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Holger Artus

Nach dem Ostermarsch 2022 in Hamburg weitermachen wie bisher?

Das Hamburger Forum hat auf mein Schreiben bezüglich des Ostermarsch 2022 und der in meinen Augen täuschenden Haltung zum Überfall Russlands auf die Ukraine nicht reagiert.

Verschiedene Organisationen hatten sich am Anliegen der Ostermarsch-Bewegung mit einem eigenen Aufrufen beteiligt. Die wesentlichen Träger des Hamburger Forum haben sich m.E. von zentralen Teilen Kräften der Friedensbewegung isoliert, wenn man deren Aufrufe, die Kommentare und Gespräche danach verfolgt.

Die notwendige Diskussion um die künftigen Inhalte nach dem Überfall auf die Ukraine, den Forderungen und die politische Reichweite der Friedensbewegung für Abrüstung und Frieden gab es bereits vor dem Ostermarsch und wird danach bleiben. Verschiedene Kräfte dürften in der Debatte um die Positionierung des HF zum Ergebnis gekommen sein, dass ihre bisherige Praxis so einfach nicht mehr funktionieren dürfte. Während man früher zähneknirschend zum Ostermarsch oder 1. September in Hamburg mit einem eigenen Aufruf dabei war, wird man dies künftig kritisch hinterfragen und auch über andere Herangehensweisen nachdenken – müssen. Es ist sicher auch eine Schwäche der linken Kräfte, die Frage der Bündnisfähigkeit, ihrer Inhalte und ihrer Strukturierung nicht im Blick behalten zu haben. Wir haben uns in unserer anhaltenden Isolierung wohl gefühlt und es einfach dem Hamburger Forums überlassen.

So wie Kräfte im Hamburger Forum Ursache und Wirkung beim aktuellen Krieg in der Ukraine einfach verdreht und verkürzt in eine Polit-Wolke gehoben wurde, wird sich der Verein in seiner Positionierung jetzt auch nicht ändern. Die notwendigen inhaltlichen Debatten müssen geführt werden, aber nicht in der Blase. Eine Debatte in ihr hatte keinen Sinn, weil sie sich hier nur reproduziert und sich durch den Wirrsinn keine Lösungsansätze für das politische Handeln ergeben werden.

Ohne es gleich zu setzen, so muss man auch sehen, dass in der Reaktion auf die Debatte um den Inhalt des Ostermarsches in Hamburg 2022 verschiedene Personen sich Argumentationssträngen bedienen hatten, die einer Kritik bedürften. So spricht Markus Gunkel in einer Zeitung davon, dass z. B. die Veröffentlichung in der MOPO eine „Verleumdung“ gewesen sei, obwohl er ja selber mit der Redakteurin gesprochen hatte und auch wörtlich zitiert wurde. Auch kann man in den Diskussionen m.E. auch vernehmen, dass die Publizität zum Ostermarsch 2022 eine “Medienkampagne” sei. Manch eine:r ist nicht weit entfernt von der „Lügenpresse“. Andere Kräfte des Hamburger Forums machen sich zu Sympathisanten antisemitischer und homophober Kräfte in Russland.

Müssen wir auf unsere ökonomischen und politischen Analysen verzichten, mit der eigenen Meinung nicht präsent sein? Das würde sicher nicht aufgehen und wäre ohne jede Perspektive, wenn es z. B. darum gehen sollte, eine politisch breitere Bewegung auf eine neue Grundlage versuchen zu stellen, die unsere Sichtweisen im kollegialen Gegenstand in der Debatte hält. Man muss inhaltlich erkennbar und auch politisch wahrnehm sein, sei es z. B. auf Demonstrationen oder Diskussionen. Dazu wird man auch künftig anstehende Kundgebungen nutzen, aber genauso eigene Diskussionen führen und andere Anlässe nutzen. Und sicher ist auch, dass vieles von Ausgang der Krise in der Linken in Hamburg abhängt. Sie ist strukturell Teil des Problem des Hamburger Forums, aber nicht im Sinne, dass sie die Verantwortung dafür trägt.

Der weltpolitische Bruch durch den Überfall der Ukraine durch Russland wird langfristige Folgen in alle Feldern der Politik, Ökonomie, Ökologie, militärischen und inhaltlichen Auseinandersetzung haben. Alleine, weil dahinter globale strategische Gruppen- und Einzelstaatliche Interessen stecken, die sich jetzt gerade neu konstituierten und forciert verfolgt werden. Auf unser ach so kleinen Gegenseiten wird es keine kurzfristige Neuformierung der Friedensbewegung in Hamburg geben. Inhaltlich und strukturell spricht vieles dagegen. Es geht aber auch in unseren Debatten um die strategische Neuaufstellung und das ausloten von Möglichkeiten um einen längerer Zeitabschnitt.

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