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Holger Artus

Vergessen habe ich die 13 Jahre G+J in der MOPO nicht

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Im November 1999 trennte sich G+J nach 13 Jahren von der MOPO. Als zum Feierabend informiert wurde, kam ich aus dem Kino und fuhr in die Griegstraße. Gerd Schulte-Hillen und Dr. Bernd Kundrun vom G+J-Vorstand informierten. Auf der Versammlung sagte ich u.a. „Endlich sind wir euch los!“ Als Betriebsratsvorsitzender war es mein erster Verkauf, als Arbeitnehmer hatte ich den Kauf 1986 durch G+J erlebt. Damals war das wie eine Befreiung vom dem Chaos von Eduard Greif.

Endlich ein Medienunternehmen, dass aus dem Mediengeschäft kommt und einen Plan verfolgt. Ich denke, wir alle waren froh. Es gab Sorgen, ob die Erwerber Frank Otto und Hans Barlach die MOPO abwickeln. Das der 2/3-Gesellschafter Frank Otto die beste wirtschaftliche Phase der MOPO seit den 1970er Jahren einläute, konnten wir damals nicht ahnen. Aber schnell wurde sichtbar, dass sie völlig anders als G+J mit der Redaktion etwas erreichen wollten und wirtschaftlich ein Konzept verfolgten, dass der Wirklichkeit entsprach.

Mit der Bestellung von Dr. Mathias Döpfner begann eine grundlegende Wende für die Zeitung, mit seinem Ausstieg begann eine neue Betrachtung im G+J-Vorstand auf die MOPO. Der Ausstieg von G+J aus der MOPO war keine auf die Hamburger Zeitung ausgerichtetes Vorgehen. Von 1999 bis 2003 war fast der gesamte Zeitungsbereich verkauft worden. Man hatte ursprünglich vor, sich auch von der Sächsischen Zeitung zu trennen, doch deren Ergebnisse liefern bis heute schwarze Zahlen. Die Rendite lag über 10 Prozent.

In einem Kommentar am Tag nach der Bekanntgabe des Verkaufs an Frank Otto und Hans Barlach erschien in der MOPO ein schöner Kommentar, über den sich Schulte-Hillen ordentlich aufgeregt hatte. Die Zeile laute „Happy Financial Time“ und bezog sich auf die Neuausrichtung von G+J, in der Wirtschaftspresse zu wachsen. Sowohl in Deutschland (Börse Online) und in den USA wurde nach meiner Schätzung über 0,5 Mrd. € ausgegeben, um zu expandieren. Damit war nach einigen Jahren Schluss. Aus dieser Phase gibt es heute keinen Titel mehr. Der Wechsel von Schulte-Hillen zum damals neuen Vorstandsvorsitzenden, Dr. Bernd Kundrun, war mit einem Sanierungsprogramm verbunden. Die Weltwirtschaftskrise 2002/2003 hat dem Print-Erwartungsgeschäft ein Ende bereitet.

Gruner +Jahr stieg im August 1986 in die MOPO ein. Viel hatten sie vor. Die Auflage wurde bereinigt und man hoffte, von den 135.000 schnell auf die 200.000 zu kommen. Selbst eine bundesweite Verbreitung war eine Option. Es wurde nicht nur das Unternehmen übernommen, es wurde der MOPO ein komplett neues Aussehen gegeben. Das heutige Tabloid-Format wurde eingeführt und die Zeitung wurde für 10 Pfennig massenhaft (verteilt) an die Leser/innen gebracht. Es wurde eine riesige Mannschaft eingestellt, die man sich eingekauft hat. Es wurden neue Ressorts eingeführt und die Zeitung aus dem Schmuddel-Image rausgeführt. Es wurden Kolumnen und doppelseitige Reportagen eingeführt. Ein Kulturressort bemühte sich über mehrere Seiten, den Leser/innen ein Angebot zu machen. Es gab Krimi-Kurzgeschichten von bekannten Hamburger Autoren/innen. Soviel Luft, wie hier eingeatmet wurde, dass war ein richtiger Aufschwung. G+J wollte klotzen und verfolgte einen Plan. Dafür waren Mittel vorhanden. Der Kauf der MOPO erfolgte zu 10 Prozent über die österreichische Kronen Zeitung. Hans Dichand war die ersten Monate regelmäßig in der Chefredaktion. G+J hatte Dichand mit ins Boot genommen, da 50 Prozent der Kronen-Zeitung zur Aussicht stand. Was musste ich schmunzeln, als ich den Kaufvertrag las, der besagte, dass G+J mit keiner Zeitung selber in Österreich herauskommen dürfte. Später übernahm statt G+J die damalige WAZ Mediengruppe (heute Funke) in die 50 Prozent an der Krone. Bis heute streiten sich beide.

Zum Zeitpunkt des Kaufs spekulierte man verschiedentlich, dass der Kauf wegen der MOPO-Anteile an Radio Hamburg gibt. Der private Rundfunksender war gerade gegründet worden und großen alle Hamburger Zeitungs- und Zeitschriftenverlage hatten ihre Anteile – so dass keiner beherrschen könnte. Daran hätte auch ein Erwerb der 5 Prozent der MOPO-Anteile für G+J nichts geändert. Die damalige Hamburger Medienanstalt als Aufsichtsbehörde hätte im Übrigen einer Beherrschung nicht ihre Zustimmung gegeben. Das es G+J um die Weiterentwicklung der Zeitung ging, kam nur wenigen in den Sinn. Die Marke war unter dem Vorbesitzer, den Schweizer Gebrüdern Greif, dermaßen ramponiert worden, das keiner an die Zukunft der Zeitung glaubte. Historisch muss man sagen, dass G+J der MOPO wieder das Leben eingehacht hat und eine neue Boulevard-Zeitung entwickelt hatte, die neue Themen einer Großstadt aufgreifen wollte und intelligente Unterhaltung bieten wollte.

Mit der Benennung von Wolfgang Clement als Chefredakteur 1986 kam auch noch der Anspruch, eine politische Zeitung mit Haltung zu werden. Clement als ehemaliger SPD-Generalsekretär hatte mit der Partei gebrochen, wollte wieder als Journalist arbeiten. Mit seinen Kontakten war er bestens vernetzt und man setzte auf innovative Geschichten. Clement, im Zweifel immer Politiker geblieben, war bei der Besetzung der Häuser für eine Räumung, die Auseinandersetzung in der Redaktion und mit der Politik führte ihn später zu Dohanny-Lösung. Es gab keine gewaltsame Lösung, dafür hatte sich die Redaktion unter Clement eingesetzt, anders als 1973 bei der Besetzung der Häuser in der Eckhoffstraße. Clement hauchte der Mopo wieder politische Bedeutung ein, einfach auch, weil er vernetzt war. Unter ihm kamen die Größen der Bundespolitik in die Griegstraße und ein eigenständiger bundespolitische Aspekt ins Blatt. Ähnlich verhielt es sich unter Dr. Döpfner, der seine konservative und unsoziale Sichtweise von 1994 bis 1996, diesmal zum Schaden der Mopo, im Blatt positionieren wollte. Clement wollte eine Zeitung machen, über die man redet, aber keine sozialdemokratische Zeitung. Nicht sehr erfreut haben, müssen ihn die regelmäßigen Blattkritiken vom G+J-Vorstandsvorsitzenden. Einer fand seinen Weg mit meiner Unterstützung in die Öffentlichkeit und machte die Einmischung des Unternehmschef deutlich. Das war keine Leserkritik, das war Beeinflussung. Es gab später untern anderen Chefredakteuren immer wieder Briefe von Schulte-Hillen, auch verbunden mit klaren Ansagen, aber eben nicht mehr zum ganzen Blatt.

Der Streit zwischen dem Geschäftsführer und Chefredakteur ums Geld und ums Unternehmen sowie die bekannten Eigenschaften von Clement führten zum Trennungsprozess. Clement wählte wieder der Weg in die Politik.

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