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Holger Artus

Zum Stellenabbau und den Folgen des Umzug in Berlin – Soli-Adresse

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Die DuMont Mediengruppe wollte 2015/2016 nach verschiedenen Sanierungsmaßnahmen den großen Wurf machen. Es wurden ein neues Unternehmen gegründet. Da es nach Auffassung des Unternehmens eine Neugründung war, lag kein Betriebsübergang vor und jede/r musste sich neu bewerben. Über den Gesamtprozess entledigte man sich etwa der Hälfte der Redaktion der Berliner Zeitung/Berliner Kurier. Neben dem praktischen Vorgehens, waren wir auch immer solidarisch. Als gab es auch eine Soli-Adresse. Wir haben sie entweder auch im Haus verteilt (wie in dem beiliegenden Fall oder ans „Schwarze Brett“ gehängt. Wir waren immer um Öffentlichkeit in unserem Tun bemüht. Auch der Arbeitgeber sollte es mitbekommen, das wir Haltung haben.

Mit Traurigkeit und Empörung haben wir heute die Erklärungen von DuMont zum “Neustart in Berlin” zur Kenntnis genommen. Es ist nicht richtig, was bei Euch geplant wird! Nach der Insolvenz der Frankfurter Rundschau und der Abendzeitung München, dem Aus der kompletten Redaktion der Westfälischen Rundschau durch Fremddienstleister sowie der Einstellung der FTD ist das seit längerem eine der größten Abbau-Welle. Es geht nicht nur alleine darum, dass man sich eine wirtschaftliche Perspektive für den Berliner Verlag erarbeitet. Aus Angst vor der Zukunft wird ein Abbau betrieben, der die ganze Verunsicherung der Zeitungsbranche zum Ausdruck bringt: Man weiß im Print nicht mehr weiter, im Digitalen  ist DuMont immer noch in der Ausprobierphase –  25 Jahre nach der Begründung des Web.

Als MOPO-Betriebsrat stehen wir solidarisch an der Seite der Redakteurinnen und Redakteure der Berliner Verlagsgruppe, die vom Abbau und auch der Neuorganisation betroffen sind. Ihr und die Betriebsräte können sich unserer Unterstützung sicher sein. Darauf  könnt Euch verlassen.

Faktisch reagiert DuMont wie alle anderen Zeitungsgruppen: Angesicht der großen Anzeigenumsatz-Einbußen in den letzten Jahren wird  zusammengelegt, ob  im überregionalen, ob im regionalen oder jetzt gattungsübergreifend.

Es ist jetzt die dritte Sanierungswelle in der Berliner Verlagsgruppe unter der Verantwortung von DuMont. Auch in der Vergangenheit wurden Prognosen für eine bessere Zukunft abgegeben. Eingetreten sind sie offensichtlich nicht. Die Größe des Abbaus nimmt aber immer weiter zu. Viele Worte damals wie auch jetzt, doch  nur Stellenabbau und Reorganisation von Prozessen in größeren Einheiten, ob am Standort oder darüber hinaus. Es gibt keine wirkliche Gesamtstrategie für Print und Online mit all den publizistischen und technischen Lösungen, die dazu gebraucht wird. Aus Fehlern sollte man lernen, meinen wir. Der Abbau alleine löst es jedenfalls nicht!

DuMont spricht von der Weiterentwicklung eines digitalen und innovativen Medienhauses. Das können wir nicht mehr nachvollziehen. Innovation, das muss man gerade im Zusammenhang mit dem digitalen Agieren von DuMont in redaktionellen Dingen oder den Produkten sagen, sieht anders aus. Die Standorte sind praktisch nicht in der Lage, neue digitale Produkte zu etablieren – selbst eine neue E-Paper-Produktstrategie wird zum Umsetzungsproblem. Es  bedarf  einer starken Entwicklungsredaktion. Das ist bei DuMont nicht gegeben, auch wenn die strukturellen Abläufe sich ändern. Die Anzahl der Produktideen von DuMont für die MOPO ist bedeutungslos! Wir hören immer mobile First, aber genau hier passiert wenig bis gar nichts. Eine E-Paper-Offensive und Ressourcen für Videos sind eingeplant, aber auch das ist zu einem Projekt geworden und dauert und dauert. Das alles hätte es längst geben müssen! Auch die redaktionelle Transformation wurde verschoben und wird verschoben. Jetzt geht es in der “neuen” Strategie“ in erster Linie um die Produktion der Inhalte für alle Kanäle. Die Geschichten geraten in den Hintergrund. Bei kaum einer Mediengruppe  gibt es so eine Kluft zwischen abgegebenen Erklärungen zur digitalen Transformation und der Realität. 

DuMont spricht von den notwendigen Maßnahmen am Berliner Standort, aber im gleichen Atemzug finden größere Sanierungsprogramme in Köln, Hamburg oder auch Halle statt. Es geht nicht nur um Berlin! DuMont kommt trotz der Entschuldung gegenüber den Banken, nicht aus seinem Finanzierungsproblem heraus. Das Zeitungsgeschäft könnte in einer Hochzinsphase eine Wachstumsstrategie nicht mehr finanzieren, so unsere Sichtweise. Also baut der Konzern Kosten massiv ab. Ihr seid jetzt brutal davon betroffen.  Im Laufe der kommenden Monate werden an allen anderen Standorten Abbau- und Umstrukturierungsmaßnahmen verkündet werden, aber erst einmal will  DuMont Berlin von der Rampe haben.

Die Redaktion der MOPO ist von Euren Entwicklungen auch strukturell betroffen. Wir glauben, am Ende wird die bisherige Struktur der Boulevard-Redaktionsgemeinschaft in den Bereichen Politik (Hamburg), Panorama (Berlin) und People (Köln) beendet werden. DuMont wird sie konzentrieren, so unsere Annahme. Heute produziert die MOPO-Redaktion die Politik-Seiten für alle drei Titel. Anfang Dezember will der Konzern in Köln etwas zur Optimierung der Kölner Abläufe sagen. Zu unseren Kollegen in der Politikredaktion werden die Chefs sagen, wir hätten es gerne weitergemacht, aber die anderen haben sich so entschieden und wir hier in Hamburg können nichts machen. 

Wir werden uns nicht in Konkurrenz zur Kölner Express-Redaktion und der Berliner Kurier-Redaktion bringen lassen. Wehren wir uns gegen den Abbau, zusammen mit den Gewerkschaften und den Betriebsräten. Das ist der effizienteste Beitrag gegen das laufende Sanierungsprogramm der DuMont Mediengruppe.

Unser Haltung ist: Arbeitnehmer müssen zusammenstehen, die Standorte dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Zusammen sind wir stärker!

Mit kollegialem Gruß

Betriebsrat Hamburger Morgenpost

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