuen, wenn wir als Zivilgesellschaft eine Patenschaft für Gerrit Hommes übernehmen würden und aus Hamburg, an dem Ort, wo er ermordet wurde, eine Erinnerungsbotschaft nach Groningen initiiert wird.“
Initiative ruft zur Patenschaft auf Gerrit Hommes auf
Die Initiative „Kein Vergessen im Kontorhausviertel“ ist Mitveranstalter der Erinnerung am 16. Januar 2024 am Dessauer Ufer, um an die 29 NS-Opfer zu erinnern, die am 16. Januar 1945 von Groningen ins KZ Neuengamme verschleppt wurden. „Die drei Lagerhäuser waren ab September 1943 für 6.000 italienische Militärinternierte ein Zwangsarbeiterlager. Viele Hundert wurden von hier in das Lager im Heinrich Bauer Haus im Kontorhausviertel verlegt. Seit 2019 erinnert dort eine Stolperschwelle an das Lager.“ Das sei der Bezugspunkt, weshalb die Initiative die Lagerhäuser am Dessauer Ufer immer im Blick hat. Auch gebe es nach Angaben von Artus einen familiären Anlass, da ein Verwandter 1944 ebenfalls im Dessauer Ufer ins Lagerhaus kommen sollte, was aber durch das Bombardement am 25. Oktober 1944 nicht umgesetzt wurde.
Wer war Gerrit Hommes?
Er wurde am 4. Februar 1911 in Groningen geboren. Seine Eltern waren Hendrikje Wieland und Pieter Reinder Hommes.
Gerrit Hommes wurde am 10. Oktober 1944 verhaftet und im Groningen Schluitenhus inhaftiert. Der Vorwurf: er sollte Untergetauchten geholfen haben. Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung wohnte er in der Hoornsediep 21ª. Von Beruf war er Krankenversicherungsinspektor.
Verhaftung im Groninger Schlotenhuis
Das Scholtenhuis war ein repräsentatives Gebäude in Groningen. Im Mai 1940 wurde es von den deutschen Besatzern beschlagnahmt. Die Besatzer richteten im Gebäude die Außendienststelle von Sipo und SD für die nördlichen Provinzen (Groningen, Friesland und Drenthe). Die größte Abteilung im Gebäude bildete die Gestapo, die hier Menschen folterten. Es wurde „één van de meeste gevreesde gebouwen“ („eines der am meisten gefürchteten Gebäude“)], auch „Vorhof zur Hölle“ genannt. Die Inhaftierten wurden mit Gummiknüppel geschlagen. Auch wurde simuliertes Ertrinken als Foltermethode praktiziert. Auf dem Dachboden des Gebäudes wurden die Häftlinge – Frauen und Männer – zwischen den Verhören gefangen gehalten Insgesamt sollen die Deutschen aus dem Scholtenhuis für den Tod von mindestens 473 Menschen aus politischen Gründen verantwortlich gewesen sein.Von hier aus wurden auch die Deportationen von Juden aus dem Norden der Niederlande organisiert: Über 3000 jüdische Menschen wurden allein aus Groningen deportiert, von denen rund 150 den Holocaust überlebten.1945 brannte es nach einer Explosion aus. 2019 wurde ein neues Gebäude geschaffen.
Am 16. Januar 1945 von Groningen nach Neuengamme
Am Morgen des 16. Januar 1945 wurde Gerrit Hommes zusammen mit 106 Niederländern von Groningen mit dem Zug ins KZ Neuengamme verschleppt, wo sie am 18. Januar 1945 ankamen. 70 der Verschleppten erhielten eine Armbinde mit dem Aufschrift „Torsperre“, d.h. sie durften das Lager nicht verlassen. Rund 40 von dieser Gruppen kamen vermutlich am 21. Januar 1945 am Dessauer Ufer an, wo sie in Außenkommandos zur Arbeit gezwungen wurden.
In welchem Arbeitskommandos Gerrit Hommes arbeiten mussten, ist zur Zeit nicht bekannt. Da bei einer großen Gruppen der verstorbenen Niederländer der Zusatz „Geilenberg“ aufgeführt wurde, liegt die Vermutung nahe, dass sie auf den Gelände von Mineralölfirmen eingesetzt wurden.
Dazu gehörten Rhenia-Ossag (Shell) im Wortdamm im Hafen, Ernst Jung Mineralwerke am Reiherstieg in Wilhelmsburg, Ölwerke Schindler oder Ebano-Oehler (Esso).Quelle: Stefan B, VVN-Archiv
Gerrit Hommes kam am 21. Februar 1944 am Dessauer Ufer ums Leben.