Ansichten

Holger Artus

Ein weiterer Raubkauf durch die Familie Heinrich Bauer aus der NS-Zeit konnte geklärt werden, die Löwenstraße 24-30 in Eppendorf

Eine noch nicht zu Ende recherchierte Geschichte zur NS-Geschichte der Bauer Media Group, damals Heinrich Bauer OHG, konnte jetzt weitestgehend geklärt werden.

Es geht um einen weiteren Raubkauf jüdischen Eigentums durch die Familie Heinrich/Alfred Bauer. Der Fakt selber war bekannt, aber die näheren Umstände konnten nicht erzählt werden, da ich nicht alles 2018/2019 gefunden hatte. Durch die Annahmen meines Umfelds war ich auch unsicher, hier in die Tiefe zu gehen. Es war wie immer Peter Offenborn, der es richtig einschätze und kommentierte. Er sollte Recht behalten.

Im Januar 1936 kaufte Heinrich Bauer die Doppelhäuser in der Löwenstraße 24/26 und 28/30 von Ernest Salis Fränckel für 160.000 RM. Fränckel war ein in Hamburg lebender Jude, in England geboren und mit einer englischen Staatsbürgerschaft.

Staatsarchiv Hamburg, 314-15 F550B

Er und seine Partnerin, Margarete Fränckel, verließen Deutschland im April 1938 und emigrierten nach England. Im Rahmen eines Rückerstattungsverfahren zahlte die Familie Heinrich/Alfred Bauer der jüdischen Eigentümerin 31.500 DM nach 1945.

Wie kam es zum Raubkauf der Häuser in der Löwenstraße 24 – 30?

Mit dem Machtantritt der Nazi ab 1933 wurde der Antisemitismus auch Grundlage fürs staatliche Handeln. Als Stichworte standen z.B. 1933 der Rausschmiss jüdischer Menschen aus den öffentlichen, aber auch aus privaten Unternehmen, die Berufsverbote für jüdische Künstlerinnen und Künstler. Dazu kam die alltägliche Hetze in Form politischer Kampagnen der NSDAP, der SA und SS, aber auch der anderen bürgerlichen Parteien in Hamburg, die mit den Nazis kooperierten und den Senat bildeten, da die NSDAP nicht die absolute Mehrheit hatte.

Eine wichtige Änderung im Alltagsleben der Jüdinnen und Juden in Deutschland stellten die so genannten Nürnberger Gesetze vom 15. September 1935 dar. Als „Jude” wurde definiert, wer von mindestens drei “der Rasse nach volljüdischen” Großeltern abstammte. Zwischen Juden und Nichtjuden bestand das Verbot der Eheschließung und außerehelicher sexueller Beziehungen. Verstöße wurden als “Rassenschande” bestraft, jüdischen Ärzten wurde die Genehmigung zur Ausübung entzogen u.v.a.m. Insgesamt emigrierten zwischen 1933 und 1941 ca. 10 -12.000 jüdische Menschen aus Hamburg. Die größte Welle erfolgte nach der ersten Deportation der polnischer Juden aus Hamburg im Oktober 1938 und vor allem nach den November-Pogromen am 9./10. November 1938. Ihre Emigration aus Deutschland begann aber schon ab 1933.

Die Flucht der jüngeren Generation und auch der noch vermögenden Gemeindemitglieder in den  Jahren 1936 bis 1938 prägte verstärkt das Alltagsleben der jüdischen Community in Hamburg. Ein Beispiel war die Tochter von Ernest Fränckel aus der erste Ehe mit Tony Arnstedt: Ingeborg Fränckel verließ Deutschland am 24. Mai 1936 nach England, zusammen mit ihrem  Verlobten.

Die NS-Steuerbehörde verlangte von ihr eine “Reichsfluchtsteuern” von 215.000 RM, damit sie ausreisen konnte. Um diese Summe zu bezahlen, verkaufte ihr Vater u.a. seine Immobilien in der Löwenstraße 24/26 und 28/30. Gleichzeitig erfolgte eine Schenkung an sie über 325.000 RM von Ernest Fränckel und über 30.000 RM durch Margarete Fränckel.

Für ein Nutzungsrecht im Haus in der Reeperbahn 149 bezahlte er ihr auch noch eine Rente. Das Haus gehörte ursprünglich ihrer 1924 verstorbenen Mutter und danach ihr.

Wer waren die Fränckel?

Ernest Salis Fränckel wurde am 8. August 1866 in Bradford/England geboren. Seit 1901 war er mit Tony Arnstedt aus Hamburg verheiratet. Ihre Tochter, Ingeborg, wurde am 27. Juni 1903 geboren.

Er war seit 1872 Mit-Inhaber, später Alleininhaber, des Textilunternehmen Meyer Adolph Nathan, das es seit 1829 in Hamburg gab. „Die Firma Meyer Adolph Nathan betreibt neben umfangreichem Binnenhandel die Ausfuhr von Textilwaren und in der Hauptsache nach Skandinavien, und Finnland; ferner nach England, Jugoslawien, Italien“, beschrieb 1938 die Oberfinanzdirektion das Unternehmen. Der Sitz war am Alsterwall 72/74. Sein Vermögen gab Fränckel 1935 mit 2,7 Mio. RM an. Die Familie lebte im Kumsdahlweg 9 in Blankenese.

Ihm gehörten in Hamburg verschiedene Immobilien wie im Schulterblatt 111, der Reeperbahn 114, Sierichsstraße 106/110 u.a. Darüber hinaus hatte er sich als Finanzier von Immobilien betätigt, sprich Hypotheken. Gelder wurden von ihm in Aktien und Depots investiert. Nach den Nürnberger Rassegesetzen gründete Fränckel 1935 neben dem Unternehmen Meyer Adolph Nathan die “Hanseatische Textilgesellschaft”, um mit seiner “arischen” Kundschaft keine Probleme zu bekommen.

Seine Tochter, Ingrid Fränckel, begann in der Uni Hamburg 1932 ihr Promotion als Kunsthistoriker zu „Andrea del Sarto, Gemälde und Zeichnungen“. Sie wurde 1935 veröffentlicht. Bis zu ihrer Emigration nach England im Mai 1936 arbeitete sie in Hamburg als Privatdozentin und lebte bei ihrem Vater, vermutlich mit ihrem Verlobten, dem Künstler Johannes Auerbach, einem Mitglied der KPD. Er war in der Sternschanze für die illegale KPD verantwortlich. Sie heirateten ihn 1936 nach ihrer Emigration in England und änderten ihren Namen in Amy-Ingeborg und John Ivor Allenby. Bis 1940 waren sie in verschiedenen Ländern auf der Flucht, da sie keine dauerhafte Arbeitserlaubnis in England hatten, so in Frankreich, Italien, Malta und Zypern und 1940 wieder zurück nach England. Hier studierte sie Psychologie und schloss es mit einem Diplom ab, nach dem ab 1944 das Aufenthaltsrecht für die beiden geklärt war.

Margarete Möller wurde am 17. November 1896 in Hamburg geboren. Am 2. Juli 1932 heiratete sie Ernest Salis Fränckel.

Staatsarchiv Hamburg, 314-15 F550B

Ihre Eltern waren Maria Klee (geboren 26.7.1864 in Krefeld) und Constantin Möller (geboren 03.7.1865 in Fulda). Zum Zeitpunkt der Geburt von Margarethe wohnte die Familie Möller bis 1899 in der Gärtnerstraße 28b. Sie hatte vier Schwestern und zwei Brüder. Anna (geboren am 19.09.1891), Otto (9.6.1895 in Hamburg), Johann Möller (geboren 7.2.1899), Katharina (20.1.1901) und Gertrud Möller (geboren 22.09.1902 in Hamburg – gestorben im Okt. 1960 in Hamburg).

Mit ihrer Schwester Gertrud telefonierte sie am Vortag ihrer Flucht 1938 aus Deutschland noch einmal. Als die Fränckels die Nazis über ihre Absicht getäuscht hatten, Deutschland zu verlassen, durchsuchte die Gestapo die Wohnung von Gertrud Möller. Auf die Frage, ob sie nähere Angaben zur Flucht ihrer Schwester machen könnte, antwortete sie mit nein. Bei der Wohnungsdurchsuchung fanden sie aber zwei Briefe ihrer Schwester, die sie versteckt hatte. Margarete hatte sie aus Amsterdam, ihrem ersten Fluchtort 1938, geschrieben. In ihnen liest sich ein besonderes Verhältnis zu ihrer Schwester und umgekehrt. Dafür spricht auch das Verstecken der Briefe. In sehr persönlichen und liebevollen Worten erklärt Margarete ihrer Schwester die Lage und die Folgen. Gertrud Möller starb 1960 in Hamburg.

Am 19./20. April 1938 verließen die Fränckels Deutschland. Ernest Salis Fränckel starb im Alter von 74 Jahren am 17. April 1940 in England. Die Wiedergutmachungs- und Rückerstattungsverfahren nach 1945 wurden von Margarete Fränckel und Dr. Ingeborg Franeckel angestrebt. Margarete Fränckel  starb am 13. Januar 1985 auf Madeira, wo sie seit 1966 lebte. 

Der Raubprozess jüdischen Eigentums wird ab 1937/1938 systematisch betrieben

Der gesetzliche Zwang zum Verkauf jüdischen Eigentums wurde ab 1937/1938 durch den NS-Staat forciert, um sie aus Deutschland zu vertreiben. Ihr Wohnungseigentum musste gemeldet werden und stand faktisch unter staatlicher Zwangsverwaltung. 

Die Hamburger NS-Steuerverwaltung durchforstete bereits nach den ersten Wohnungsverkäufen von Ernest Fränckel 1936 dessen Vermögen. Er hatte sie verkaufen müssen, um die “Reichsfluchtsteuer” seiner Tochter bezahlen zu können. Den Juden sollte das Leben schwer gemacht werden. Es wurde in den Geschäftsunterlagen nach Vorwänden gesucht, aus denen man eine Strafanzeige generieren könnte. So wurde bei Fränckel eine Zahlung ins Ausland zum Aufhänger für eine Strafverfolgung genutzt. Im konkreten Fall kam es zu einem Vergleich in Höhe von 1.200 RM. Liest man heute die Vorgänge, so muss man sagen, dass Fränckel immer betont deeskalierend und lösungsorientiert vorging, dass es selbst den verblödeten Nazis schwer fiel, ihn zu provozieren. Er passte sich nicht an, sondern konzentrierte sich auf das Sachproblem, war immer gut gebrieft, was neue rassistische Gesetze und Anordnungen betraf, so dass es wenig praktische Angriffsflächen gab. Und wenn, dann griff er sie auf, um sie aus dem Leben zu schaffen. 

Fränckel hatte 1936 bis Anfang 1938 nach seiner Darstellung gar nicht vor, Deutschland zu verlassen. Mit Wissen um den Verlauf der Geschichte mag es merkwürdig erscheinen, aber er setzte 1937 sogar seine geschäftliche Expansionsstrategie fort und kaufte in Berlin ein weiteres Unternehmen. Gekauft hatte er in Hamburg in dieser Zeit bereits zwei kleinere Unternehmen.

Bereits nach der Emigration von Dr. Ingeborg Fränckel 1936 nach England verfügte die Finanzbehörde einen Sicherungsbescheid gegen Ernest Salis Fränckel Ende im November 1936 in Höhe von 650.000 RM, der ein paar Wochen später, Ende Dezember 1936, wieder aufgehoben wurde.

Staatsarchiv Hamburg, 314-15 F550B

Der Vorwand dafür war, dass die Nazi bei ihm in Zusammenhang mit der Emigration seiner Tochter „Auswanderungsabsichten“ vermuteten. Fränckel musste alle drei Monate einen Bericht über sein Vermögen machen und bei den Immobilien wurde eine Hypothek seitens der Stadt hinterlegt, so dass ein Verkauf nicht möglich war. Über Transaktionen aus seinem Vermögen musste er vorab informieren.

Das die deutschen Juden Hamburg verließen, war ein Ziel der Nazi, aber sie wollten auch ihr Vermögen, ihre Unternehmen, Immobilien und Depots.  Ende 1937/Anfang 1938 begann eine neue Phase in der Verfolgung und Vertreibung der jüdischen Menschen. Ab dann ging es um den staatlich organisierten Raubkauf, es musste verkauft werden.

Am 23. März 1938 schrieb die Oberfinanzdirektion an die Melde- und Passpolizei, den eingezogenen Reisepass von Fränckel „einzuhalten und nur mit (meiner) Zustimmung zurückzugeben.“ Die Nazi wussten von seinem englischen Pass, der auch für Magerete galt, konnten ihn aber nicht einbehalten: Ernest Fränckel war in England geboren und war auch nach damaligen deutschen Recht, britischer Staatsbürger. 

Anfang April 1938 unternahm er mit seiner Frau einen Erholungsurlaub in Baden-Baden. Ursprünglich wollten beide am 19. April 1938 zurück nach Hamburg kommen. Doch Ernest Fränckel flog über Amsterdam nach London, da seine dort lebenden Schwester schwer erkrankt war. Margarete Fränckel fuhr nach Haus und packte auf die Schnelle mehrere Koffer. Am Abend das 20. April fuhr sie vom Hamburger Hauptbahnhof nach Amsterdam, wo sie noch zwei Wochen blieb, bevor sie mit ihrem Mann, der zu ihr nach Amsterdam gefahren war, nach England weiterfuhren. Margarete telefonierte am Abend des 19. April 1938 nach ihrer Rückkehr nach Hamburg mit ihrer Schwester und schrieb ihr von hier einige Tage später aus Amsterdam: “ Wie ich nach Ostern mit Dir telefonierte, hatte ich noch keine Ahnung, daß ich nie wieder nach D. zurückkehren würde. Ich hatte mir das Notwendigste gepackt, um eventl, 2 – 3 Wochen fortbleiben zu können und auch für Ernst hatte ich Anzüge, Wäsche usw. für diese Zeit mitgenommen. Als ich am nächsten Tag, Donnerstag, Ernst traf, erklärte er mir, nicht wieder zurückzukehren und meldete dann seine Auswanderung, durch einen Hamburger Rechtsanwalt, an. Seine Verwandten und gute Bekannte haben ihm so zugesetzt, daß er einsah, lieber im Ausland in Ruhe und Frieden zu leben und sich zu bescheiden, als in D., wo ein Jude leider seines Lebens nicht mehr sicher ist. Es wird uns beiden in der ersten Zeit sehr schwer fallen auf vieles verzichten zu müssen, aber auch daran gewöhnt man sich, besonders wenn man älter wird.“

Nach seiner Erklärung Ende April 1938, dass er nicht mehr nach Deutschland zurückkehren wollte, wurde sein Privat- und Betriebsvermögen sofort beschlagnahmt und eine Reichsfluchtsteuer in Höhe von 608.886 RM vom Finanzamt Altona festgesetzt, allerdings war er bereits in England.

Staatsarchiv Hamburg, 314-15 F550B

Es gab verschiedene Versuche, ihn in das deutsche Konsulat in Liverpool zu bestellen, aber er lehnte einen Besuch dankend ab, da es für ihn nicht zuständig sei. Dr. Eduard Hoffmann, ein Nazi, wurde zum Treuhänder über sein Vermögen mit Fränckels Zustimmung bestellt.

Staatsarchiv Hamburg, 314-15 F550B

Seine Aufgabe war die Abwicklung des jüdischen Unternehmens, die Kündigung der jüdischen Beschäftigten, der Verkauf der Immobilien und der Unternehmen. So schaltete Hoffmann einen Makler ein, der sich um die Veräußerung der Immobilien bemühen sollte: “Um nicht nur den von Fränckel persönlich beauftragten Hausmakler den Verkauf des Grundbesitzes zu überlassen, habe ich den Makler Reese & Co. und van der Neden Verkaufsunterlagen über die einzelnen Grundstücke zur Verfügung gestellt.”

Staatsarchiv Hamburg, 314-15 F550B

Fraenckles Makler hatte die Immobilien für 1,0 Mio. RM angeboten. Hoffmann war mit den Preisvorstellungen von Fränckels nicht einverstanden, da er nach seiner Auffassung zuviel verlangte und vermerkte, dass “ich beim Kommissar für Preisbildung einen Antrag auf Festsetzung der Höchstpreise für jedes der Grundstücke stelle. Bei Geboten, die diese festgesetzten Höchstpreise erreichen, kann dann ohne Befragen des Fränckel der Zusschlag erteilt werden.” Leider musste er jedoch die “betrübliche Erfahrung machen, dass die Grundstücke viel zu billig angeboten wurden.”

Bis September 1938 waren alle Immobilien durch Hoffmann und die beteiligten Makler verkauft worden.

Die Veräußerung des Unternehmens schleppte sich, bis er endlich einen gewissen Kurt Erhardt aus Hamburg-Wilhelmsburg mit einem “Modeladen” gefunden hatte, einen “PG”, wie Hoffmann in einem Bericht an die Finanzbehörde schrieb. Über Erhardt schrieb er: “Dieser neue Interessent verfügt über keine großen Mitteln und wird daher voraussichtlich gezwungen sein, einen Teil des Kaufpreises ins Geschäft as Darlehen .. arbeiten zu lassen.“ Ob dies von der Partei bzw das Gauwirschaftamt genehmigt würde, sei allerdings unklar. Am Ende zahlte Ehrhardt einen Kaufpreis von 76.000 RM für Unternehmen mit einem Millionenwert. Vom Kaufpreis wurde noch das Honorar des “Treuhänders” in Höhe von 30.000 RM abgesetzt.

Hoffmanns Aufgabe bestand neben der “Arisierung” darin, die so genannten “Reichsfluchtsteuer” zu erlösen, ohne dabei das Unternehmen aus dem Markt zu nehmen. Er führte über 400.000 RM an die Finanzbehörde ab, was aber die “Reichsfuchtsteuer” nicht abdecken konnte. Auch mit dem Auflösung der Depots und anderen Vermögen konnte die Summe ihrer rassistischen Steuer nicht erreicht werden. Aber der Zweck war hier ja auch das legale Abschöpfens des Vermögens, so dass nichts von ihm überblieb. 

Die beiden Fränckel waren sich bewusst, dass sie mit ihrer Ausreise aus Deutschland alles verlieren würden. Sie waren aber auch darauf vorbereitet, wie sie sich ein Teils ihres Vermögens unter den Augen der Nazi sichern konnten. Der zuständige Staatsanwaltschaft regte sich auf, wie geschickt Fränckel sich bei der Anmeldung von Finanzdepots verhalten hatte. Sie mussten bei einer deutschen Bank hinterlegt worden sein. Dies hatte Ernest Fränckel bei einzelnen Depots ordnungsgemäß gemacht, in dem er sie in einem Briefumschlag deponierte. Vor ihrer Fahrt am 20. April 1938 nach Amsterdam ließ Margarete Fränckel diese Briefumschläge mit den Wertpapieren durch einen Boten abholen.

Die Rückerstattung nach 1945

Der Raubkäufer der beiden Häuser in der Löwenstraße24/26 und 28/30 war Heinrich Bauer. Er hatte am 30. Januar 1936 die in der Löwenstraße 24/26 und 28/30 für 160.000 RM gekauft. Einen Kaufvertrag habe ich nicht gefunden, aber in der Anlage zum Entnazifizierungsantrag Ende der 1940er Jahre hatte Alfred Bauer, der Sohn von Heinrich Bauer, die beiden Häuser als seine Immobilien angegeben.

Im Rückerstattungsverfahren ab 1949/1951 von Margarete Fränckel richtete sich der Antrag gegen die drei Kinder von Alfred Bauer, Marlies, Heike und Heinz Bauer sowie Alfred Bauer und Dora Wilhelmine Bartels, geborene Bauer.  Da die drei Bauer-Kinder waren zum Zeitpunkt noch nicht volljährig waren, trat Alfred als ihr gesetzlicher Vertreter in Erscheinung. 

Am 8. Februar 1950 wurde das Rückerstattungsverfahren gegen die Familie Heinrich/Alfred Bauer eröffnet und ein Sperrvermerk im Grundbuch der beiden Häuser eingetragen.

Staatsarchiv Hamburg, 314-15 F550B

Dora Bartels und Alfred Bauer wurde dies am gleichen Tag mitgeteilt.

Staatsarchiv Hamburg, 314-15 F550B

Am 26. Februar 1951 wurde vor dem Landgericht ein Vergleich zwischen Margarete Fränckel und den Beklagten, Alfred Bauer und Dora Bartels, protokolliert. Vereinbart wurde eine Zahlung von 31.500 DM an Margarete Fränckel. Dabei muss man berücksichtigen, dass der Umrechnungskurs RM – DM 10:1 betrug.

Staatsarchiv Hamburg, 314-15 F550B

Im Verfahren vertrat der Anwalt der Familie Heinrich/Alfred Bauer, Dr. Ernst Feld, die Beklagten. Wie bereits in den anderen Rückerstattungsverfahren am Beispiel der Hoheluftchaussee 91/93 war die Linie des Unternehmens, dass der Verkauf des Häuser, so Feld am 10. Mai 1950 an das Landgericht Hamburg, auch ohne die Maßnahmen in der Nazi erfolgt wäre: „Es darf angenommen werden, dass die Veräußerung auch ohne den Nationalsozialismis und seine Verfolgungsmaßmahmen erfolgt wäre.“

Staatsarchiv Hamburg, 314-15 F550B

Um diese Vermutung belegen zu können, wurde davon gesprochen, dass nach Informationen der Familie Bauer „Herr Fränckel ständig an- und verkauft“ hätten und sie vermuten, dass Herr Fränckel weit vor dem Machtantritt mit Grundstücken gehandelt hätte. Das Heinrich Bauer damals 100.000 RM bar an Herrn Fränckel gezahlt hatte, empfand man nicht als ungewohnten Vorgang.

Die Familie Heinrich Bauer hatte schon sehr früh Erfahrungen beim Kauf jüdischen Grund und Boden gemacht, da die Eigentümer nach der Machtübernahme der Nazi schon ab 1933 aus Deutschland emigrierten. So kaufte Ende 1933 und Anfang 1934 die Familie Heinrich Bauer von den „Goldsteins“ ein unbebautes Grundstück in der Königgrätzstraße 5. Auf dem bauten sie ein Wohnhaus, in dem Dora Bartels danach lebte. 1936 war es die Löwenstraße 24/30, es folgten noch die Raubkäufe der Schützenpforte und der Hoheluftchaussee 91/93. Noch nicht seriös aufgeklärt ist der Kauf an der Schönen Aussicht, aber die vorliegenden Schriftverkehre verweisen auch hier darauf, dass es sich nicht um einen normalen Immobilienverkauf zwischen einem Juden und einem „Arier“ gehandelt haben dürfte.

Die Fränckels waren sich bewusst, dass ihnen in Deutschland alles genommen werden wird. Margarete schrieb dazu ihrer Schwester: Wir “werden wir wohl kaum etwas von unserem großen Vermögen zu sehen bekommen.” Das änderte sich erst nach 1945.

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