Am 16. September 1949 erschien die erste Ausgabe der MOPO. Aus 6.000 an diesem Tag wurden bis Ende 1949 23.000 täglich verkaufte Exemplare. 1967 wurden pro Quartal 367.0000 im Durchschnitt verkauft. Es dürfte in diesem Zeitraum Tage mit über 400.000 verkauften Exemplaren gegeben haben. Seit dem, ohne dieses Jahr als „Wende-Jahr“ bezeichnen zu wollen, ging es danach nur noch abwärts mit der MOPO-Auflage. Aktuell, per 30.06.2020 hatte die Print-MOPO 37.029 verkaufte Exemplare, davon 24.528 im Einzelverkauf. Diese Zahlen fielen in den Corona Lock-Down und sind aber wenig aussagekräftig.
Per Juni 2019 lag die verkaufte Auflage noch bei 48.479 und der Einzelverkauf bei 33.718. Die Zahlen per IV/2020 dürften mehr verdeutlichen. Am Trend wird sich aber so nichts ändern. Es geht längst um das Zusammenspiel der Marke MOPO als Printausgabe und deren Digitalangebote, hier in erster Linie mopo.de als reichweitenstarkes Medium. Es geht inhaltlich um die Glaubwürdigkeit der Marke. Aus diesem Zusammenspiel muss eine Geschäftsstrategie in der digitalen Transformation etabliert werden.
Heute, am 16. September 2020 ist das 71. Jahr des ersten Erscheinen der MOPO. Unter dem alten Eigentümer, der DuMont Mediengruppe (2009-2019/2020), ging sie dem Ende entgegen. Der Verkauf war die einzige Option als Schritt in die Zukunft. Frühzeitig war diese Perspektive von der Arbeitnehmervertretung aufgestellt und verfolgt worden. Leider scheiterten verschiedene Verkaufsprojekte, aber ich stehe nach wie vor zu dieser Strategie: Gegenwehr mit der Belegschaft gegen den DuMont-Blödsinn, Treiber in Sachen digitaler Transformation und Zukunftssicherung durch Verkauf. Die damalige MOPO- Chefredaktion hatte das Ansehen der Marke in Hamburg, dem Kernverbreitungsgebiet, komplett ramponiert, was nicht heißt, dass es nicht tolle Ideen und Ausgaben einer engagierten Redaktion gab. An ihr lag es nicht! Der absolute Niedergang in der Ausrichtung de Blattes, so die Meinung vieler aus der damaligen Redaktion, begann mit der Einstellung des Digitalchefs, Alexander Krug, 2018. Mit großer Zufriedenheit hatte ich in Hintergrundgesprächen zur Kenntnis genommen, dass der Rauswurf dieser Person eine der Bedingungen an den neuen Erwerber war, dass er öffentliche Unterstützung im Rahmen einer Kampagne erfahren würde. Der Chefredakteur flog nach der Übernahme im Frühjahr 2020 und sein Stellvertreter Krug auch. Seit dem hat sich in der Redaktion vieles getan. Ich würde für mich sagen, das „die Guten“ wieder in der Redaktion zurückgekommen sind. Wenn die personelle Erneuerung an der Spitze des Unternehmens eine notwendige Voraussetzung für eine Wende war, waren und sind damit nicht die Herausforderungen gelöst, die sich aus dem Wandel der Medienkommunikation und den Geschäftsmodelle ergeben. Die Platzbestimmung der MOPO-Medien ergibt sich nicht mehr aus dem Boulevard, wenigstens ist das meine Meinung. Sie ergibt sich auch nicht aus der Zeile, wie sie immer noch im Netz verfolgt werden. Auf der anderen Seite ergibt sich nur durch Reichweite das Geschäft mit den Anzeigen/Ads. Aber auch die Qualität der Beziehungen zu den Lesern/innen und Nutzer/innen ist ein wichtiges Kriterium einer Marke. HSV24.de war für mich immer ein sehr gute Idee und Umsetzung, was die Beziehungen der Nutzer/innen mit der Marke betraf.
Wie das Trägermedium für die Kommunikation mit den Menschen, zu welchem Zweck auch immer, eine Rolle spielt, zeigte sich auch nach 1945. Damals waren der Besitz von Druckmaschinen die Voraussetzung der Publikation, für eine erfolgreiche Geschäftsstrategie. Als die SPD 1949 den Lizenzantrag stellte, sollte die Zeitung ursprünglich zum 1. September 1949 unter dem Namen „Die Post“ erscheinen. In den Gespräche mit der Senat und der britischen Administration entschied sich die SPD aber kurzfristig anders. Am 26. Juli 1949 war der Antrag auf eine Lizenz für „Die Post“ gestellt worden. Da der Herausgeber, der Antifaschist und Sozialdeomokrat, Peter Bogdol für das geplante „Hamburger Sport-Echo“ verstorben war, hatte man das Projekt fallen gelassen und argumentierte, dass man für „Die Post“ die bereits erklärte Lizenz für „Die Post“ verwenden könne, um, so mein Eindruck, dass neue Lizenzverfahren zu beschleunigen.
Am 31. August 1949 erklärte Auerdruck (SPD, dass man den Titel der neuen Zeitung im „Hamburger Morgenpost“ umbenennen werde. Als Grund wurden „kollegiale Erwägungen gegenüber anderen Verlegern“ angegeben. Das sich der Beratende Ausschuss des Senats mit dem Lizenzantrag nicht groß beschäftigten wollte, hatte damit zu tun, dass einer der Antragsteller, Werner Stieren, falsche Angaben gemacht hatte: Er war 1937 in die NSDAP eingetreten und hatte im Entnazifierzungsantrag seine Mitgliedschaft verschwiegen.
Am 15. September 1949 unterschreibt Hamburgs Bürgermeister Max Brauer die Lizenz Nr. 3, am 16. September 1949 erscheint die MOPO erstmals.
Der Besitz von Druckmaschinen von Auerdruck setzte die SPD Hamburg in die Lage, Zeitungen zu produzieren. Wenn auch im Juli 1949 Ernst Kähler als Herausgeber für die Post/MOPO funktierte, war Auerdruck das Unternehmen, dass hier den Formalien für den Lizenzantrag entsprach und einen „unabhängigen Herausgeber“ für den Lizenzausschuss präsentierte. Kähler war Funktionär der SPD in Hamburg. Ein eigenständiger Verlag für die „Hamburger Morgenpost“ wurde erst in den 1950er Jahren gegründet. Auerdruck hatte bereits ab 1946 eine Redaktion und einen Vertrieb (für das „Hamburger Echo“)aufgebaut, um den Verkauf der geschriebenen Geschichten nach dem Druck auch vertreiben zu können. Die meisten Käufer des „Hamburger Echos“ erfolgen 1946 und folgende Jahre im Einzelverkauf, heute würde man von stationären Einzelhändlern sprechen. Aus dem Vertriebsabteilung des „Echos“ waren 1949 vier Personen für die MOPO zuständig. Für die Redaktion der MOPO arbeiteten zum 1. September 1949 acht Redakteure, zum Jahresende waren es 12. Ab 1948 gab es eine eigenständige Vermarktungsabteilung bei Auerdruck. In der überregionalen Vermarktung setzte man mit der Anzeigen Union GmbH auf eine Kooperationsstrategie.
Erika Krauß erzählte mir, wie sie 1950 ihren ersten Schritt in die MOPO am Speersort unternahm, diese im ersten Stock saßen. „Die anderen saßen irgendwo besoffen rum, Heinrich Braune nahm mich mit und wir machten die Zeitung.“ Eine Übersicht der SPD über die Mieter im Pressehaus am Speersort aus 1950 bestätigte, dass die Redaktionen von Auerdruck im 1. Obergeschoss saßen. Heinrich Braune hatte dazu noch ein eigenes Büro im fünften OG.
Ob Trägermedium, Vertrieb, der Sitz des Unternehmens, die Strategie im Vermarktungsgeschäft, auch heute sind das die Fragen der Neuaufstellung, um die sich die neue MOPO drehen dürfte. Redaktionell ist die Frage, wie sich der Verleger seiner publizistischen Verantwortung in Hamburg, zur Meinungsbildung, stellt. Ohne DuMont und Niggemeier ist eine große Chance geschaffen worden, aber in einer diversifizierten Medienwelt wird man diesen Platz nicht mehr „stand alone“ bestimmen können, nicht im Medien- und Gattungswandel. Es bedarf Kooperationspartner und Mediengattungen übergreifende Antworten, glaube ich.