Am Vortag der Befreiung des KZ Auschwitz habe ich eine Info in der Gärtnerstraße 117 und 117a verteilt, in der es um Werner Drehmel geht. Er soll zu den befreiten Kindern im KZ gehört haben. Am 27. Januar 2023 gibt es noch eine weitere Aktivität zur Befreiung. Die Info zu Werner Drehmel zieht auch darauf, auf die geplante Kundgebung am 12. März 2023 vor der Bornstraße hinzuweisen, die ich anlässlich des 80. Jahrestages der Deportation vom 10. März 1943 von Hamburg nach Theresienstadt/Terezin organisiere. Eine der damals Verschleppten lebt noch heute.
Liebe Nachbarn,
Werner Drehmel war ein jüdischer Nachbar, der in der NS-Zeit mit seinen Eltern Renate und Fritz in der Gärtnerstraße 117 lebte. Auf dem Gehweg vor dem heutigen Gebäude erinnert ein Stolperstein an seine Mutter, Renata Drehmel. Vermutlich werden sie sich an eines meiner Infos zu dem beschädigten Stolperstein erinnern.
Diesmal geht es mir nicht um den Stein, sondern um die Person Walter Drehmel. Er gehörte zu den wenigen Kindern, die am 27. Januar 1945 von der Roten Armee im KZ Auschwitz befreit wurden.
Werner Dremel wurde am 31. Januar 1929 geboren. Ab Ostern 1935 besuchte Werner drei Jahre lang die Talmud Tora Oberreal- schule am Grindelhof. Bis zur Schließung der Schule im Mai 1942, die sich damals in der Karolinenstraße 35 befand, ging er dorthin.
Zuerst lebte die kleine Familie 1929 in der Eimsbütteler Henriettenstraße 3, 1933 zog sie in die Eppendorfer Löwenstraße 14. Seit 1939 wohnten sie in der Gärtnerstraße 117, im Erdgeschoss. Das damalige Haus gehörte zum Zeitpunkt noch Helene Kaufmann, die aber gezwungen wurde, es an einen “Arier” zu verkaufen. Seit 1938 war die Stadt Hamburg dazu übergegangen, das Eigentum den jüdischen Besitzern zu rauben. Helene Kaufmann wurde am 3. Mai 1944 in Theresienstadt/Terezin ermordet.
Was ist mein Anlass?
Am 27. Januar 1945 wurde das Massenvernichtungslager Auschwitz von der Roten Armee befreit. Es befanden sich nach damaligen Angaben noch 7.200 Häftlinge im KZ.
Morgen ist der Jahrestag der Befreiung. In Deutschland ist dieser Tag seit vielen Jahr der Gedenktag an die NS-Opfer des Holocaust. Auch in Hamburg finden viele Veranstaltungen aus diesem Anlass statt. Am 18. Januar 1945 begann die SS, die meisten KZ Häftlinge auf sogenannte Todesmärsche Richtung Westen zu schicken. Zu diesem Zeitpunkt standen die ersten Panzer der Roten Armee kurz vor Kraków/Krakau, 60 Kilometer östlich des Lagers. Erste Häftlingstransporte in Richtung Westen begannen schon im Sommer 1944, um den Bedarf der deutschen Rüstungsindustrie an Arbeitskräften für Hitlers längst verlorenen Krieg zu decken. Bis Mitte Januar 1945 waren rund 65.000 Häftlinge zu diesem Zweck in andere Lager oder Standorte im Deutschen Reich gebracht worden.
Werner Dehmel gehörte zu den wenigen Kindern, die die Befreiung in Auschwitz erlebten. Nach lebenssichernden Maßnahmen durch die Rote Armee wurde er zum 1. Mai 1945 nach Theresienstadt/ Terezin gebracht, um von dort ins “Displaced Person-Camp” ins bayerische Deggendorf zu gelangen. Heute würde man von einer Geflüchteten-Unterkunft sprechen, damals war die Bezeichnung “DP-Camp”. Erst wollte er nach England fahren, dann verschlug es ihn aber in die USA. An der Boston University studierte er Sozialpädagogik, leitete von 1962 bis 1968 das Stanford Center for Autistic Children und arbeitete dann bis zu seiner Pensionierung unter anderem als Familientherapeut. Bis zu seinem Tod am 1. November 2008 lebte er zusammen mit seiner Frau Robin in San Mateo, Kalifornien. Beide hatten drei Kinder und drei Enkelkinder.
Vor fast 80 Jahren, am 10. März 1943 wurde Werner Drehmel von Hamburg nach Theresienstadt/ Terezin in der CSR deportiert. Zu diesem Zeitpunkt lebte er in der Rutschbahn 25a, Haus 2. Hier wohnte er bei seiner mütterlichen Familie, Emanuel. Seine Mutter, Renata, befand sich seit dem Tod ihres Mannes, Fritz, im April 1942, in einer extremen Lebenslage. Sie lebte fortan wegen ihrer seelischen Verfassheit bis zu ihrer Ermordung durch die Nazi 1944 in Krankenhäusern. Ursprünglich waren in der Rutschbahn 25a jüdische Stiftswohnungen. In der NS-Zeit wurden die Häuser als “Judenhaus” instrumentalisiert. Über sie wurden die Deportationen jüdischer Menschen organisiert. Insgesamt wurden 51 jüdische Menschen am 10. März 1943 von Hamburg nach Theresienstadt/Terezin verschleppt. Sie mussten zum Zeitpunkt in der Bornstraße 22,der Beneckestraße 2 und 6, Laufgraben 37, Schäferkampsallee 25/27 und 29 oder in der Grindelallee 21/23 und der Rutschbahn 25a leben. Die Häuser waren für alle in der Nachbarschaft außen sichtbar mit einem “J” gekennzeichnet. Am 12. März 1943 kamen die Deportierten in Theresienstadt/Terezin an. Am 6. Oktober 1944 wurde Werner Dremel nach Auschwitz gebracht.
Anlässlich des 80. Jahrestags der Deportation findet am 12. März 2023 um 15 Uhr vor der Bornstraße 22 eine kleine Kundgebung statt. Vielleicht sehen wir uns ja am 12. März 2023 vor der Bornstraße 22. Mehr über die Hintergründe, die Deportierten erfahren Sie auch über die Web-Seite https://bornstrasse22.WordPress.com.