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Holger Artus

Gesellschafterwechsel in der MORGENPOST?

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Hans Barlach und Josef Depenbrock hielten 1/3 der Anteile der MOPO. Eine Übernahme von einem Drittel der Anteile von Frank Otto durch die Kieler Nachrichten scheiterten, da der Gesellschaftervertrag vorsah, da es ein Vorkaufsrecht der Mitgesellschafter gab. Hans Barlach übernahm und hielt damit 2/3 der Gesellschafter der MOPO. Wir wollten deutlich machen, dass es zu einer neuen Ausrichtung der MOPO kommen wird.

Die MOPO hat einen neuen Mehrheitsgesellschafter. Hans Barlach hat laut „Handelsblatt“ von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht und den vom alten Mehrheitsgesellschafter Frank Otto schon an den „Kieler Nachrichten“-Verleger Christian Heinrich verkauften 50-Prozent-Anteil seiner 66-Prozent-Beteiligung für sich erkämpft. Der Antrag beim Kartellamt wurde zurückgezogen.

Hans Barlach hält jetzt rund 2/3 der Gesellschafteranteile der City Boulevard GmbH, der Hauptgesellschafterin der Morgenpost Verlag GmbH. Der Lt. Christofer Franzen, dem Geschäftsführer der City-Boulevard GmbH sowie Frank Otto Medienbeteiligungs GmbH hat sich an den ursprünglichen Gesellschafterverhältnissen nichts geändert. In der Morgenpost Verlag GmbH hält fünf Prozent weiterhin Joseph Depenbrock.

Dass Frank Otto, ohne den Hans Barlach den von ihm geborenen Plan zur Übernahme der MOPO nicht hätte umsetzen können, überhaupt verkaufen wollte/verkauft hat, lässt nur den Schluss zu, dass er sich mittelfristig ganz aus der MOPO verabschieden will. Sei es, weil ihm das Print-Medium doch nicht zukunftsträchtig erscheint u.a.m. Wozu man wissen muss, dass Frank Otto eine professionelle kaufmännische Beratung hinter sich hat. Der jetzt offen ausgetragen Streit der Gesellschafter der MOPO schadet dem Ansehen des Blattes.

Die MOPO befindet sich wie andere unabhängige Zeitungsverlage in einem schweren Umfeld. Es besteht die Gefahr, dass der konjunkturbedingte Einbruch der Anzeigen-Einnahmen nur der Vorbote langsamer struktureller Veränderungen ist: Zunehmende Anziehungskraft der Online-Medien von TV bis Internet gegenüber den Printmedien. Die großen Zeitungsverlagsgruppen wie Axel Springer, WAZ, Holtzbrinck u.a. sind zwar auch von der Anzeigenrezession betroffen, aber sie verfügen über ein großes Synergiepotential, das die kleinen und unabhängigen Zeitungen so nicht haben. Die großen Zeitungsverlage setzen in ihrer Wachstumsstrategie darauf, dass in der Anzeigenflaute ihr Wachstum sich über den Aufkauf von anderen Verlagen entwickeln wird: Fischen nach immer kleineren Anzeigenvolumina mit immer größeren Netzen

Die Frage der Zukunftssicherung einer kleinen Zeitung wie der MOPO ist von diesen Entwicklungen am Markt nicht unabhängig. Die Chance, Einnahmeverluste durch Vergrößerung zu kompensieren, haben wir nicht. Der Betriebsrat war deshalb für das relativ billig zu habende Engagement der MOPO an der insolventen Unternehmensgruppe Bude (Druckerei in Schwarzenbek und Anzeigenblatt-Verlag „Der Markt“), um die Unabhängigkeit der Zeitung – auch und nicht zuletzt – drucktechnisch über einen längeren Zeitraum zu gewährleisten. Auch der Weg über den Einstieg von Christian Heinrich wäre möglicherweise ein Weg gewesen, bei (marktabhängiger Umarmung) durch Springer auf längere Sicht die Unabhängigkeit der MOPO zu verbessern. Denn klar ist: Die Axel Springer AG wird die MOPO aus kartellrechtlichen Gründen nicht „schlucken“ können. Die indirekte Kontrolle einer unabhängigen MOPO schien aus dieser Sicht leichter bzw. sinnvoller zu sein. Frank Otto hat offenbar diesen Weg der losen Umarmung mit dem Marktführer favorisiert. Hans Barlach und „sein“ Geschäftsführer (und Chefredakteur und Mitgesellschafter!) Joseph Depenbrock war, aus welchen Gründen auch immer, dagegen. Wir als Betriebsrat hätten den Einstieg eines „klassischen“ Zeitungsverlegers vom Typ Christian Heinrich begrüßt. Denn es muss noch einmal gesagt werden: Die MOPO, eine Zeitung, ist keine Schraubenfabrik. Die durch den geplanten Anteilserwerb durch Christian Heinrich aufgeworfene Debatte um die „Abgängigkeit der MOPO von Axel Springer“ ist erst durch den Verkauf geschaffen worden. Die MOPO ist die dritte Zeitung am Markt. Wir haben es schwer, uns gegen die beiden großen und mächtigen Titel wirtschaftlich wie journalistisch zu behaupten. Zeitungen sind vom Leser- und Anzeigenmarkt abhängig. Allein diese Ausgangsbedingung macht es uns schwer.

Das sehen sicher auch Hans Barlach und Joseph Depenbrock nicht ganz anders. Als Betriebsrat können wir dir Sorgen in Verlag und Redaktion verstehen, wie schon bisher der Chefredakteur in seiner Stellung als gleichzeitig Geschäftsführer und Gesellschafter versucht, die Schallgrenze der Rationalisierungsmöglichkeiten in Redaktion und Verlag auszuloten, wie er es gemeinsam mit Hans Barlach schon einmal bei der „Hamburger Rundschau“ getan hat. Die innerbetrieblichen Machtverhältnisse (hier der „Otto-Beauftragte“ Frach, dort Mitgesellschafter Depenbrock) haben sich an der Spitze verschoben. Unsere Empfehlung: Vor dem Hintergrund, dass Josef Depenbrock in Personalunion Gesellschafter, Chefredakteur und Geschäftführer ist, sollte überprüft werden, ob diese Verflechtung nicht aufgehoben wird. Zur größeren Sicherung der Unabhängigkeit der MOPO könnten uns vorstellen, dass diese 5% er MOPO-Anteileile durch die Beschäftigten übernommen werden, ob als Gesellschafteranteile oder stille Beteiligung.

Bei allem Unbehagen: Hans Barlach und Frank Otto haben mit ihrer Kaufentscheidung 1999 einen großen Beitrag zur Sicherung der Zeitung geleistet. Der Gesellschafterwechsel sollte unter uns nicht zu Verunsicherung oder Panik führen. Mit dem Gesellschafterwechsel wird sich an der Grundausrichtung der Zeitung sicher nichts ändern. Und das Gespann Barlach/Depenbrock hat im Zweifel möglicherweise auch die größere Affinität zum und Begeisterungsfähigkeit für das Zeitungsgeschäft als die Otto-Vermögensverwaltung. Aber wir dürfen, bei aller Sympathie, nicht zum Spielball („ich kümmer’ mich drum“) möglicherweise in ihrer Vielfach-Funktion überforderter Entscheidungsträger werden. Solidität wird auch künftig – und jetzt erst recht – das Geschäft bestimmen müssen.

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