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Holger Artus

Mein erstes Flugblatt

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Heute sehe ich mich kaum noch in der Lage, einen Überblick über die von mir verfassten Flugblätter und Texte noch zu haben. Das umfasst die veröffentlichten wie die noch nicht erschienenden. Diese Entwürfe werde von mir aber früher später immer verwurschtelt. Denke ich an die Texte, die ich noch schreiben möchte, so habe ich auf lange Zeit noch etwas zu tun. Kritisch ist immer der Aufwand, den man für die Recherche aufbringen muss. Vor kurzem suchte ich mein erstes Flugblatt aus 1972, das gedruckt wurde, aber nie verteilt worden ist. Lange habe ich auf der Rückseite in der Schule meine Notizen gemacht. Bisher habe ich es leider nicht gefunden.

Jedesmal, wenn ich Menschen sehe, die für die Kriegsgräber-Fürsorge in der kälteren Jahreszeit Geld öffentlich sammeln, werde ich an dieses erste Flugblatt erinnert. Wir waren als 10. Klasse der Realschule Neusurenland in Hamburg mit dem Thema konfrontiert, ob wir an dieser Geldsammlung uns als Schüler beteiligen wollten. So richtig reagierte niemand, es schien uns egal. Unser Klassenlehrer fragte nach unser Haltung, man müssen doch dazu eine einnehmen,ohne zu sagen, was seine Meinung sei. Es entspann sich eine Debatte, an deren Verlauf ich mich nicht mehr erinnern kann. Vor Augen habe ich aber den Bombenkrieg der USA gegen Nordvietnam, er spielte in der Diskussion eine Rolle. Im Ergebnis erarbeiteten wir uns eine Haltung: wir sammeln und verteilen ein Flugblatt gegen Krieg und die US Bomben.

Wie als 16jährige ein Flugblatt erstellen und vervielfältigen? Heute hackt man den Text in den PC und geht in eine Copy-Shop. 1972 gab es das nicht, da bedurfte es einer kleinen Druckmaschine, einer Gestettner, die wir auch nicht hatten. Also haben wir uns Wachsmatrizen gekauft, Druckerfarbe in der Tupe und Holz, auf der wir die Matirze festgemacht haben, einen Abroller und Papier. Jeder von uns hatte einen Teil besorgt. Wir trafen uns bei mir in meinem Schülerzimmer und ich hatte mir die Schreibmaschine meiner Mutter geholt. Den Text habe ich -lesbar – mit Hand vorgeschrieben und dann bekann die Debatte. Ich erinnere mich an eine fünfköpfige Redaktion ;-). Der Text wurde dann abwechselt getippt. Die Spannung bei uns allen war, ob das mit unserer Holzrahmen-Matrize klappt. Was wären wir begeistert. 500 Stück wurden auf diese Weise gedrückt. Den Text haben wir mehrmals auf die Wachsmatrize geschrieben.

Am Nächten Tag wollte ich die Sammeldosen abholen, danach wollten wir uns in die Spitalerstraße stellen. Doch niemand war in der Kaiser-Wilhelm-Straße. Wir haben unsere Aktion abgeblasen und unsere Haltung hatte sich nach der Debatte um den Text und die Art seiner Erstellung noch klarer ergeben: wir machen das nicht!

Später habe ich die Rückseite der Flugblätter für meine Notizen verwendet. Irgendwo muss ich auch noch eins haben.

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