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Holger Artus

Neuer Chefredakteur in der Zwickmühle

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Nach der Kündigung vom Chefredakteuer Mathias Onken ging es zum einen um seine Nachfolge unter der Beherrschung von Mecom. Gleichzeitig wussten wir, dass ein Abbau-Programm beschlossen worden war. Wie üblich haben wir im Vorfeld der Aktivitäten unserer Grundsatzpositionen in der Belegschaft zur Debatte gestellt. Ohne Alternativen ist es schwer, Menschen zu Aktionen zu bewegen. Wut kann auch zu Ohnmacht führen, insofern ging es um den Blick auf das das, was man lösen sollte,

Die Debatte um den Nachfolger von Matthias Onken beherrscht die Diskussionen im Haus. Glaubt man dem  Flurfunk, so ist mit einem Namen irgendwann um den 22. Januar 2008 zu rechnen. Egal, wer es schließlich wird – der neue Chefredakteur wird sich den Etatvorgaben von Mecom aus London ausgesetzt sehen, sich an diesen Ideen orientieren müssen. Für die Redaktion bedeutet dies aber ganz sicher keine Verbesserung der Bedingungen, unter denen sie im Moment arbeitet. Korrektur und Archiv mit Einführung eines neuen Redaktionssystems wegsparen? Will der neue Chef die daraus resultierende drastische Erhöhung der Fehlerquote im Blatt?

Unsere Leser jedenfalls wollen sie nicht, das wissen wir aus zahlreichen Briefen. Und für die Beschäftigten im Verlag könnte es schon bald so kommen: Weil in der jetzt schon völlig überlasteten Redaktion mit klarem Kopf nichts mehr zu sparen ist, muss jetzt der Verlag ran – und schon werden unsere Kollegen in Vertrieb    und Rechnungswesen zur Disposition stehen. 

Nachrichten nach Hamburg und keine weiteren Synergien mit Berlin

Die gleichen Herausforderungen, mit denen Matthias Onken es zu tun hatte, gelten auch für seinen Nachfolger. Jeder Ansatz, der uns zur (noch billigeren) Kopie des Berliner Kuriers macht, wird nicht funktionieren – nicht am Hamburger Markt, nicht mit dieser engagierten MOPO-Redaktion. Die aus Berlin zugelieferten Nachrichten-Seiten sind aus unserer Sicht kein Gewinn für die MOPO. Es wäre dringend nötig, dass diese Seiten wieder in Hamburg erstellt werden. Sicher kostet das ein bisschen mehr Geld, aber der spürbare Qualitätsgewinn sollte sich aus unserem Ergebnis finanzieren lassen. 

Kommt es oder kommt es nicht, das neue Redaktionssystem?

Nach all den Jahren gibt es noch immer keine Entscheidung für ein neues Redaktionssystem. Gibt es diese Entscheidung und wird es eingeführt, kommen sicher wieder neue Ideen aus Berlin auf uns zu: neue Synergien, neue Sparmodelle… Wir erwarten, dass sich der neue MOPO-Chef ganz besonders gegen eine mögliche Absicht stellt, die Politik-/Wirtschaftsseiten künftig vom Kurier erstellen zu lassen.

MOPO darf nicht dem Rendite-Ehrgeiz geopfert werden

Die MOPO leidet trotz solider Gewinne unter massivem Finanzdruck. Sie muss die vorgegebene Rekord-Rendite einfahren. Nach dem niederländischen Mecom-Unternehmen MGL könnte Mecom dann erneut vermelden, dass mit der MOPO ein Objekt mit über 20% Rendite am extrem ehrgeizigen Mecom-Maßstab angelangt ist. Der MOPO-Etat 2008 verfolgt daher ein sehr ambitioniertes Umsatzziel. Das heißt aber auch: Bei nie auszuschließenden Problemen auf dem Markt ist sofort mit zusätzlichen Sparattacken zu rechnen. Wie wir gerade erst Mitte der Woche am Einknicken des Mecom-Aktienkurses gesehen haben, muss die Ursache einer solchen katastrophalen Sparattacke nicht mal im konkreten Unternehmensergebnis der MOPO liegen! So wurden 2007 z.B. zwei Aktionen zur Reduzierung des Umfangs europaweit ohne Rücksicht auf einzelne Objekte in der gesamten Mecom Gruppe durchgeführt, um so eine Reduzierung der Herstellungskosten zu erreichen.

MOPO muss im Hamburger Markt bestehen und darf nicht aus Berliner Sicht geplant werden

Die Arbeitsbedingungen setzen alle unter enormen Druck. Und für den neuen Chefredakteur heißt das: Er wird in erster Linie für die Marke MOPO im Hamburger Markt kämpfen müssen. Natürlich müssen die Zahlen stimmen – aber unter dem gegenwärtigen Spardruck aus dem Hause Mecom droht die MOPO als arbeitsfähige Zeitung zu Grunde zu gehen. Wir sind nicht bereit, tatenlos zuzusehen, wenn ein Gesellschafter unsere MOPO nutzt, um sich ein Denkmal für Profitrekorde zu setzen. 20 Prozent Rendite zerstören die Marke MOPO. Die jetzt schon katastrophalen Arbeitsbedingungen in der Redaktion werden sich weiter verschlechtern, jeder neue Etat wird uns neue Spar-Ideen bescheren. Die soliden Gewinne, die die MOPO macht, müssen endlich ins Unternehmen gesteckt werden und nicht auf steuerbefreiten Umwegen über Luxemburg zu den (be)gierigen Aktionären nach London geschafft werden. Die Redaktion muss an den grundsätzlichen Fragen zur Ausrichtung und Ausstattung beteiligt werden. Das betrifft die Planstellen, das betrifft auch Investitionen ins Blatt wie das Redaktionssystem. Es ist die klassische Zwickmühle für einen neuen Chefredakteur: Er braucht die Mannschaft für den Erfolg der MOPO – und muss sie neu motivieren. Das dürfte angesichts der erdrückenden Vorgaben aus Berlin aber schwer fallen. Der neue Chefredakteur muss sich von Anfang an offen auf die Seite der MOPO-Redaktion stellen – denn jede weitere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen ist mit dieser Mannschaft nicht mehr zu machen.

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