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Holger Artus

Tarifrunde 2011 in den Zeitungsverlagen beendet, Baustellen für ver.di werden größer und größer

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Mit den jüngsten Tarifabschlüssen für die Angestellten in den Zeitungsverlagen Niedersachsen-Bremens, NRW und Hamburg ist die Tarifrunde für die Angestellten in den Zeitungsverlagen und der Druckindustrie beendet. Offen ist regional noch der tarifliche Bereich der Angestellten bei den Zeitschriften in Niedersachsen. Für die Zeitungsverlage kann man Bilanz ziehen. Sie fällt nicht gut aus: Der Niedergang in der gewerkschaftlichen Verlags- und Tarifarbeit hält an.

Heute (2008) arbeiten in den Zeitungs- und Zeitschriftenverlage ohne die gewerblichen Arbeitnehmer der Zeitungsdruckereien und Tiefdruckereien (Zeitschriften, Kataloge) rund 146.000 Beschäftigte. Zählt man die Verlagsangestellten der Buchverlage etc. dazu, so arbeiten im Verlagswesen rund 200.000 Angestellte. In der Druckindustrie im vergleichbaren Zeitraum arbeiten rund 172.000. Der Umsatz in der Verlagswirtschaft liegt bei 30,1 Mrd. € davon machen die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage 21,8 Mrd. € aus. Der Umsatz der gesamten Druckindustrie bei 23, 1 Mrd. †im (Bezugsgröße ist das Vergleichsjahr 2008). In Kenntnis des gewerkschaftlichen Organisationsgrads in den Verlagswirtschaft und der Druckindustrie war es eine Überlegung, mit der Tarifrund 2011 den Weg auf die Potentialerschließung vor allem in den traditionellen Angestelltenbereichen der Verlage gezielter einzuleiten und eigenständig Neugeschäft in der Verlagsarbeit zu erarbeiten. Deshalb die Idee mit der Tarifrunde Print: gewerbliche Arbeitnehmer, Verlagsangestellte und Redakteure engagieren sich zusammen für ihre Tarife, ihre Arbeitsbedingungen.

Wie nicht anders zu erwarten, war die tarifliche Aktivität nach dem Druckabschluss mit Blick auf die Verlage sofort erledigt. Der Flickenteppich regionaler Abschlüsse bei den Angestellte im Zeitungsbereich hält an und wird weiter fortgeführt. In Bayern und Rheinland-Pfalz kam es im Vorfeld der Druckrunde zu Abschlüssen für die Angestellte, die damit den Spielraum der Verleger für die Druckrunde signalisierten. Im Nachklapp des Druckabschlusses gab es jetzt die Regelungen in NRW und Hamburg mit der strukturellen Übernahme von Druck- und Redakteursabschluss sowie die Regelung in Niedersachsen-Bremen, mit dem offenen Manteltarifvertrag und der Verpflichtung von ver.di, hierüber zu verhandeln.

Meine Kölner Kollegen verweisen in ihrem Info zur Tarifrunde 2011, dass die tarifliche Dreiteilung der Beschäftigten überholt ist. Gewerblichen Arbeitnehmer, Verlagsangestellte und Redakteure haben mehr Gemeinsamkeiten als jemals zu vor. „Sie können nur erfolgreich kämpfen, wenn sie sich nicht spalten lassen. Die Vernetzung der drei Bereiche wird in Zukunft eine wichtige Aufgabe erfolgreicher Tarifpolitik sein.“

Die Baustellen für ver.di in der Verlagsarbeit, aber auch in der Druckindustrie werden größer. Das es OT-Mitgliedschaften in einem immer noch überschaubaren Rahmen gibt, die von ver.di aber nicht mehr ernsthaft flächendeckend geführt werden können, um den Wildwuchs einzugrenzen, sagt viel über die Beziehungen von ver.di in die Verlage aus. Daran etwas zu ändern, hier Versuche des Wandels zu starten, war eine Absicht in der Tarifrunde. Vor diesem Ausgangsblick muss man feststellen, das dieses Nebenziel nicht erreicht wurde und sich die Lage sogar verschlechtert hat. Weder dürfte der Organisationsgrad in den Verlage ernsthaft gestiegen sein, noch dürften sich gewerkschaftliche Strukturen herausgebildet haben, um wenigstens an dem Problem zu arbeiten.

Wenn auch von außen nur schwer zu verstehen, so hat die so genannte Organisationsreform, also den Zusammenschluss von verschiedenen Fachgruppen in ver.di 2007/2008 im ver.di Fachbereich Medien dazu geführt, das vorhandenen Ansätze und Kompetenz vollständig zerschlagen wurden. Selbst eine personelle Stärkung in der Zentrale in Berlin hat daran nichts geändert, sondern ist selber Teil des Niedergangsprozesses geworden. Im wirklichen Leben hängt alles von den Voraussetzungen ab, diese waren und sind auf Grund einer absolut abenteuerlichen Vorgehensweise in ver.di in diesem Bereich selber nicht gegeben. Die Zentrale hat bewusst nicht eingegriffen, um diesen Prozess aus anderen Motiven heraus, für ihre Zwecke zu erschließen. Selber über keine Strategie verfügend, geht es einfach nur um den Selbsterhalt und Unterhalt.

Mit Blick auf die kommenden Tarifstrategie und -vorgehen von ver.di (Fachbereich Medien) in der Papierverarbeitung 2012 und später 2013/2014 erneut der Druckindustrie kann man jetzt schon prognostizieren, dass das tarifliche Elend größer werden wird. Ein Papierverarbeitungsprojekt mit 3 Mio. € aus ver.di-Mitteln gefördertes Vorgehen bringt seit zwei Jahren nicht die erwünschten Ziele. Es gibt keine Brutto- oder Netto Mitgliederzuwachs, sondern anhaltender Mitgliederverlust. Die allgemeinen Baustellen gewerkschaftlicher Arbeit in der nachtayloristischen Periode der Produktion, die heute nicht nur flexibel, sondern eben auch die Menschen ideologisch erfolgreicher einbindet, sind in der Papierverarbeitung größer geworden, weil die allgemeine gewerkschaftliche Krise diese Projekt ebenfalls belastet. Die mangelnde und schlechte Führungsarbeit verstärkt diese Entwicklung, wenn sie auch nicht Ursache für die Herausforderungen ist.

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