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Holger Artus

Was bewegt sich in der nächsten Tarifrunde in der Papierverarbeitung 2012!

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Mit den Lohnabschlüssen von ver.di für den öffentlichen Dienst mit 6,3 Prozent bei einer Laufzeit von 19 Monaten oder der IGM für die Metall- und Elektroindustrie von 4,3 Prozent mit einer Laufzeit von 13 Monaten und weiteren qualitativen Tarifregelungen sind Maßstäbe für Tarifabschlüsse gesetzt. In der kommenden Lohnrunde in der Papierverarbeitung ab dem 1. August 2012 wird es schwer sein, auch nur in den Bereich dieser Abschlüsse zu kommen. Maßstab dürfte vielmehr sein, das ver.di deutlich machen kann, das sie wieder über Gestaltungsmacht in diesem Bereich nach Innen und nach Außen verfügt.

In der kommende Tarifrunde der Papierverarbeitung geht es um eine reine Lohnrunde. Während Eckdaten in der Lohnrunde schnell formuliert sind, stellt sich die Frage in der Manteltariffrage sehr komplizierter dar. Auf dem Papier gilt in dieser Branche die 35_Stunden-Woche. Durch eine Öffnungsklausel im MTV können die Betriebe die Arbeitszeit auf 38,5-Stunden erhöhen, wenn es im Gegenzug eine Beschäftigungszusage gibt – unbezahlt. In den Kernbetrieben dieser Branche gelten entsprechende Regelungen, so dass man faktisch nicht von einer 35-Stunden-Woche sprechen kann. Politisch würde es also darum gehen, wieder einen Prozess der Durchsetzung der 35 einzuleiten. Dazu braucht man keine Tarifrunde, das könnte man betrieblich. Auf der anderen Seite ist es so, das gemeinsame Termine immer auch dazu führen, koordinierte vorzugehen und es leichter ist, sich auf einen Schwur zu verständigen.

Ausgangslagen

Ob und was man in einer Tarifrunde erreichen kann, dass hängt von der organisatorischen und ideellen Stärke von ver.di ab. In beiden Punkte muss man eine kritische Ausgangslage sehen. Von den 1.035 Betrieben der Branchen haben 597 mehr als 50 Beschäftigte. Hier arbeiten 80.776 Arbeitnehmer. Die Betriebe aus dem Bereich Schreibwarenindustrie und zu großen Teilen der Haushalts- und Hygieneindustrie werden von ver.di entweder nicht organisiert oder spielen faktisch keine Rolle in einer Tarifauseinandersetzung. Der Kernbereich der Tarifpolitik sind die Betriebe (327) im Bereich der Herstellung von Wellpapier und -pappe sowie von Verpackungsmitteln 47.000 Beschäftigte. Dazu kommt noch die Tapetenindustrie mit ihren 9 Betrieben und 2.000 Beschäftigten sowie vereinzelt der Bereich Etikettendruck. Hinzu gekommen sind in der Vergangenheit durch Restrukturierungsprozesse die Weiterverarbeitungsbetriebe aus der Druckindustrie, in der Hauptsache die Weiterverarbeitungen der Tiefdruckkonzerne. Mit Blick auf die Warnstreikbetriebe in der letzten Tarifrunde 2010 darf man davon sprechen, dass die Anzahl der rund 30 Streikbetrieben (und der in ver.di organisierten Beschäftigten) überschaubar sind (http://tarif-druck.verdi.de/tarifrunde-ppv-2010/data/Tarifinfo_05_PPV_200510.pdf).

ver.di hatte in der Papierverarbeitung 2011 ein Projekt gestartet, das die Mitgliederstärkung in dieser Branche um netto 25 Prozent erreichen und die Anzahl der tariflich zu organisierende Betriebe erheblich erhöhen soll. Bezieht man sich auf die öffentliche Resonanz auf diese Arbeit, so dürfte das ein schweres Unterfangen sein. Auch der Blick auf die Streikbetriebe 2005 und 2010 wird signalisieren, dass einzelne nicht mehr vertreten sind oder es zu anderen Veränderungen in Konzernverbunden gekommen ist. Eine Besonderheit der Tarifrunde 2010 war, dass man einen Großteil der Ausreißer aus dem Verband 2005 wieder kassiert hat. Ein weiteres ideelles Problem von den Trägern der Tarifarbeit in der Papierverarbeitung ist die bittere Niederlage von ver.di 2005/2006, die dazu geführt hatte dass es faktisch zu einer Arbeitszeit-Verlängerung ohne Lohnausgleich gekommen ist.

Wirtschaftlich haben die Betrieben in der Wellpappen- und Faltschachtelindustrie nichts auszusehen: “Der Umsatz mit Erzeugnissen aus Wellpappe ist im vergangenen Jahr um 12,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Gleichzeitig verbesserten sich die durchschnittlichen Erlöse gegenüber 2010 um 11,4 Prozent.†In der Faltschachtelindustrie gab es nach einem guten Aufschwung in 2010 () in 2011 eine langsames Wachstum. Der Mengenabsatz für den Bereich der Faltschachtel stieg in 2010 um +3,7 % auf über 860.000 t, der Umsatz um 3,9 % auf 1,825 Mrd. €. 2011 stieg der Umsatz auf 1,903, die Absatzmenge stagnierte auf dem Vorjahresniveau (859.000 t).

Tarifabschluss 2010

Der letzten Tarifabschluss spiegelte die Schwäche von ver.di wieder. Ein Lohnabschluss über drei Jahren hatte bisher nicht gegeben, auch nicht in den Vorgängerorganisationen IG Druck und Papier bzw. IG Medien. Der positive an dem damaligen Abschluss, der Manteltarifvertrag wurden bis 31.08.2012 verlängert, kann aber erst zu 2014 verändert werden, sofern eine der Parteien diese Absicht verfolgt. Da das Projekt von ver.di nicht in dem Betrieben der Tarifpolitik eingriff, sondern in den nicht tarifgebundenen Unternehmen, dürfte klar sein, dass sich die Ursachen für die gewerkschaftlichen Verankerung und Arbeit in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert hat, sprich die Probleme eher größer den kleiner geworden sind. Es ist in Teilbereichen der Streikbetriebe zu Insolvenz oder Verkäufen gekommen, Betriebe wurden verkauft bzw. übernommen und die Prozesse im neuen Verbund optimiert. Wer sich die Liste der Streikbetriebe 2010 ansieht, muss auch konstatieren, das ein Großteil der Betriebe aus den Konzern von Smurfitt-Kappa und SCA kommt.

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