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Holger Artus

Betroffenheit nicht mit mir alleine ausmachen

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Heute Morgen haben der Spiegel und der NDR/ZAPP einen Bericht über die Geschichte der Bauer Media Group in der Nazi- Zeit veröffentlicht. Bisher hatte das Unternehmen selber auf ihrer aktuellen Web-Seite darüber keinen Vermerk stehen. Alfred Bauer war in der NSDAP und hat sich nach den vorliegenden Berichten und Dokumenten an der „Arisierung“ jüdischen Eigentums beteiligt und offenbar auch persönliche Vorteile verschafft. Bauer will einen Historiker mit der Unternehmensgeschichte beschäftigten. Sie geben an, dass sie selber keine Unterlagen im Unternehmen haben. Ich finde die Geschichte der „Arisierung“ der aufgeführten Häuser in der Hoheluftchaussee 91/93 so beklemmend, dass ich sie aufgeschrieben und den Mieter/innen in die Briefkästen gesteckt habe. Hierzu bedarf es keines Historiker, hier bedarf es einer Haltung. Hier die Info:

Kennen Sie Alfred Bauer? Wissen Sie, was aus Elfriede und Bernhard David bzw. Else und Leopold Lampert wurde?

Der SPIEGEL hat einen Bericht zum Hamburger Zeitschriftenunternehmen Bauer Media Group (TV Movie, Fernsehwoche, Tina etc.) veröffentlicht, in der es auch um das in der Eppendorfer Weg 221/Hoheluftchaussee 91/93 geht. Heute Abend gibt es einen Bericht im NDR im Magazin ZAPP, der sich u.a. auch mit ihren Mietshaus beschäftigen wird.

Die Hoheluftchaussee 91 gehörte bis zum 22. Dezember 1938 Elfriede und Bernhard David bzw. Else und Leopold Lampert. Unter der Adresse betrieb Paul Dessauer, dem die Häuser in der Hoheluftchaussee 93/Eppendorfer Weg 221 gehörten, das Kaufhaus Hoheluft (KaHo). Elfriede und Bernhard David bzw. Else und Leopold Lampert wie auch Paul Dessauer waren Juden und wurden gezwungen, ihr Eigentum zu verkaufen. Die Nazis wollten Deutschland “entjuden”. Am 9. /10. November 1938 wurde der Mob auf die jüdischen Geschäfte und Einrichtungen losgelassen. In Hamburg wurden alle Synagogen in Brand gesteckt, hunderte Geschäfte zerstört und an die 1.000 Juden festgenommen, viele durch die Gestapo ermordet. Zu Beginn 1938 wurden in Hamburg zudem der gesamte jüdische Grundbesitz erfasst und die Verwaltung der Häuser wurde von den Nazis kontrolliert. So wurde der Verkauf an “Arierer” vorbereitet und gewährleistet. Die Gestapo hatte auch angefangen, jüdische Geschäfte zu schließen. 

Staatsarchiv Hamburg 314-15 Paul Dessauer

Durch die Hatz auf Juden waren seit 1933 die Umsätze jüdischer Geschäfte massiv einge- brochen. “Arier” wie z.B. Alfred Bauer nutzten m.E. die Notlage von Elfriede und Bernhard David bzw. Else und Leopold Lampert aus: Er kaufte ihr Haus in der Hoheluftchaussee 91 und das von Pau Dessauer in der Hoheluftchaussee 93. Über das Geld konnten sie nicht verfügen, weil es auf ein Sperrkonto ging, dass die Nazis verwalteten. Der Erwerber Alfred Bauer zog sich vom Kaufpreis 14.000 RM ab.  Weiter kaufte er auch das Unternehmen von Paul Dessauer, das Kaufhaus Hoheluft. Es wurde sofort an ein Beteiligungs- unternehmen von Bauer weitergereicht, der Walter Krentz KG, und war bis in die 1960er Jahre ein Unternehmen des Heinrich Bauer Verlages.

Was wurde aus den jüdischen Eigentümern der Hoheluftchaussee 91?

Die ehemaligen Eigentümer mussten verkaufen. Dessauers Söhne Werner und Frank Dessauer sowie Hannah und Ludwig Lampert konnten 1939 in die USA emigrieren. Elfriede und Bernhard David bzw. Else und Leopold Lampert überlebten das Terror-Regime nicht. Bernhard David starb im Juli 1942, Elfriede nahm sich das Leben, um der Deportation zu entgehen. Else und Lambert Leopold versuchten noch, nach Palästina oder England zu flüchten, was ihnen jedoch nicht mehr gelang. Zum 25. Oktober 1941 erhielten sie ihren Deportationsbefehl nach Lodz. Von dort wurden sie am 15. Mai 1942 nach Chelmno (Culm) verschleppt. Dort wurden sie vermutlich gleich nach ihrer Ankunft vergast.

Wer war Alfred Bauer?

Der damalige Käufer war der “Arier” Alfred Bauer, damals Geschäftsführer der Heinrich Bauer OHG. Heute heißt das Unternehmen Bauer Media Group und ist eines der größten Medienunternehmen Deutschland, in den USA, Großbritannien und Australien. Die Familie Bauer ist eine reichsten in Deutschland und dürfte zu den Vermögens-Milliardären in Deutschland gehören. 

Alfred Bauer war nach den vorliegenden Berichten unter den Nazis reich geworden. Er war Mitglied der NSDAP. Sie gaben damals die Zeitschrift “Funk Wacht” heraus. Es war eine wöchentliche Zeitschrift, die m.E. einen Führer-Kult betrieb, die deutschen Wiederaufrüstung hofierte, die Reinheit der deutsche Rasse in Szene setze und Andersdenkende wüst diffamierte. Lag die Auflage 1929 noch bei rund 40.000 Exemplaren, waren es 1936 bereits 466.000 Exemplare.

Alfred Bauer kaufte weitere Grundstücke und Häuser von Juden. So auch das Nachbargrundstück Hoheluftchaussee 91 von Paul Dessauer. In der Löwenstraße, ganz in ihrer Nähe, kaufte er die Häuser 24-30 von Ernst Salis Fränkel.

Die Kinder der vertriebenen Juden mussten nach 1945 auf Rückerstattung gegen Alfred Bauer zunächst einklagen. Letztendlich zahlte Bauer ihnen eine Entschädigung. In Deutschland wurden die Kinder der Davids und Lamperts nicht mehr heimisch, wo ihre Eltern entrechtet, enteignet, vertrieben und vernichtet wurden. Sie haben sich ein neues Leben in Palästina, Australien und den USA aufgebaut.

Über die Stolpersteine in Eimsbüttel engagiere ich mich zum Thema der NS-Opfer und bin jetzt durch die Medienberichterstattung auch über dieses Thema gefallen. Unter www.sternschanze1942.de können Sie erfahren, was das für Aktivitäten sind. Ich bin in Eimsbüttel geboren und lebe hier seit Jahrzehnten. 

Wenn Sie Fragen haben oder Ihre Meinung loswerden wollen, können Sie das gerne tun entweder per Mail unter holgerartus@yahoo.de.

Hier der Text als pdf

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