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Holger Artus

Neuen Namen von NS-Opfern in der Vereinsstraße 7 gefunden

Diese Info landete in den Briefkästen der Mieter:innen um die Vereinsstraße 7, wo im März 2023 Stolpersteine für die Familie Spitzkopf verlegt wurden. Eine Info über sie hatte ich schon einmal geschrieben, aber Angehörige wollten den Text nicht im Netz haben, da meine Beschreibung der realen Armut der Familie als Verfolger von ihnen als verletzend empfunden wurde. Man sollte nur gutes Schreiben, so das zentrale Argument.

Den Text habe ich von meiner Seite genommen, es war ihr Wunsch. Da ich jetzt weitere Untermieter bei der damalige Familie Spitzkopf fand, habe ich nur über die Wohnstationen der beiden Brüder geschrieben. Die Info dient der öffentlichen Bekanntmachung unser Kundgebung am 19. Juli 2023 zu den Juli-Deportierten von 1942. Ich bin mir der Wirkung bewusst, dass es wenige interessiert und eher keiner kommt aus diesen Häusern. Sie können entscheiden, ob sie es lesen wollen. Wenn ja, ist der Zweck erreicht.

Liebe Nachbarn, Anfang März 2023 wurden sechs Stolpersteine für Auguste Spitzkopf und ihre Kinder, Alfred, Kurt, Ruth, Charlotte und Heinz verlegt. Die Familie Spitzkopf lebte seit 1906 in der Vereinsstraße 7. Sie alle wurden wegen ihrer jüdischen Konfession am 8. November 1941 nach Minsk deportiert und überlebten den Holocaust nicht.

Diese kleinen Messingsteine auf den Gehwegen erinnern an die NS-Opfer, die zwischen 1933 und 1945 ermordet wurden. Vor der Vereinsstraße 7 liegt bereits ein Stolperstein für Henry Polles, der ebenfalls am 8. November 1941 deportiert wurde. Bei Ihnen in der Vereinsstraße Richtung Fruchtallee liegen weitere dieser Steine. Es handelt sich um jüdische Menschen, es waren Kommunistinnen oder homosexuelle Menschen, die von den Nazis ermordet wurden. In der Vereinsstraße 18/20, lebten Sinti und Roma, die auch von den Nazis verfolgt wurden. Mehr erfahren Sie über die Web-Seite www.sternschanze1942.de

Rolf und Gerhard Simon aus der Vereinsstraße 7

Bei meiner Recherche zu den Mieter:innen in der Vereinsstraße 7 habe ich weitere Familiemitglieder der Spitzkopfs gefunden, die hier auch wohnten und 1941 verschleppt wurden, so Rolf (geb. 13. November 1918) und Gerhard Simon (geb. 11. September 1920), die seit 1939 bei den Spitzkopfs wohnten. Ihre Mutter, Gisela Simon, war eine geborene Spitzkopf und wohnte bereits 1907 bei ihrem Bruder in der Vereinsstraße. Es folgten später Umzüge von ihr in die Susannenstraße. Nach der Ehe mit Martin Simon 1918 lebte die Familien im Eppendorfer Abendrothsweg 74. 

Rolf hatte bis 1932 die Volksschule besucht und begann danach  eine kaufmännische Lehre in der Papierwarenfabrik Wilhelms Rendsburg im Krayenkamp 9, gegenüber dem Michel, direkt neben den heutigen “Krameramtsstuben”, ein historisches Gässchen mit Hamburger Hofbebauung, wie es für das 17. Jahrhundert typisch war. Heute eine touristische Attraktion für Hamburg Besucher:innen. 

Gerhard ging bei Otto Wendt im Karolinenviertel, in der Laeiszstraße 13/15, in die Lehre. Wendt handelte mit Schlachthausprodukten. Während ihre Mutter in der NS-Zeit in der Bismarckstraße wohnte, habe ich aus den Unterlagen gesehen, dass ihre Kinder, Rolf und Gerhard Simon, seit dem 15. Juni 1939 in der Vereinstraße 7, Paterre, bei den Spitzkopfs wohnten. Ende Oktober 1940 mussten beide in die Beneckstraße 16 ziehen. Rolf wurde von dort am 25. Oktober 1941 nach Lodz (Litzmannstadt) deportiert. Zu diesem Zeitpunkt wohnte er in der Beneckestraße 16. Die gibt es nicht mehr. Hier befindet sich heute der Uni-Campus. Gerhard heiratete im Juni 1941 Ingeborg Cossloff. Sie war mit ihren Eltern aus ihrer Wohnung in der Marienthaler Straße 26 vertrieben worden und musste in der Dillstraße 16 leben. Gerhard lebte hier mit ihnen zusammen. Am 18. November 1941 wurden alle nach Minsk deportiert und ermordet.

Wir erinnern jedes Jahr an die beiden großen Deportationen bei uns Viertel am 15. und 19. Juli 1942. Über 1.500 jüdische Menschen wurden an diesem Tag nach Theresienstadt/Terezin, in der Nähe von Prag, über die Schule Schanzenstraße verschleppt. Gefunden haben wir in der Liste vom 19. Juli 1942 jetzt auch Hermann Vogel gefunden, der in der Vereinsstraße 80 lebte.

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