Damit hatte ich nicht gerechnet, dass mich das Thema der italienischen Militärinternierten so festhält. Aus einer kleinen, geplanten und überschaubaren Aktivität, auf einen konkreten Punkt bezogen, ist ein inhaltliches Thema geworden. Noch habe ich nichts von der Familie Fusa aus Trobbelvicono gehört, aber da ich weitere Opfer aus dem Zwangsarbeiterlager, habe ich das aufgeschrieben, was ich bisher gefunden habe. Natürlich geht es auch um die Bewerbung der Kundgebung am 8. September 2020 um 17 Uhr vor der Burchardstraße 13 im Hamburger Kontorhaudviertel.
Nach dem Sturz Mussolinis 1943 vereinbarte die italienische Regierung mit den Alliierten am 8. September 1943 einen Waffenstillstand. Die damalige deutsche Regierung brandmarkte öffentlich den „Verrat“ Italiens, hatte sich aber schon seit Wochen auf eine zu erwartende Kapitulation des Landes eingestellt. Im Mittelmeerraum waren deutsche Truppen stationiert worden, die am 9. September auf das Codewort „Achse“ bzw. „Alarich“ hin die italienischen Truppen in Südfrankreich, Jugoslawien, Albanien, Griechenland und Italien entwaffneten.
Italienischer Militärinternierter (IMI) war die deutsche Bezeichnung für die italienischen Soldaten, die sich weigerten, auf Seiten Hitlers und Mussolinis den Krieg fortzusetzen. Auf Befehl Hitlers vom 20. September 1943 wurde dieser neue Status geschaffen. Während „IMI“ formal eigentlich ein etwas Besserer war, waren die ehemals treuen Waffengefährten in den Augen vieler Deutscher zu Verrätern geworden.
Zum Zeitpunkt der Festnahme von Erminio Fusa am 9. September 1942 war er in Albanien stationiert. Der Weg führte ihn dann ins Stammlager Sandbostel. So wurden im Zweiten Weltkrieg Kriegsgefangenenlager bezeichnet, in denen gefangene Soldaten und Unteroffiziere inhaftiert worden waren.
Das Stalag X B Sandbostel war zusammen mit dem Zweiglager Wietzendorf (dem vormaligen Stalag X D) eines der größten Durchgangslager für italienische Militärinternierte. Im September 1943 wurden hier ca. 67.000 italienische Soldaten registriert und meist sofort in Arbeitskommandos weitertransportiert. Von dort wurde Fusi ins Lager Dessauer Ufer Lagerhaus F verschleppt und dann ins Heinrich-Bauer- Haus.
Erminio Fausa wurde am 14. Februar 1920 in dem Ort Torrebelvicino geboren. Er war der Sohn von Maria und Angelo Fusa. Sein Geburtsort liegt rund 90 Kilometer von Venedig entfernt in den Vicentiner Alpen. 2018 hatte Torrebelvicino 6.000 Einwohner/innen.
Am 20. April 1945 verstarb Erminio Fausa im Krankenhaus Langenhorn, das auch seine Sterbeurkunde ausgestellt hat. Ein Grabstein in Trobbelvinco erinnert an ihn. Es leben heute noch Angehörige des damals 25-jährigen Bauern in dem Ort.
Zu den bisher bekannten Opfern des Zwangsarbeitslagers im Heinrich-Bauer-Hauses in der Burchardstraße/Schützenpforte 11 gehörten auch Emilio Bova und Antonio Morello.
Emilio Bova wurde am 24. April 1924 in Montalto/Ligure geboren. Der Ort liegt in Norditalien und zählte 2016 rund 400 Einwohner/innen. Nach dem Waffenstillstand zwischen der neuen Regierung in Italien und den Alliierten am 8. September wurde er mit seiner Einheit am 9. September 1943 bei Bozen festgenommen. Er kam über das Stammlager Sandbostel nach Hamburg. Vom Lager im Dessauer Ufer wurde er ins Heinrich-Bauer-Haus in der Burchardstraße/ Schützenpforte 11 überführt. Ein Arbeitseinsatz ist bekannt (Arbeitskommando 1577), aber noch nicht der Einsatzort/Unternehmen. Emilio Bova ist am 23. Juni 1944 im AK St.Georg gestorben. Als Todesgrund wird Schädelbruch angegeben. Er wurde einen Tag später auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt.
Antonio Morello wurde am 13. Juni 1911 auf Sizilien in der Nähe von Palermo geboren. Zurzeit ist noch nicht klar, wo er von der deutschen Wehrmacht festgenommen wurde. Er starb am 18. Juni 1944 vermutlich in einem Bombardement. Als Todesursache wurde „Feindeinwirkung“ auf der Sterbeurkunde vermerkt.